- Senftenberg. 8. Oktober (Egs.) Wer in Betracht zieht, daß der amerikanische Boxkampf der beste Sport zur Stählung und Kräftigung des
Körpers ist, und daß gerade dieser Sport in Deutschland sehr wenig gepflegt wird und erst nach dem Kriege beachtet wurde, wird mit lebhafter
Freude die Nachricht begrüßen, daß heute hier unter dem Namen "Box- und Ringsport-Schule Senftenberg" eine Vereinigung
zustande kam, die es sich zur Hauptaufgabe macht, den amerikanischen Boxkampf unter Ausschaltung jeglicher Rohheiten zu pflegen und weitmöglichst
zu verbreiten.
Genannte Vereinigung steht unter der Leitung eines im Ringsport Bewanderten und eines äußerst gewandten und schlagkräfigen Boxers, der schon vor
dem Kriege in Amerika durch den Besuch einer Boxschule New-Yorks mit dem Boxkampf voll vertraut wurde. Durch die baldmöglichste Veranstaltung
von öffentlichen Sport- und Wettkämpfen hier und in der Umgebung hofft die Vereinigung, den Boxkampf in unserer Gegend bald volkstümlich zu
machen und eine größere Anzahl Freunde und Anhänger zu erwerben.
Wir wünschen der "Box- und Ringsport-Schule" ein schnelles und gutes Aufblühen, damit uns auf dem Gebiete des Boxkampfes
unter der geplanten Mitwirkung der wenigen namhaften und bekannten Boxer Deutschlands bald einige interessante Darbietungen gezeigt werden.
R.B.
Senftenberger Anzeiger (1919)
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Nachdem laut obigem Inserat am 25. Oktober 1919 die Gründung einer Box-und Ringsportschule
festlich begangen wurde, ging es knapp 3 Wochen später schon mit dem nächsten Vereinsvergnügen
weiter. Es drängt sich der Verdacht auf, daß man wohl eher dem geselligen Beisammensein mit Wein, Weib
und Gesang zugetan war, als der propagierten Förderung des (amerikanischen) Boxsports. Immerhin
versuchte man bei derartigen Zusammenkünften neue Mitglieder zu werben. Warum bekomme ich beim
Lesen der nachfolgenden Zeitungsmeldung so eine Assoziation von "Rummelboxen"?
Die Bezeichnung Box- und Ringsportschule hatte man zu diesem frühen Zeitpunkt schon
zugunsten eines Clubs fallen lassen. Und diesen modifizierten Namen entdecken wir auch
auf der ersten Ansichtskarte für heute.
Die Gruppenaufnahme zeigt 5 wackere Vereinsmitglieder, deren einzelne Namen heutzutage wohl
nicht mehr ermittelbar bzw. zuordenbar sind. Möglicherweise war jener R. Brauer, der in der
ersten Zeit den Vereinsvorsitzenden gab, unter den Abgelichteten. Andere Namen, die im Zusammenhang
mit dem Senftenberger Boxsport der Anfangsjahre auftauchten, lauten Kowall, Brodack, Panzer, Lucas,
Speike, Wendtland, Wenzel und Schiemenz.
Letzteren könne wir mit Hilfe der zweiten Ansichtskarte sehr genau identifizieren. Es handelt sich
um die ganz rechte Person in der Fünfer-Gruppe. Unklar ist das Entstehungsdatum dieser "Autogrammkarte",
wie auch die territoriale Dimension des Leichtgewichtsmeister-Titels des Oskar Schiemenz.
Aufgrund der Existenz dieser Ansichtskarte, die sich sicherlich nicht jeder x-beliebige Freizeitfaustkämpfer
anfertigen ließ, muß man wohl davon ausgehen, daß Schiemenz damals doch eine gewisse Hausnummer war.
In einem Kampfbericht anläßlich einer Veranstaltung in der Kaiserkrone zu Grube Marga am 1. Juli 1922
wird Schiemenz als "Matador Deutschlands" bezeichnet.
Es ist sehr gut möglich, daß die Ansichtskarte aus dieser Zeit stammt.
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F.Quandt, Photograph, Senftenberg N./L. 209445 Aufnahme <= 1922 Sammlung Fred Förster
F.Quant, Photogr., Senftenberg, N.-L. 210040 Aufnahme <= 19?? Sammlung Matthias Gleisner
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