Man sehe es mir nach, daß es aktuell www.gruss-aus-senftenberg.de stark Marga-lastig zugeht. Ich möchte den Schwung, den ich diesbezüglich in der Vorwoche
aufgenommen habe, noch etwas nutzen und aus Aktualitätsgründen erst einmal die neue Touristenattraktion in Brieske-Ost abhandeln, bevor das (vermutete) Interesse
daran abflacht. Das Eisen schmieden, solange es noch warm ist, wie man so schön sagt.
Streng genommen ist der "Rundgang Gartenstadt Marga" nicht wirklich ein Rundgang. Wenn, dann kann man auf dem Marktplatz eine Runde über insgesamt 5 Infopunkte
drehen. Danach fasert es schon aus. Durch die kurz vor ultimo vollzogene Verlegung des Punktes 9 (er war ursprüglich an der Ecke Ringstraße/Nordstraße vorgesehen) gelingt
es, die Punkte 7,8,9 besser miteinander zu verknüpfen. Die Leerlaufzeiten werden so etwas minimiert. Die Punkte 10 und 11 liegen jedoch sehr weit ab vom Schuß. "Da laufe ich
doch mit den Gruppen nicht hin!" vernahm ich als stiller Mithörer auf der Einweihungsveranstaltung von den lokalen Guides.
Der Punkt 10 - eigentlich ziemlich wichtig - ist gute 700 Meter Luftlinie von der Startstation auf dem Markt entfernt. Der Kreis mit der 10 auf dem Plan gibt übrigens nicht
exakt den Standort wieder, der sich real etwas weiter westlich befindet. Zudem ist der Punkt am Ende auch nicht so wirklich gut zu erreichen (man muß sich irgendwie durchkämpfen).
Ich hätte den Punkt deshalb vielleicht an leicht anderer Stelle positioniert. Wenn dann aber eines schönen Tages, das Verwaltungsgebäude und mglw. sogar die Turbinenhalle
aus den Trümmern wiederauferstehen, ist die Stelle dann doch nicht so ganz verkehrt.
Punkt 11 wiederum ist gute 600 Meter vom Marktplatz entfernt. Ich empfand damals als kleiner Knirps, der diese Strecke (und noch ein Stück weiter) täglich von der Schule in
den Hort laufen musste, als eine halbe Weltreise. Ganz so schlimm ist es dann doch nicht, aber der Marga-Tourist, der nicht mit dem Fahrrad unterwegs ist, wird sich vielleicht
drei mal überlegen, ob er diesen Punkt noch ansteuert, wo doch auf der Strecke bis dahin nicht so viel los ist.
So ganz uninteressant ist der Weg über die Briesker Straße dann doch nicht. Ortsauswärts rechts kommt man an sehr schönen Beispielen der Architektur von Mayenburgs vorbei. Und rechts
kann man begutachten, wie es nach der aktiven Wirkungszeit des "Marga-Schöpfers" weiter ging. Nämlich so...
Aufnahme <= 1928 Museen OSL
Aufnahme <= 1928 Museen OSL
Aufnahme <= 1928 Museen OSL
Die drei Aufnahmen, die wiederum von Glasplatten gescannt wurden, wurden bislang selten gezeigt, sind aber nicht vollkommen unbekannt. Die beiden Häuser, die die (heutige) Briesker Straße
124 bis 130 abdecken, sind erkennbar einfacher gehalten als der verspielte und abwechslungsreiche Stil, der die von Mayenburgschen Bauten auszeichnet. Ewald Kleffel, dem Nachfolger von Mayenburgs,
unter dessen Ägide diese Häuser errichtet wurden, legte man offenbar ein strengeres finanzielles Korsett an. Vielleicht war es aber auch der generelle Baustil der 1920er Jahre, der dazu führte,
daß die Bauten, die in jener Zeit in Marga errichtet wurden, äußerlich deutlich nüchterner ausfielen. Die Wohnungen im Innern jedoch sind sehr viel großzügiger und komfortabler (Innen-WC!) gehalten
("schöne Wohnungen!" pflegte meine Oma immer zu sagen) als in den Häusern von Mayenburgs. Zumindest was deren ursprüngliche Ausprägung angeht. Während der Rekonstruktion in den 1990er/2000er
Jahren wurden Wohnungszuschnitte teilweise drastisch verändert.
