Wir schreiben das Jahr 1925: In Senftenberg gehen die Arbeiten zur Errichtung einer Gedenkstätte für die während des Ersten Weltkriegs gefallenen männlichen Einwohner der Stadt langsam in die heiße Phase. Die insgesamt mehr als 5 Jahre dauernden Querelen um diese "Heldengedächtnisstätte" fanden letztlich am 25. August 1925 mit der feierlichen Einweihung ihren einstweiligen Abschluß. Dieses Ereignis, sowie die sich darum rankenden Geschichten, kann man sich hier nochmals ins Gedächtnis rufen. Wer nun aber glaubt, daß die sieben Jahre zwischen dem Ende des Ersten Weltkriegs (1918) und der Fertigstellung des Kriegerdenkmals, die es in Senftenberg brauchte, das absolute Maximum darstellt, der hat sich noch nicht mit der Historie des Kriegerdenkmals der Gemeinde Sedlitz beschäftigt! Wie gesagt: wir schreiben 1925. Der Senftenberger Anzeiger berichtete... - Sedlitz. 28.Februar. Schon lange wird es von der Einwohnerschaft bedauert, daß den gefallenen Helden aus dem letzten Kriege noch keine würdige Gedächntnisstätte errichtet worden ist. Vor Jahren war schon einmal der Anfang dazu gemacht worden; die Inflation hat alle Pläne vernichtet. Nunmehr scheint die Angelegenheit ernsthaft in Fluß zu kommen. Nachdem sich schon die letzte Gemeindevertretersitzung mit der Sache befaßt hatte, haben jetzt die Kriegervereine und die Interessentengemeinde wichtige, die Sache fördernde Beschlüsse gefaßt. Die beiden Kriegervereine von Sedlitz und Anna-Mathilde beantragten bei der Gemeindevertretung, ihnen die Schaffung der Gedächntnisstätte zu übertragen und die Interessenten beschlossen die kostenfreie Ueberlassung eines passenden Platzes und die Stiftung von 800 Mark. So ist zu hoffen, da die letzte Sitzung der Gemeindevertreter dem Beschluß der Kriegervereine beigetreten ist, daß auch hier in Kürze eine Denkmal die Gefallenen ehrt. Pflicht der gesamten Bevölkerung des Ortes ist es nunmehr, die Arbeit der Kriegervereine nach besten Kräften zu unterstützen. Keine drei Wochen später erörterten Vertreter der beiden oben genannten Kriegervereine erste Pläne zur Gestaltung des Ehrenmals. Das Denkmal soll, wenn möglich, in der Anlage dem in Großkoschen ähneln. Man plant in der Mitte einen niedrig gehaltenen Gedenkstein oder eine Figur, rings herum Einzeltafeln. Als Ort kommt voraussichtlich der Platz vor der Kirche in Frage. Beschlossen wurde, von zwei Bildhauern Entwürfe einzufordern. Bis Mitte Oktober desselben Jahres legte die Angelegenheit beachtlich an Tempo zu. Der Senftenberger Anzeiger fasste die Entwicklung wie folgt zusammen:- Sedlitz. 19. Oktober. Im Laufe der letzten Wochen sind nunmehr die baulichen Vorarbeiten für die Errichtung eines Kriegerdenkmals in unserem Orte getroffen worden. Da der in Aussicht genommene Platz zwischen Schule und dem Wohnhaus des Schulleiters tief lag, mußte zunächst das Gelände aufgefüllt werden. Freiwillige Helfer hatten dann die Bausteine für das Fundament angefahren und die letzte Gemeindevertretersitzung hat die Mittel für die Arbeiten bereit gestellt. Wenn es die Witterungsverhältnisse erlauben, soll auch noch der Bau der Umfassungsmauer und die Schaffung der gärtnerischen Anlagen in diesem Jahre vorgenommen werden, sodaß für das nächste Frühjahr nur noch die Bildhauerarbeiten übrig bleiben. ... In selbstloser und uneigennütziger Weise haben sich die Herren Architekt Vogel aus Grube Marga und Bildhauer Menzel aus Ruhland in den Dienst der guten Sache gestellt. Zur Ausführung gelangt ein Plan des Herrn Vogel, der einen größeren Gedenkstein und ringsherum für jeden Gefallenen einen kleineren Stein vorsieht. Man kann den Ausführungen entnehmen, daß die Errichtung der Gedenkstätte nicht allein in den Händen von Profis (Vogel, Menzel) lag, sondern auch auf der Arbeit von Freiwilligen basierte. Um die Feldsteinmauer fertigstellen zu können, werden alle Kameraden gebeten, Feldsteine, die auf ihren Grundstücken liegen, zur Verfügung zu stellen. Nach Fertigstellung der Umfassungsmauer sollte unverzüglich mit der Sammlung freiwilliger Spenden begonnen werden. Hierzu wurden 5 Kameraden aus den beiden Kriegervereinen Sedlitz und Anna-Mathilde bestimmt. Im Januar 1926 war die Mauer so weit fertiggestellt, daß nur noch "Kleinigkeiten" ausgeführt werden mussten, für die man aber auf bessere Witterungsverhältnisse wartete. Gleichzeit war das eingefasste Areal auf die erforderliche Höhe aufgefüllt worden und selbst der Grundstein für das eigentliche Denkmal existierte bereits. Zeitgleich trat aber das leidige Problem der Finanzen wieder in den Vordergrund, welchem man jedoch mittels der avisierten Spendensammlung begegnen wollte. |
