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22.10.2023
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Die Senftenberger Bahnhofstraße im Jahre 1913 ist heute das Thema...
Bevor ich zu dem interessanteren Stück der beiden heutigen Exemplare komme, möchte ich zunächst meiner "archivarischen Pflicht" nachkommen und Variante Nummer 3 eines zumindest für mich nicht so sensationellen Motivs vorstellen:
Im Vergleich zu den beiden anderen Versionen ist der Bildauschnitt wesentlich kleiner. Links ist relativ viel abgeschnitten worden. Dafür wurde insgesamt aber stärker "hineingezoomt". Wie gesagt, für mich ist das jetzt nicht mehr so der Knaller aber dem einen oder anderen ist das Motiv möglicherweise jetzt nicht so geläufig. Immerhin präsentierte ich die beiden Geschwister bereits vor 12 bzw. 10 Jahren. Kinder wie die Zeit vergeht!

Ob die zeitliche Fixierung auf 1913 auf ewig Bestand haben wird, muß man sehen. Es ist nicht unplausibel. Vor allem wenn man die Wuchshöhe der Straßenbäume als Gradmesser heranzieht.
Senftenberg
Verlag: G.Raatz, Senftenberg L.
J 1773 15
Aufnahme <= 1913
Sammlung Matthias Gleisner
Senftenberg Senftenberg
Wie eingangs erwähnt: das zweite Stück für heute halte ich persönlich für sehr viel interessanter. Und das nicht nur, weil wir die Ansicht vergleichsweise gut datieren können. Fast auf die Stunde!

Wir sehen mal wieder einen Festzug, von denen es vor 110 Jahren erheblich mehr gab als heutzutage. Wann war eigentlich der letzte? Für die Bestimmung um welchen der Umzüge es sich handelt, kam mir ein umseitiger Stempelaufdruck zur Hilfe...

Festzug in Senftenberg
z. 25jähr. Reg. Jubiläum

Mit dieser Information und einem Postausgangsstempel vom 5. Juli 1913 konnte ich mich im Senftenberger Anzeiger relativ schnell an den Tag der Feierlichkeit heranblättern.

Senftenberg
Aufnahme = 16.06.1913
Sammlung Matthias Gleisner
Senftenberger Anzeiger (15. Juni 1913)

Wer Probleme mit der Verortung der Aufnahme hat, dem gebe ich rechts einen kleinen Kartenausschnitt aus dem Jahre 1910 an die Hand...

Und die damals übliche öffentliche Ankündigung des Festprogramms liefert uns ziemlich gute Zeitangaben sowie eine gewisse inhaltliche Annäherung an das was wir auf dem Foto sehen.

Demnach ist es etwa 15:45. Der Festzug, der um 15 Uhr auf dem Neumarkt startete, hatte bereits die Salzmarkt- und die Gartenstraße passiert, die Kurve an der Kreuzung Moritzstraße hinein in die Bahnhofstraße genommen und war nun in Höhe des Hauptgrabens angelangt um von dort weiter der avisierten Route zu folgen, die final am Schützenhaus endete.
Was die "Bilder" des Festzugs angeht, sehen wir auf dem Foto die drei Herolde, die die II. Abteilung ankündigen. Dahinter, die im Programm genannte Göttin Schiwa zu Pferde.
Vermutlich gab es dereinst auch Aufnahmen von weiteren Bestandteilen des Festzuges, der insgesamt 1600 Mitwirkende umfasste. Möglicherweise sogar von beiden Enden, also dem was unserem Bildausschnitt voranging und dem was noch folgte.
Mir ist bislang aber noch kein Bildmaterial untergekommen, das ich mit dem 16. Juni 1913 und diesem Umzug in Verbindung bringen könnte.
Der Senftenberger Anzeiger widmete in mehreren seiner Ausgaben den Festlichkeiten eine ausführliche Nachschau. Demzufolge zählte die Zuschauermenge "nach Tausenden". Davon erhalten wir auf dem Foto auch einen ganz guten Eindruck. Die Senftenberger Bevölkerung nahm sichtbar Anteil an dem Spektakel.

Aber das alles ist es eigentlich nicht, was ich an der Aufnahme so spektakulär finde...
Vielmehr ist es die Sichtachse, die uns erstmals zeigt, wie sich der östliche Teil der Bahnhofstraße im Zusammenspiel mit dem Hauptgraben historisch darstellte.
Wir erkennen, daß das Geschäftshaus des jüdischen Kaufmannes Nathan Klein, wovon heute noch immer gern gesprochen und geschrieben wird obwohl es kaum noch einer kennen dürfte, einen trapezförmigen Grundriß hatte und mit seinem Kellergeschoß unmittelbar im Wasser stand. Die Laugkstraße kann damals nicht viel mehr als ein breiter Weg gewesen sein.