Doch zurück zu meinen Betrachtungen hinsichtlich des Rundgangs Gartenstadt Marga, die
ich zunächst mit der Wiedergabe des Filmes zum Infopunkt 2 - Die Martin-Luther-Kirche (auf dem Übersichtsplan nur
mit Kirche ausgewiesen) - fortsetzen möchte.
Inhaltlich habe ich kaum etwas auszusetzen bis auf das Jahr 1925, das für die Schaffung des Kriegerdenkmals, das
sich im Rücken der Kirche auf dem Friedhof befindet, in den Raum geworfen wird.
Richtig wäre November 1923 gewesen. Der Senftenberger Anzeiger berichtete am 27.11.1923:
Grube Marga. 27. November. Die Einweihung der hiesigen Krieger-Ehrungsstätte am vorigen Sonntag
nahm einen würdigen und imposanten Verlauf. Die Genehmigung hierzu war vom preußischen Innenministerium
rechtzeitig eingegangen. Unter dem Geläut der Glocken und der Trauermusik der hiesigen Musikvereinigung
setzte sich der Festzug in schier endlosem Zuge von dem Gasthause nach dem nahen Friedhof in Bewegung,
voran die 1. Klasse der hiesigen Schule, eine Abteilung der Schupo im Stahlhelm und in buntem Wechsel
die soldatischen, die Gesangs- und die Jugendvereine mit ihren Fahnen. Die Direktion der Ilse, welche
den einstigen Arbeitern und Beamten der Grube Marga, die der Krieg gefordert, das sinnige, und in seiner
Art einzig dastehende Denkmal auf dem Friedhof gestiftet hatte, hatte es sich nicht nehmen lassen, der
Feier beizuwohnen.
Auf dem Friedhof hatte sich inzwischen eine zahlreiche Gemeinde, vor den Tafeln der Gefallenen die Angehörigen,
versammelt. Das "altniederländische Dankgebet" leitete die kurze, aber feierliche und wirkungsvolle Weihe
des Kriegerdenkmals ein. Der Beamtengesangverein sang den Psalm: "Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben",
und dann bestieg Herr Pastor Boedrich das Rednerpult, um mit weithin schallender Stimme die Weiherede zu
halten über das Schriftwort: "Ich aber, wenn ich erhöht sein werde, werde ich alle zu mir ziehen."
Ohne jede politische Anspielung hielt er seine markige Rede ganz im Rahmen einer kirchlichen Feier. Die
Gemeinde sang zwei Verse aus dem Liede: "Christus, der ist mein Leben", es folgten die kurzen Weiheworte, und
dann sang der Arbeitergesangverein mit seiner Abordnung das die Hörer tief ergreifende "Im Feld des Morgens früh".
Es folgten die zahlreichen Kranzspenden von der Ilse, die der Herr Kommerzienrat Schumann persönlich niederlegte,
der politischen Gemeinde durch Herrn Gemeindevorsteher Wollny mit packenden Worten, der Kirchengemeinde, der
Vereine und der Hinterbliebenen der Gefallenen. Die Ehrensalve gab ein Zug des hiesigen Kriegervereins ab.
Mit dem Liede: "Ich hatt' einen Kameraden", schloß die Feier, die sichtlich auf jeden Einzelnen einen tiefen
Eindruck gemacht hatte. Auch das Lehrerkollegium, unter den Ehrengästen, hatte eine Kranzspende durch Herrn Rektor
Schattkowski niederlegen lassen. Langsam leerte sich der Friedhof von den Teilnehmern, da das weite Portal kaum
instande war, die vielen Hunderte der Festgemeinde aufzunehmen. Eindrucksvoll war es besonders, als die sechs Fahnen
des Zuges bei dem alten Soldatenliede: "Ich hatt' einen Kameraden" sich über den Kränzen und unter dem Kreuze den
Toten zu Ehren senkten. - Im Mittelpunkte der Anlage und sie beherrschend, steht ein von Professor Krauß-Berlin in Sandstein
gehauenes Kruzifix von 5 Meter Höhe von geradezu wunderbarer Wirkung. Die Tafeln der Gefallenen sind in die Rückwand
der Friedhofsmauer eingelassen, überdacht von einer Pergola, die sich links und rechts fortsetzt und die Verbindung
mit dem Friedhof herstellt. Es ist ein Ehrenhof im schönsten Sinne des Wortes und soll es bleiben für unsere tapferen
Helden allezeit. Eine Sammlung für Kriegerwitwen und -Waisen beim Ausgange ergab den Ertrag von 21 Billionen Mark.
