Senftenberger Anzeiger (15. Juni 1913)
Wer Probleme mit der Verortung der Aufnahme hat, dem gebe ich rechts einen
kleinen Kartenausschnitt aus dem Jahre 1910 an die Hand...
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Und die damals übliche öffentliche Ankündigung des Festprogramms liefert
uns ziemlich gute Zeitangaben sowie eine gewisse inhaltliche Annäherung
an das was wir auf dem Foto sehen.
Demnach ist es etwa 15:45. Der Festzug, der um 15 Uhr auf dem Neumarkt
startete, hatte bereits die Salzmarkt- und die Gartenstraße passiert,
die Kurve an der Kreuzung Moritzstraße hinein in die Bahnhofstraße genommen
und war nun in Höhe des Hauptgrabens angelangt um von dort weiter der
avisierten Route zu folgen, die final am Schützenhaus endete.
Was die "Bilder" des Festzugs angeht, sehen wir auf dem Foto die drei
Herolde, die die II. Abteilung ankündigen. Dahinter, die im Programm genannte
Göttin Schiwa zu Pferde.
Vermutlich gab es dereinst auch Aufnahmen von weiteren Bestandteilen
des Festzuges, der insgesamt 1600 Mitwirkende umfasste. Möglicherweise sogar
von beiden Enden, also dem was unserem Bildausschnitt voranging und dem was
noch folgte.
Mir ist bislang aber noch kein Bildmaterial untergekommen, das ich mit dem
16. Juni 1913 und diesem Umzug in Verbindung bringen könnte.
Der Senftenberger Anzeiger widmete in mehreren seiner Ausgaben den
Festlichkeiten eine ausführliche Nachschau. Demzufolge zählte die Zuschauermenge
"nach Tausenden". Davon erhalten wir auf dem Foto auch einen ganz guten Eindruck.
Die Senftenberger Bevölkerung nahm sichtbar Anteil an dem Spektakel.
Aber das alles ist es eigentlich nicht, was ich an der Aufnahme so
spektakulär finde...
Vielmehr ist es die Sichtachse, die uns erstmals zeigt, wie sich der
östliche Teil der Bahnhofstraße im Zusammenspiel mit dem Hauptgraben historisch
darstellte.
Wir erkennen, daß das Geschäftshaus des jüdischen Kaufmannes Nathan Klein, wovon
heute noch immer gern gesprochen und geschrieben wird obwohl es kaum noch einer
kennen dürfte, einen trapezförmigen Grundriß hatte und mit seinem Kellergeschoß
unmittelbar im Wasser stand. Die Laugkstraße kann damals nicht viel mehr als ein
breiter Weg gewesen sein.
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