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18.02.2024
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Eine Sache, die mich beim Aufstöbern der Schöning & Co. - Glasnegative am meisten gefreut hat? Neben den Tatsachen, die Dinger überhaupt gefunden zu haben, daß selbige noch in einem guten Zustand sind und durchweg eine wesentlich bessere Qualität als die Ansichtskarten-Versionen bieten? Und dabei in der Regel mehr Bildinformation aufweisen?

Antwort: Daß doch tatsächlich eine Hand voll Motive darunter ist, die bislang nicht durch eine Ansichtskartenproduktion in Erscheinung getreten sind. Die es möglicherweise in diesen Fällen auch gar nicht gab.

Eines dieser bisher unbekannten Motive möchte ich heute (unter anderem) präsentieren. Die Ansicht zeigt eine Baulichkeit, die die Einheimischen "Wasserhäuschen" nannten. Glaube ich zumindest. Dieses Wasserhäuschen lag einst zwischen Senftenberg und Senftenberg II, ungefähr dort wo sich heute die ESSO-Tankstelle befindet.
Da dieser Standort damals wie heute außerhalb der Senftenberger Stadtgrenzen liegt habe ich das Motiv im Subarchiv "Umland" eingeordnet. Falls einer fragt.

Wie sich das Ganze in der Fläche darstellte, erkennt man auf dem unten abgebildeten Luftbild aus dem März 1945.

Senftenberg
Aufnahme <= 1939
Stiftung Brandenburg

Der Fachbegriff für diese Anlage lautete "Zwischenpumpwerk Senftenberg II". Und die Beschreibung von deren Sinn und Zweck kann ich auch gleich noch liefern:

Für die höher gelegene Druckzone ist in Senftenberg II ein Zwischenpumpwerk errichtet worden, dem das Wasser vom Pumpwerk Buchwalde, respektive vom Hochbehälter am Raunoer Berge zufließt und das die Aufgabe hat, das für die obere Druckzone des Bezirkes I erforderliche Wasser in das Rohrnetz, und nach dem Wasserturm am Paradies zu fördern.
Der Betrieb erfolgt vermittelst Fernschaltung einer elektrischen Wasserstandsmeldeanlage automatisch, so daß eine besondere Bedienung nicht erforderlich ist. Es sind zwei Zentrifugalpumpen, die von je einem Elektromotor angetrieben werden und bei 60m manometrischer Förderhöhe 1450 Liter pro Minute leisten, aufgestellt.

Zwischenpumpwerk Senftenberg II. Pumpenraum.

Auch hier ist eine 100prozentige Reserve vorhanden. Für einen späteren Ausbau sind der erforderliche Platz und die Anschlußleitungen vorgesehen. Ferner ist darauf Rücksicht genommen, daß bei einem Wasserverbrauch, der die Leistung einer Pumpe überschreitet, bei einer bestimmten Höhe, den der Wasserspiegel des im Wasserturm befindlichen Behälters erreicht, das zweite Pumpenaggregat ebenfalls automatisch mit der Wasserförderung beginnt und den Betrieb von selbst wieder einstellt, sobald genügend Wasservorrat aufgespeichert ist. Dieser Fall kann eintreten, wenn zur Zeit des größten stündlichen Wasserverbrauchs an einer oder an mehreren Stellen Wasser für Feuerlöschzwecke benötigt wird.

Die Publikation "Die Niederlausitzer Wasserwerksgesellschaft m.b.H. zu Senftenberg (Lausitz) und ihre Wasserwerke" der ich die Beschreibung entnommen habe, wartet nicht nur mit einer Abbildung des blitzeblanken Pumpenraumes auf, sondern liefert zudem eine hochwertige Außenansicht. Sie zeigt das "Wasserhäuschen" aus einem etwas anderen Winkel und zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt als die Ansicht des Glasnegativs ganz oben.
Auf beiden Ansichten wird eins deutlich (zumindest interpretierte ich dies so): Die Anlage hatte neben einem "betrieblichen" Teil auch noch einen "öffentlichen"... Während der Betriebsteil durch einen Zaun abgegrenzt war, war der westliche Teil frei zugänglich. Ich vermute, daß es hier eine Art "Trinkbrunnen" gab, an dem sich Passanten erfrischen konnten.
Meine Vermutung wird auch durch ein Detail befeuert, daß man nur auf der Ansicht ganz oben ausmachen kann.
Senftenberg
Aufnahme <= 1914
Sammlung Matthias Gleisner
Man erkennt einen "Mohren" (damals hieß das noch so), der sich an einer Quelle erfrischt. Im Hintergrund zwei Ziegen. Ich würde jetzt nicht behaupten, daß es sich dabei um eine Mosaikarbeit handelt. Es würde mich aber nicht wundern wenn es so gewesen wäre. Damals leistete man sich noch den Luxus Betriebsanlagen ästhetisch aufzuwerten. In jedem Fall geht das Ganze schon in eine künstlerische Richtung.
Für mich ist das eigentlich ein klarer Hinweis auf die Funktionen dieses kleinen, frei zugänglichen Raumes innerhalb der Gesamtanlage. Hat jemand eine bessere Idee?

Etwas, das wir auch nur auf dem Motiv aus den 1930er erkennen können... den Bagger am linken Bildrand. Dieser gehörte zur Grube Elisabethglück und somit nicht zu dem Tagebau, den wir auf den zwei folgenden Glasnegativen sehen.

Senftenberg
Aufnahme <= 1939
Stiftung Brandenburg
Senftenberg
Senftenberg
Aufnahme <= 1939
Stiftung Brandenburg
Senftenberg
Wie man sehen kann, sind die beiden Blicke in die Grube zur Abwechslung mal wieder von Ansichtskarten bekannt. Dort jedoch in wesentlich schlechterer Qualität und mit einem reduzierten Bildausschnitt. Um welchen Tagebau es sich hierbei konkret handelte, arbeitete ich bereits hier bei der Vorstellung der beiden Ansichtskarten heraus: "Stadtgrube".
Diese Grube befand sich etwas nordwestlich des "Wasserhäuschens". Näher an Senftenberg II heran.
Und mit einer Ansicht aus jenem Senftenberg II, das heute "Hörlitz" heißt und nicht mehr wie früher zu Senftenberg gehört, sondern seit 1990 der Gemeinde Schipkau zugeschlagen ist, möchte ich "Neues 595" beschließen.
Die größere Totalansicht dieser ziemlich seltenen Zweibildkarte wurde aus westlicher Richtung her aufgenommen. Die "Brücke", die in der kleineren Detaildarstellung zu sehen ist, finden wir auch auf der Totalen. Und zwar am rechten Bildrand. Die Detailaufnahme wurde jedoch aus der entgegengesetzten Richtung - also aus Osten - fotografiert. Die Gleise, die von dieser Brücke überspannt wurden, gehörten nicht zu einer "normalen" Eisenbahnstrecke sondern zu einer Grubenbahn. Etwas, das schon allein durch die elektrische Oberleitung klar sein dürfte. Leider geben die überlieferten Meßtischblätter von dieser Region nur vage Auskunft, wie sich der komplette Verlauf dieser Strecke damals darstellte, wo er begann und wo er endete. Insofern verwundert es auch nicht, daß ich mit der Datierung des Motivs etwas auf dem Schlauch stehe. Ich vermute erste Hälfte der 1930er. Die Heilandskirche (Einweihung 1929) steht schon.
Senftenberg
Kunstanstalt Max Zibell,
Berlin, Danziger Str. 93,
Tel. D 4 Humboldt 8098
Aufnahme <= 19??
Sammlung Matthias Gleisner