Auch eine würdige Leichenhalle ist zusammen mit dem Kriegerdenkmal von der "Ilse" der Gemeinde übergeben worden.
Puh!, das war ein ziemlich langer Bericht. Mit seiner Hilfe konnte ich an dieser Stelle nun auch diesen Teil der Geschichte Margas anbringen
ohne selbst historische Fotos, die angesichts der Bedeutung und des beschriebenen Menschenauflaufes doch bestimmt angefertigt wurden, anbieten zu können.
Manchmal müssen halt andere nur Fehler machen...
Der obige Zeitungsbericht streifte zwei Dinge, die auch vom Rundgang thematisiert werden: die Schule und das Gasthaus. Punkte 3 und 5.
Den Anfang mache ich mit Das Gasthaus Kaiserkrone, auf dem Übersichtsplan nur mit Kaiserkrone betitelt.
Interessantester Bestandteil für mich sind die etwas mehr als 30 Sekunden Bewegtbilder, die wahrscheinlich vom DDR-Fernsehen im Umfeld
irgendeiner Veranstaltung in dem zu dieser Zeit "Kulturhaus Franz Mehring" genannten Gebäude gedreht wurden. Vermutlich Anfang 80er Jahre. Sehr schön der fehlende
Putz an der Kirche. Hatte ich den nicht erst vor ein paar Wochen erwähnt?. Leider lässt die Qualität des Materials zu wünschen übrig. Was
gleichermaßen auch für die verwendete Ansichtskarte mit der Aufnahme des Saales gilt, die ich hätte besser liefern können.
So weit alles klar. Bis auf Sekunde 2:23... das hat er jetzt nicht gesagt, der Sprecher Daniel Ris... mit voller Betonung ... Diskoklub Einundsiebzig
Ich würde jede Wette eingehen, daß sich in diversen Briesker und Senftenberger Haushalten noch dieses Heftchen (siehe links) finden lässt, das anlässlich des
10-jährigen Bestehens des Diskoklubs 72 herausgegeben wurde. Allein deshalb kann diese "71" definitiv von keinem Einheimischen, der noch bei Trost ist,
gekommen sein! Und schon gar nicht von "Schorsch" Müller, dem Gründer des Clubs, der auf der Liste der Projekt-Unterstützer geführt wird.
Und so mancher Briesker oder Senftenberger, der heute zwischen 45 und 65 ist, könnte sicher Geschichten "von damals" erzählen. Von den Jugenddiskotheken
im Kulturhaus, die entweder im großen Saal oder aber im eigens dafür eingerichteten "Diskoraum" im ersten Stock stattfanden. Ich selbst war mit einigen der Diskoklub72-DJs
der 2. Generation, die seinerzeit dort oder auf "außer Haus"-Muggen "auflegten", befreundet. Wobei... mit dem "Auflegen" war das zu meiner Zeit (ab ca. 1981) nicht wörtlich zu nehmen...
Die bei RIAS 2 oder SFB 2 mitgeschnittenen Titel wurden vielmehr mittels Spulen-Tonband oder Kassette unter das tanzwütige Volk gebracht. Westliche Schallplatten
(Goldstaub!) kamen erst nach Umschneiden auf Musikkassette zum Einsatz. In aller Regel wurde von sämtlichen "Schallplattenunterhaltern" die vorgeschriebene 60:40-Regel
freihändig in "100% West" abgewandelt. Ein Bedarf an "Zonenmusik" war beim Publikum nämlich überhaupt nicht vorhanden. Witzigerweise kommen auf heutigen Tanzveranstaltungen mehr Titel aus
DDR-Produktion zur Aufführung als das damals je der Fall war. So ändern sich die Zeiten!
Damit ich das gesamte Thema "Rundgang Gartenstadt Marga" nicht über Gebühr und Wochen
strecke und damit noch die letzten Fans vergraule, behandele ich anschließend noch schnell
die zwei restlichen Markt-stationären Infopunkte, respektive Tafeln und Filme.
