Älteres
♦ 656 ♦ 655 654 653 652 651 650 649 648 647 646 645 644 643 642 641 640 639 638 637 636 635 634 
656  650  600  550  500  450  400  350  300  250  200  150  100  50  1  
24.08.2025
0 Kommentare

Druckversion


Und weiter geht es mit unserer virtuellen Wanderung durch das Gebiet, das den kleinen Teil der Niederlausitz umfasst, den ich auf gruss-aus-senftenberg.de so beackere...
Dabei erreichen wir heute ein Dorf, welches auch schon seit 50+ Jahren von der Bildfläche verschwunden ist: Sauo.

1971 schlug die letzte Stunde für diesen Flecken Erde, der zu diesem Zeitpunkt noch knapp 400 Einwohner hatte. 1971 - da war ich vier Jahre alt. Kein Wunder, daß ich mit Sauo mal so gar nichts am Hut habe. Das Horten von Ansichtskarten mit Ansichten aus dem Dorf war anfangs mehr so "Beifang". Fremde Ansichtskarten-Sammlungen, die ich in den ersten Jahren auswerten durfte, hatten hier und da derartige Exemplare und die digitalisierte ich bei der Gelegenheit gleich mit. Glücklicherweise muß ich sagen, denn sie bildeten quasi den Grundstock für eine mittlerweile auf fast 50 Stück angewachsene Kollektion mit Motiven aus dem Dörfchen, das einst nordwestlich von Senftenberg lag.

Die schiere Anzahl an kommerziellen Produktionen mit Sauo-Ansichten ist schon beeindruckend und hat sicher damit zu tun, daß Sauo ab einem bestimmten Zeitpunkt eben nicht mehr nur irgendein Bauerndorf war sondern zunehmend Heimat für eine große Anzahl von Industriearbeitern wurde, die aus vielen Teilen Deutschlands und Polens hierher kamen und in den Tagebauen und Brikettfabriken der Umgebung Lohn und Brot fanden. In der Spitze hatte Sauo knapp 1500 Einwohner!
Der Kontakt in die alten Heimaten wurde damals nahezu ausschließlich postalisch gehalten. Ein gefundenes Fressen für diverse Ansichtskartenproduzenten!
Wie zum Beispiel den Dresdener Verlag R. Hoffmann, der für die rechts abgebildete Produktion verantwortlich zeichnete. Die Dreibild-Karte ragt durch die Ansicht des Steigerturm der Freiwilligen Feuerwehr von Sauo so ein wenig heraus. Schule und Bäckerei - letztere beherbergte offenbar auch die Poststation des Ortes - finden wir auch auf anderen Produktionen, doch der Steigerturm ist bislang einmalig.
Trotz fieberhafter Suche in den letzten Tagen konnte ich nichts Substantielles zu dem Gebäude, z.B. den Zeitpunkt der Errichtung, ermitteln. Lediglich die Information, daß der Turm wohl ursprünglich anders aussehen sollte, fand ich in einer fast 25 Jahre alten Powerpoint-Präsentation, die mindestens aus heutiger Sicht qualitativ zu wünschen übrig lässt. Demnach war das Gebäude anfangs folgendermaßen konzipiert:
Senftenberg
Photogr.-Verlag R. Hoffmann,
Dresden-A., Liliengasse 24
Aufnahme <= 1912
Sammlung Matthias Gleisner
entnommen aus Bildschirmpräsentation "Ein Spaziergang durch Sauo" - Rolf Radochla (2001)
Die Zeichnung hat nur sehr wenig mit der dann tatsächlich umgesetzten Architektur zu tun. Man könnte auf den Gedanken kommen, daß es sich um zwei völlig verschiedene Bauten handelt. Da in der Präsentation keine Quelle vermerkt ist und die Zeichnung selbst auch keinen Hinweis enthält, müssen wir dem Autor halt blind vertrauen.
Apropos Steigerturm. So einen besaß auch unser nächstes Wanderziel und im Gegensatz zu Sauo, das vollkommen unterging, besitzt Brieske (Dorf) seinen Turm heute noch. Und das seit ziemlich genau 90 Jahren. Ich vermute, daß die Aufnahme auf der rechts abgebildeten Fotopostkarte relativ zeitnah zur Inbetriebnahme im Jahr 1935 gemacht wurde. Einen Beweis muß ich schuldig bleiben. Besagte Fotokarte schiebe ich jetzt schon fast 7 Jahre vor mir her, da ich bislang noch keine Möglichkeit fand, sie irgendwo mit einzubauen. Fotos und vor allem Ansichtskarten aus Brieske (Dorf) sind von Natur aus extrem selten und deshalb ergab sich einfach keine Möglichkeit. Doch heute ist Dank des Sauoer Steigerturms endlich der Tag gekommen.

Wie geschrieben: es war 1935 - konkret der 26. Mai - als der Steigerturm feierlich eingeweiht wurde. Der Senftenberger Anzeiger rührte schon einige Tage zuvor die Werbetrommel...

Senftenberger Anzeiger (24. Mai 1935)
Senftenberg
Aufnahme <= 19??
Sammlung Erhard Donath
Einge Tage nach dem Ereignis, an dem übrigens 23 Wehren teilnahmen, berichtete dieselbe Zeitung folgendermaßen:

Brieske. Einweihung des Steigerturms. Festlich gezierte Häuser und Straßen, sowie schneidige Feuerwehruniformen gaben unserem Dorfe am vergangenen Sonntag ein besonderes Gepräge. Aus weitem Umkreise waren die Kameraden der benachbarten Wehren erschienen, um an der Einweihung des aufs modernste eingerichteten Steigerturms teilzunehmen. Beim Ummarsch durch das Dorf, den das hiesige Tambourkorps mit seiner zackigen Musik führte, konnte man an dem reichen Flaggenschmuck erkennen, wie eng sich die Dorfbewohner mit ihrer Wehr verbunden fühlen. Nach herzlicher Begrüßung durch Amtswehrführer Schroschk sprach Fräulein Elsa Schneider in vollendeter Weise einen von Herrn Baumann, Marga, der hiesigen Wehr gewidmeten Vorspruch.
Mit kurzen, markigen Worten weihte dann Amtsvorsteher Körber den Turm und übergab ihn Löschzugführer Richter zu treuen Händen.

Dieser dankte mit warmen Worten und versprach, daß die Briesker Wehr stets bemüht sein werde, sich dieses wertvollen Geschenkes würdig zu erweisen. Eine stille Minute, dem Gedächtnis der Toten gewidmet, beendete den eindrucksvollen Weiheakt, der mit dem Deutschland- und dem Horst-Wessel-Lied seinen Ausklang fand. Mit großem Interesse verfolgten die heute in der Mehrzahl erschienenen Fachleute und die Laien die nun nachfolgenden Uebungen. Die Vorführungen bewiesen aufs neue, daß der gute Ruf, dessen sich die Briesker Wehr erfreut, voll und ganz berechtigt ist. Beim Austausch alter Erinnerungen und dienstlicher Erfahrungen saßen dann die Feuerwehrkameraden noch lange in den angenehmen Räumlichkeiten des Gasthauses Sickora zusammen, manch altes Freundschaftsband neu befestigend oder neue anknüpfend.