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Neben der schleppend verlaufenden Generierung von Spendengeldern wurde die Unternehmung
durch irgendwelche Halbstarken sabotiert, die die erst kürzlich fertiggestellte
Umfassungsmauer des Kriegerdenkmals beschädigten, indem sie an fast allen Ecken Steine
losgelöst und auf die Straße geworfen haben. Durch den Frost hatte das Bindematerial
gelitten, sodaß den Burschen die Arbeit nicht allzuschwer gefallen sein dürfte. Anlässlich des Volkstrauertags 1927, also knappe achteinhalb Jahre nach Kriegsende schritt man in der Gemeinde Sedlitz zur Grundsteinlegung des Kriegerdenkmals. Die zugehörige Berichterstattung im Senftenberger Anzeiger lässt für meine Begriffe aber Interpretationsspielraum, inwieweit das Denkmal zu diesem Zeitpunkt überhaupt fertiggestellt war... - Sedlitz, 15.März. Die Gefallenenfeier am Volkstrauertage gestaltete sich für unsere Gemeinde zu einem besonderen Ereignis. Im Anschluß an den Gottesdienst, zu dem die Vereine geschlossen marschierten, fand die Grundsteinlegung zum neuen Kriegerdenkmal statt. Die Umfassungsmauer ist bereits seit längerer Zeit fertiggestellt; nach Ueberwindung einer Reihe widriger Umstände kann nunmehr die Vollendung des Werkes erfolgen. Das schon stehende Fundament und die Stangen des Gerüstes waren mit Grün geschmückt. Die Weiherede hielt der Ortsgeistliche, Pfarrer Petrick. Er betonte die Schwierigkeiten, die zu überwinden gewesen sind und gab der Freude über das endliche Gelingen des Vorhabens Ausdruck. Der Stein soll dem Gedächtnis der Gefallenen dienen und ein Mahnruf an die gegenwärtigen und kommenden Geschlechter sein. Nach den Worten des Geistlichen verlas der 2. Vorsitzende des hiesigen Kriegervereins, Lehrer Böttcher, die Urkunde des Vereins, in der die Entstehungsgeschichte des Denkmals, die Chronik des Vereins und die Namen der Mitglieder enthalten sind. Die Urkunde des Kriegervereins Anna-Mathilde verlas Rechnungsführer Liebelt, die der Gemeinde Sedlitz Gem.-Vorsteher Miersch, die der Freiwilligen Feuerwehr Landwirt Hainsch und die der I.B.A. Dr. Fink, Grube Ilse. Alle Urkunden wurden in einer Bleiröhre geborgen und eingemauert. Der Männerchor und der Gemischte Chor des hiesigen Gesangvereins "Harmonie" verschönten die Feier durch einige Lieder. Den Schluß des Weiheaktes bildete eine Ehrensalve. Am Anschluß an diese Feier marschierten die Vereine geschlossen zum alten Kriegerdenkmal, wo unter stillem Gebet der Teilnehmer vom Gem.-Vorsteher Miersch ein Kranz für die Gefallenen niedergelegt wurde. |
Photo-Atelier Ernst Wenzel,
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Für mich liest sich das nicht nach "das Kriegerdenkmal ist fertiggestellt"... Wahrscheinlich ging noch einige Zeit ins Land, bis sich die Gesamtanlage so darstellte, wie auf der oben rechts abgebildeten Ansichtskarte. Wir sehen hierauf den zentralen Gedenkstein und im Hintergrund die einzelnen Tafeln für die Namen der Gefallenen. Eine weitere Ansichtskarte aus Sedlitz enthält unter anderem ebenfalls eine Aufnahme der Gedenkstätte. Diesmal jedoch aus größerer Entfernung, was die Einordnung in den Gesamtkontext des Ortes erleichtert. Auch auf dem grundsätzlichen Motiv der Ansichtskarte - die evangelische Kirche aus südlicher Richtung aufgenommen - kann man bei näherer Betrachtung das Kriegerdenkmal erkennen, das sich auch heute noch an dieser Stelle befindet. Die separaten Tafeln am Boden sind mittlerweile einer zentralen Metallplatte am Gedenkstein gewichen. Hierauf sind (wahrscheinlich) die Namen zusammengetragen, die zuvor auf den einzelnen Scheiben verewigt waren. Durch Verschneiden der auf der Metallplatte aufgeführten Namen mit einer ähnlichen Auflistung innerhalb des Buches "Sedlitz - Geschichte unseres Heimatortes" müssten einst insgesamt 48 Tafeln mit folgenden Angaben dort platziert gewesen sein: |
Ernst Wenzel, Photogr.,
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Tatsächlich glaube ich aber, daß der zur Verfügung stehende Platz nicht ausreichend für 48 separate Tafeln war, so daß wahrscheinlich zwei Namen auf einer einzelnen Tafel verewigt wurden. Bleibt noch zu klären, was es mit dem dritten Teilmotiv der Ansichtskarte auf sich hat. Dieses wirkt insgesamt etwas deplaziert, da es mit den anderen beiden Abbildung nicht wirklich etwas zu tun hat. Bäckerei plus Kolonialwarenladen von August Poreschack befand sich in relativ kurzer Distanz zu Kirche und Kriegerdenkmal, doch ich vermute, daß dies nicht ausschlaggebend war. Ich glaube vielmehr, daß es sich bei dem Stück um eine Auftragsproduktion handelte, die exklusiv in Poreschacks Geschäft verkauft wurde. Insgesamt ein eher seltenes Exemplar! |
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