Das Kaufhaus
Inhaltlich geht der Film für mich in Ordnung und ich will mich jetzt auch nicht
streiten, ob die "Eisenwaren, Küchengeräte und Radios" im rechten oder linken Teil
des Kaufhauses angeboten wurden.
In meiner Erinnerung wurde der linke Teil immer "Schnittwaren" genannt. Dort
gab es Schuhe, Stoffe, Handtücher, Bettwäsche, Materialien zum Nähen, Stricken
und Häkeln, Gardinen und ähnliches. Ich glaube sogar Bekleidung. Hinsichtlich
Schreibwaren bin ich mir nicht ganz sicher. Deshalb hätte ich den
Verkauf solcher "harten Ware" eher in diesem Teil des Hauses verortet und nicht
im rechten Bereich, der für mich immer ausschliesslich mit Lebensmitteln, Fleisch
und Wurst, Backwaren und Kosmetik, kurz "Waren des täglichen Bedarfs", verbunden war.
Es kann jedoch sein, daß sich das über die Jahre veränderte. Letztlich unwichtig.
Auf jeden Fall kann man heute im rechten Teil aus einem ständig wechselnden
und preiswerten Angebot von mehr oder weniger gebrauchten Einrichtungsgegenständen
(bestimmt auch Radios und Küchengeräte) und Kleidungsstücken wählen.
Ich verhehle nicht, daß ich ein derartiges Sortiment an dieser Stelle für deplatziert hielt
und halte. Naja, immerhin keine Filiale von "Willi Billig", "Rudis Resterampe" oder
ähnlichem Kaliber.
Was das auf der Infotafel verwendete Foto betrifft: Das stammt von mir und nicht wie
angegeben aus der Ilse-Chronik 1888-1913. Darin ist es zwar auch enthalten (sogar qualitativ besser und
etwas größer), jedoch ohne die Aufschrift "Inneres des Kaufhauses Grube Marga". Dieser Schriftzug ist
exklusiv auf der Ansichtskarten-Version zu finden. Gemeint ist diese:
Übrigens existiert(e) eine alternative Innenansicht, deren Ursprung ich bis auf den heutigen Tag nicht
einmal ansatzweise ermitteln konnte. Vermutlich erschien sie in einer der damaligen
Zeitschriften oder ähnlichem. Ich verfüge leider nur über die Kopie einer Kopie.
Auch wenn ich hier und heute die Aufforderung ausspreche, mir sachdienliche Hinweise
zur Ergreifung der Original-Publikation zu liefern, brauche ich wohl nicht damit
zu rechnen, daß mir jemand helfen kann... oder will.
Und weiter geht es mit dem 5. und letzten der Filme, die an Stationen rings um den Briesker
Marktplatz abrufbar sind. Bei diesem dreht sich alles um die Schule. Warum der Punkt auf
der Übersichtskarte mit Alte Schule bezeichnet wurde, kann ich nicht nachvollziehen.
Gab es auch eine neue? Die Infotafel selbst ist mit "Das Schulgebäude" betitelt. Wie auch
das zugehörige Filmchen.
Bei der Analyse des Films zuckte ich mehrfach zusammen!
Das erste Mal gleich bei 0:20. "Die Ilse-Bergbau AG und ihr Direktor Gottlob Hoffmann..."
Autsch! Das tat weh. Zumal der korrekte Name Schumann bereits im Film Nr.1 gefallen war. Und es handelte
sich durchaus nicht um eine Versprecher von Daniel Ris sondern stand so im Manuskript denn
auch die englische Version, die jemand anderes eingesprochen hat, wartet mit diesem Lapsus auf.
1:30 Uhrenturm? Ohne eine Uhr?
2:10 diese Information ist mir jetzt komplett neu. Daß die Schule zwischen 1961 und 1972 den
Namen "Friedrich Schiller" getragen haben soll, habe ich noch nie und nirgendwo gehört oder gelesen.
Ich will das heute nicht gänzlich in das Reich der Märchen verbannen sondern lieber noch dazu lernen.
Deshalb hätte ich ganz gerne die Quelle dieser Aussage genannt bekommen. Bis das passiert halte ich
diesen Teil der Schulgeschichte für außerordentlich fragwürdig.
Die fotografische Aufnahme von der Grundsteinlegung der Kirche (1:33 - 1:45) wäre im
Film zum Infopunkt 2 besser aufgehoben gewesen.