Daß ich mit einem konkreten Datum für die rechts abgebildete Fotografie dienen kann, ist dem
weltberühmten "Kommissar Zufall" zu verdanken. Aber der Reihe nach!
Als ich erstmals in Kontakt mit diesem Foto kam, war mir instinktiv klar, worum es sich bei
der Szene handelt. Denn allzu oft ist mir in der Vergangenheit und bei der Lektüre alter Senftenberger
Zeitungen der Begriff "Spritzenprobe" über den Weg gelaufen.
Diese "Spritzenproben" waren eine Mischung aus technischer Überprüfung der Ausrüstung der Freiwilligen
Feuerwehr und einer publikumswirksamen Demonstration des Könnens und der Einsatzbereitschaft der
hiesigen Floriansjünger. Nicht immer (aber oft!) fanden diese Aktionen auf dem Senftenberger Marktplatz
statt.
Da die Fotografie keinerlei Hinweise auf ein Datum aufweist, hätte ich mich wahrscheinlich etwas schwerer
getan, eine konkrete Zeitbestimmung abzugeben. Doch glücklicherweise kam zwischenzeitlich oben erwähnte Schützenhilfe
zum Tragen.
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Aufnahme = 20.05.1914 Sammlung Matthias Gleisner
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Es ergab sich nämlich vor wenigen Wochen für mich die Möglichkeit in einer Reihe von Kreiskalendern für
Calau, Cottbus und Spremberg zu schmökern. Diese Publikationen mit allerlei Beiträgen über die Historie
und Gegenwart der drei genannten Kreise erschien jährlich über einen längeren Zeitraum (1910er und 1920er Jahre).
Senftenberg gehörte damals zum Kreis Calau und so ist es nicht weiter verwunderlich, daß unsere Stadt hin
und wieder Erwähnung in diesen Veröffentlichungen fand. Nicht viel aber immerhin.
Deshalb blättere ich so ein Büchlein gerne durch wenn sich einmal die Gelegenheit bietet und fördere tatsächlich
von Zeit zu Zeit den einen Text oder das andere Bild ans Licht. So geschehen mit der Ausgabe von 1915 in der sich
ein längerer Beitrag über die Niederlausitzer Wasserwerksgesellschaft befindet. Neben einer ganzen Reihe (mir) bekannter Fotos tauchen darin auch
diese beiden auf...
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Verständlicherweise schrillten sogleich alle meine Alarmglocken. Wie man
erkennt, entspricht die zweite Abbildung "meiner" Fotografie und auch
das zweite Motiv ist inhaltlich und zeitlich nicht weit weg.
Der zugehörigen Text beschäftigt sich lang und breit mit der Entstehungsgeschichte
der Wasserversorgung im südlichen Teil des Kreises Calau in den Jahren 1911
bis 1914. Ganz zum Schluß des Beitrags heisst es:
Die Abnahme des gesamten Wasserwerks durch die dazu
berufenen Berg- und Landespolizeibehörden erfolgte am
20. Mai 1914.
Die Anlagen wurden an diesem Tage im Beisein der zur
Niederlausitzer Wasserwerksgesellschaft gehörenden
Bergwerksbesitzer, der beteiligten Landräte, der Vertreter
der Ortspolizei- und Ortsbehörden - ca. 60 Teilnehmer -
eingehend besichtigt.
Auf dem Marktplatz in Senftenberg
fand gleichzeitig durch die freiwillige Feuerwehr eine
interessante Uebung statt, welche die Nützlichkeit
der Leitung bei Feuersgefahr ergab (Abbildungen 7 und 8).
Gut. Der 20. Mai 1914 für diese Endabnahme ist (mir) schon
länger bekannt. Daß am selben Tag diese Spritzenprobe, oder
wie es anderer Stelle heisst: Hydrantenprobe, auf dem Senftenberger
Marktplatz stattfand, hatte ich jetzt so nicht auf dem Schirm.
Eine weitere Passage des Kreiskalender-Beitrags halte ich für
das Verständnis für wichtig:
Von den Hauptleitungen zweigen die Verteilungsleitungen für
die einzelnen Gemeinden bis zu dem geringsten Durchmesser von
80 Millimeter ab. Je nach der Bebauung sind für Feuerlöschzwecke
in Abständen von 120 Meter 460 Stück Unterflurhydranten in das
Rohrnetz eingebaut
Und genau solche Unterflurhydranten wurden an jenem Maitag des Jahres
1914 eindrucksvoll getestet.
Auch am Senftenberger Anzeiger ging dieser 20. Mai
nicht unkommentiert vorbei. Im Vorfeld wurde die Abfolge der "Befahrung"
bekanntgegeben: Startpunkt sollte demnach um 9 Uhr das Hotel "Zur Sonne"
in Senftenberg sein. Danach war geplant, per Auto der Wasserwerks-Anlage
in Buchwalde einen Besuch abzustatten. Von dort zurück, um der Hydrantenprobe
beizuwohnen. Anschließend zum Wasserturm in Senftenberg 2. Von dort über Klettwitz,
Zschipkau, Costebrau, Friedrichsthal, Bockwitz nach Lauchhammer wo sich im
dortigen Werksgasthof ein Essen anschließen sollte.
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Wenn man der Zeitung glauben darf, wurde das Ganze dann offenbar in einem Eilzug-Tempo abgehandelt.
Abfahrt von ca. 20 Autos mit 80 Teilnehmern um halb 10 nach Buchwalde. Von
dort um 10:15 schon wieder zurück nach Senftenberg um die Hydrantenprobe mitzunehmen,
von der ich heute ein Foto präsentieren kann.
Dieselbe machte klar ersichtlich, welcher außerordentliche Vorteil gegen
früher im Bezug auf die Feuersicherheit jetzt durch die Wasserleitung geboten
ist, denn 10 Schlauchleitungen zugleich sandten aus den Hydranten starke
Wasserstrahlen in eine Höhe, welche die höchsten Dachspitzen überragte.
Ein zahlreiches Publikum schaute interessiert zu und auch die Landbewohner,
welche zahlreich zum Schweine- und Wochenmarkt erschienen waren, hatte Gelegenheit,
diese Vorzüge der Wasserleitung kennen zu lernen.
Danach schnell in die Autos und ab ging es zum Wasserturm auf dem Paradiesberg. Dortselbst
wurden weitere Fotos der Gesellschaft gemacht. Vom Turm nahm die Fahrt gegen ¾12 ihre
Fortsetzung über die Industrieorte Klettwitz, Costebrau, Friedrichsthal, Zschornegosda, Unterhammer,
Naundorf und Grube Emanuel nach Dolsthaida wo die Besichtigung der dortigen Anlage stattfand.
Der Rückweg nach Lauchhammer über Naundorf ging so geschwind, daß man bereits um 1 Uhr im Eisenwerk
eintraf wo man das avisierte Festessen einnahm.
Die photographischen Aufnahmen, welche durch Herrn Photograph Käding von hier am Mittwoch vor dem
Wasserturm bei "Paradies" genommen wurden, sind u.a. im Schaufenster der "Anzeiger-Expedition" ausgestellt,
wo deren Besichtigung erfolgen kann, ebenso zwei Amateur-Aufnahmen von der Hydranten-Probe
auf dem hiesigen Markplatz.
Nur vier Tage nach dem erfolgreichen Test der neuen Technik wurde die Führung der Senftenberger Freiwilligen Feuerwehr
leichtsinnig und platzierte folgende Offerte in der Lokalpresse:
 Senftenberger Anzeiger (24. Mai 1914)
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