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17.08.2025
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Wenn wir davon ausgehen, daß unsere "Wandervögel" in der vorigen Woche tatsächlich den Resten von Rauno einen Besuch abstatteten, dann führte ihre Route eigentlich auf direktem und schnellstem Wege die Calauer Straße entlang immer in Richtung Norden. Irgendwann machte die Chaussee dann eine leichte Rechtskurve und man stand vor den Ruinen des Dorfes. Diese Strecke war bestimmt nicht sehr reizvoll da sie entweder entlang bebautem Gebiet oder in direkter Nachbarschaft zu den Überresten früherer Bergbautätigkeit verlief. Naja vielleicht waren aber doch noch ein paar Reste der Senftenberger Weinberge ganz ansehnlich.

Auf dem Weg kam man dereinst am Gasthaus zum Waldhof vorbei. Da das Gebäude - und vieles drumherum - schon seit Anfang der 1980er Jahre verschwunden ist, helfe ich mit dem Plan oben aus, mit dem man das Ganze räumlich einordnen kann. Der hellblaue Punkt auf der Karte symbolisiert den früheren Standort der Gaststätte. Am unteren Ende sind gerade noch die letzten - heute noch existerenden - Häuser von Senftenberg eingezeichnet.

Vom "Waldhof" verfügen wir über eine ganze Reihe von historischen Fotos und Ansichtskarten und auch das erste Exemplar für heute ist grundsätzlich nicht neu. Seit vielen Jahren befindet sich eine andere Version davon im digitalen Archiv.
Unbedarfte finden es zuweilen merkwürdig, daß dort Jüttendorf steht, wo sie doch Jüttendorf eher mit dem Areal westlich der Innenstadt in Verbindung bringen. Auf keinen Fall so hoch im Norden! War aber so! Jüttendorf war demnach kein zusammenhängendes Territorium sondern bestand mindestens aus dem eigentlichen Jüttendorf und der sogenannten "Jüttendorfer Flur". Hier besaßen von alters her die Bewohner Jüttendorfs Felder und Wälder, die sie bewirtschafteten.

Senftenberg
Verlag von Aug. Porscha, Cottbus
Aufnahme <= 1908
Sammlung Matthias Gleisner
Senftenberg
Auch das zweite Foto offeriert uns den "Waldhof". Aus einem leicht anderen Blickwinkel und zu einem späteren Zeitpunkt. Wann genau, kann ich gerade nicht sagen. Das <= 1935 ist mehr freihändig dürfte aber stimmen. Eigentlich gehe ich von 1930/31 aus. In jedem Fall war der Wirt an diesem Punkt der Geschichte ein gewisser Hermann Schobrick. Erkennbar ist dies am Schriftzug an der Hausecke. Und das war Schobrick bereits seit 1929.
Bei dem Foto stand aber wahrscheinlich weniger das Gasthaus im Fokus sondern vielmehr die Männer der Bohr- und Brunnenbaufirma "Gebrüder Zimmermann". Einer der beiden "Zimmermänner" ist der zweite von rechts. Was genau seine Leute da am Straßenrand veranstalteten, bleibt im Dunkel.
Senftenberg
Aufnahme <= 1935
Sammlung Norbert Jurk
Wer sich fragt, was der hellgrüne Punkt auf dem Plan oben bedeutet: hier kommt die Antwort. Dabei handelt es sich um den Standort des damaligen Fotografen, dessen Arbeit die nebenstehende - sehr seltene - Ansichtskarte ziert.
Die Datierung mit <= 1943 ist zwar zweifellos richtig aber s ehr wahrscheinlich viel zu spät angesetzt. Ich gehe anhand der Seriennummer vielmehr von 1924 aus, kann dies jedoch nicht wasserdicht beweisen.

Übrigens... immer wenn ich in den letzten Jahren Bildmaterial aus dem Norden Senftenbergs und Rauno präsentierte, werde ich etwas sentimental. Nicht weil ich mit diesem Gebiet etwas Persönliches verbinde. Ich muß ehrlich zugeben, daß das nie mein "Gebiet" war und ich mich nicht erinnern kann, jemals dort gewesen zu sein. Aber es gab mal jemanden, dessen Gebiet das zu 100 Prozent war und der wie kein zweiter mit der Geografie und Geschichte dieses Teils von Senftenberg vertraut war. Kenner wissen natürlich, daß ich von meinem Heimatforschungskollegen Norbert Jurk spreche, dessen 4. Todestag wir in wenigen Wochen begehen müssen.

Senftenberg
Verlag Hermann Jurk,
Senftenberg N./L.
P 2042 24
Aufnahme <= 1943
Sammlung Matthias Gleisner
Norbert hätte sich zweifellos wie ein kleines Kind an Weihnachten über das Auftauchen dieser und anderer Stücke mit Abbildungen aus dem Ort seiner Kindheit und Jugend gefreut. Und vielleicht hätte er sogar ernsthaft über eine Neuauflage seines ersten "echten" Norbert Jurk - Buches nachgedacht, um all das Material, das seit Erscheinen der Erinnerungen an meine alte Heimat rund um die Senftenberger Höhe 304 neu oder in besserer Qualität in unseren Dunstkreis gelangte, zu verarbeiten.
Vielleicht auch nicht. Denn möglicherweise wäre er auch zu der Einschätzung gelangt, daß mit fortschreitender Zeit auch das Interesse an seinem geliebten Senftenberg-Nord kontinuierlich sinkt und eine kostendeckende Produktion unwahrscheinlich wird. Wir werden es nie erfahren! Norberts plötzlicher und viel zu früher Tod macht Gedankenspiele wie dieses zu reinen Spekulationen. Jedenfalls vermisse ich nicht nur in Fällen wie heute seine Expertise.

Besagtes Buch etablierte bei seinem Erscheinen 2010 sogleich ein bestimmtes "Schema F" (oder "Schema NJ"), das nicht nur neu für den Bereich der Senftenberger Heimatlektüre war, sondern auch gleich zum erfolgreichen "modus operandi" wurde, mit dem Norbert in Folge weitere 11 Bücher auf den Markt brachte. Das letzte leider schon posthum.
Gleichzeitig fiel diese Bucherscheinung auch mit meinem Eintritt in die lokale Heimatforschung und - sammelei zusammen. Insofern kann man ohne jeden Zweifel von einer Initialzündung für meine eigenen Bemühungen, Licht ins Dunkel unser regionalen Geschichte zu bringen, sprechen. Dies jedoch nach "Schema MG", das deutliche Unterschiede zu Norberts Arbeitsweise aufweist, mit dem wir uns ab einem bestimmten Zeitpunkt aber sehr gut ergänzten und was wir mit Sicherheit auch noch weiter ausgebaut hätten.

Es sollte nicht sein...