Ich komme vom Briesker Kuriositätenkabinett noch nicht ganz weg und lerne als Nebenprodukt meiner Heimatforschung ständig Neues. Zum Beispiel was
QSL-Karten sind...
Ausschlaggebend für mein Eintauchen in mir völlig fremde
Gefilde waren die beiden Stücke hier links und rechts. Diese erregten
meine Aufmerksamkiet natürlich durch den Schriftzug "Brieske-Ost" und
die in einem Fall darauf befindliche Abbildung der beiden Briesker
Brikettfabriken. Bereits zu Beginn "schwebte" über den Exemplaren die
Erklärung QSL-Karte.
Für den theoretischen Unterbau bemühe ich das Buch "Amateurfunkprüfung in
Frage und Antwort" des Militärverlags der DDR... Auf die Frage "Welche
Aufgabe erfüllt die QSL- bzw. SWL-Karte für den Funkamateur?" hätte der
Kandidat demnach zu antworten: "QSL-Karten werden in der Regel für
Erstverbindungen je Band und Sendeart ausgestellt. Sie spiegeln die
Aktivität und die erbrachte Leistung des Funkamateurs wider und bilden
die Grundlage für den Erwerb von Diplomen. Ordungsgemäße Empfangsberichte
(SWL-Karten) dienen dem Funkempfangsamateur ebenfalls oft zum Diplomerwerb,
stimulieren die Ausbildungstätigkeit und sind zu bestätigen."
HI 124 66 Aufnahme <= 1966 Sammlung Matthias Gleisner
Etwas mehr Licht ins Dunkel bringt die Antwort auf die Frage "Was können Sie
zu Entwurf und Ausführung von QSL- und SWL-Karten sagen?":
"Die QSL-Karte ist die Visitenkarte des Funkamateurs, der in aller Welt als ein Vertreter
seiner Organisation und seines Landes angesehen wird. Daher kommt der ästhetischen Gestaltung und
der ideologischen Aussage eine große Bedeutung zu. Die Gestaltung der QSL-Karte stellt also nicht
nur eine private Angelegenheit dar, sondern sie ist mit einem gesellschaftlichen Interesse verbunden.
Es ist günstig, sich im Kollektiv der Klubstation oder mit dem Referat Amateurfunk der Kommission
Nachrichtensport beim Bezirksvorstand der GST bzw. mit dem Bezirks-QSL-Vermittler zu beraten, um deren
Anregungen und Erfahrungen in die eigenen Vorstellungen einfließen zu lassen."
Keine Ahnung inwieweit sich Hermann Fuder, dessen "Visitenkarten" wir hier nämlich sehen, von GST und/oder
seinem QSL-Manager hat beeinflussen lassen. Ich persönlich finde die Gestaltung der beiden Stücke für eine
Hobby-Arbeit, und dazu noch in den 1960ern, sogar ziemlich gut. Die vorgeschriebenen Inhalte (Frage:
"Welche Informationen sind auf der QSL-Karte erforderlich?" ) sind verteilt auf Vorder- und
Rückseite natürlich enthalten...
Die QSL-Karte muß folgende Angaben enthalten:
- Deutsche Demokratische Republik (oder englisch: German Democratic Republic);
- eigenes Rufzeichen;
- Rufzeichen der Gegenfunkstelle (als Empfänger der Karte);
- Datum, Uhrzeit (in UTC);
- Rapport;
- Frequenz, Sendeart;
- Kreiskenner, QTH-Kenner (bei UKW);
- Y2-QSL-Büro-Anschrift;
Die QSL-Karte kann folgende Angaben enthalten:
- Ehrenbezeichnungen im Amateurfunk (Y2 DXer usw.);
- Stationsausrüstung;
- Besonderheiten bei den Ausbreitungsbedingungen;
- Charakteristisches vom Territorium.
Zur Erfassung der vorgeschriebenen Angaben wurden die QSL-Karten rückseitig mit
einem entsprechenden Vordruck versehen, der mit reichlich "Funkerlatein" bzw.
Abkürzungen durchsetzt ist. Diesen hatte (bzw. hat) der Funkamateur
fachgerecht manuell auszufüllen. Rechts ist eine derartige Rückseite abgebildet,
die sich auch heute nicht viel anders darstellen dürfte.
Unter den Pflichtangaben findet man das "German Democratic Republic"... Haken ran,
eigenes Rufzeichen... DM3TF... Haken ran. Für das Rufzeichen der Gegenfunkstelle
ist das Kästchen rechts unter To Radio vorgesehen. Datum und Uhrzeit fanden
in Zeile 1 und 2 Platz. Der ganze technische Rest darunter.
Die Angabe zum Y2-QSL-Büro finden wir links unten. Dazu ist anzumerken, daß, auch wenn es rechts nach einem ganz normalen Adressvordruck aussieht,
die QSL-Karten nicht direkt an den Funker der Gegenstelle geschickt werden, sondern an ein sogenanntes QSL-Büro. Der dort tätige QSL-Vermittler sortiert die
eingehenden Karten nach Ländern bzw. Regionen und schickt diese dann paketweise an Ziel-QSL-Büros, die ihrerseits die Verteilung der Karten an ihre Mitglieder
vornehmen. Man kann sich vorstellen, daß dies nicht unbedingt die schnellste Lösung ist. Wenigstens braucht so der Funkamateur nicht die tatsächlichen Postanschriften
der Verbindungsteilnehmer kennen. Bezogen auf die DDR hatte dieses Verfahren natürlich den Vorteil, daß die Staatssicherheit so relativ einfach mitbekam, wer mit
wem Kontakt hatte. Und ich gehe fest davon aus, daß dieses QSL-Büro in Berlin Stasi-durchsetzt war.
Das von mir verwendete DDR-Fachbuch stammt aus der Zeit, als die Rufzeichen der DDR-Amateurfunker bereits von D... (für Gesamtdeutschland) auf Y... (ausschließlich DDR)
zwangsumgestellt waren. Dies geschah am 1. Januar 1980 (deshalb oben die Bezeichnung "Y2-QSL-Büro").
Doch zurück zu unseren beiden Motiven bei deren Gestaltung Hermann Fuder das "Charakteristische des Territoriums" einfliessen ließ. Bagger und Absetzer aus der
ersten Karte finden sich in simplifizierter Form auf der zweiten Karte wieder. Beide waren und sind typisch für unser Braunkohlenrevier. Die Brikettfabriken
zumindest für die damalige Zeit.
Bleibt abschließend noch zu klären, warum diese Karten QSL-Karten genannt werden. Eine Teil der Antwort liefere ich schon mit meiner Einstiegsgrafik...
Die Buchstabenkombination QSL ist ein Q-Schlüssel aus der Morsetelegrafie und bedeutet in der Frageversion "Können Sie den Empfang bestätigen?" und in der Antwortversion
"Ich gebe Empfangsbestätigung". Das akustische Äquivalent im Morsecode kann man hier auf der Seite hören wenn man die Lautstärke hochgeregelt hat. Diese hat für den
Sprechfunk natürlich keine Bedeutung. Wie man jedoch sehen kann, hat sich die Abkürzung QSL aber auch in diesem Bereich der Nachrichtenübermittlung durchgesetzt und bis heute erhalten.