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Hat es jeder gesehen? Ich hatte in der Vergangenheit schon mehrfach darüber sinniert den Untertitel des Projektes zu ändern.
Heute ist es nun so weit! Aus Senftenberger Motive auf historischen Postkarten und Photographien 1895 - 1945 wurde
... 1890 - 1945...
Ausschlaggebend war letztlich das Auftauchen des nachfolgenden Motivs (Danke an Hans-Jürgen Tluste), welches die
derzeit früheste fotografische Abbildung aus Senftenberg auf www.gruss-aus-senftenberg.de darstellt.
Aufnahme <= 1891 Sammlung Hans-Jürgen Tluste
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Die Aufnahme kann sicher auf <= 1891 datiert werden.
Anhaltspunkt ist natürlich die Turmhaube der Deutschen Kirche.
Wir sehen hier die Version, die bis zum Herbst des Jahres 1891
Bestand hatte und welche danach durch die spitze Bauweise
abgelöst wurde, die wir durch viele Ansichten hier auf der
Seite mittlerweile gut kennen. Der spitze Turm wurde seinerseits
1945 zerstört. Seit einigen Jahren hat die Kirchturmspitze wieder
ihr ursprüngliches Aussehen in etwa wie auf dieser frühen Fotografie
zu sehen.
Wie gesagt, ist die nebenstehende Abbildung die derzeit älteste
Aufnahme, die ich hier bislang vorstellen konnte. Mit Sicherheit
existier(t)en weitere Fotografien aus dieser Zeit oder sogar noch
ältere Stücke. Bisher konnte ich jedoch keine "verwertbaren" Exemplare
in meine Hände bekommen. In diesem Zusammenhang soll darauf hingewiesen
werden, dass bis zu diesem Zeitpunkt Zeichnungen das bevorzugte
Mittel der Wahl waren.
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Aus dem 17. Jahrhundert kennen wir die Zeichnung von Wilhelm Dilich und aus dem 19. Jahrhundert die sehr schönen
Handzeichnungen einiger Senftenberger Gebäude von Camillo Ehregott Zschille. Danach folgten die sattsam bekannten
und teilweise sehr unrealistischen Illustrationen auf den damals beliebten Lithographie-Postkarten. Davon habe ich
ja schon eine stattliche Anzahl hier vorgestellt.
Mit vier weiteren Zeichnungen wurde das interessierte Publikum durch das Buch Alt-Senftenberg - Eine Bilderchronik,
welches durch das Museum veröffentlicht wurde, in einem größeren Rahmen bekannt gemacht. Es handelt sich dabei um
die 4 Ansichten des Senftenberger Marktes, die ich nachfolgend vorstellen möchte.
Aufnahme <= 1891 Sammlung Georg Messenbrink
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Aufnahme <= 1891 Sammlung Georg Messenbrink
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Aufnahme <= 1891 Sammlung Georg Messenbrink
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Aufnahme <= 1891 Sammlung Georg Messenbrink
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Die Autorin des Buches, Isolde Rösler, führt hierzu aus :
Die vier Bilder des Senftenberger Marktplatzes befinden sich im Besitz des Kreismuseums Senftenberg. Eine eindeutige zeitliche
Festlegung der Ansichten ist nicht möglich, da zeitlich auseinander liegende Situationen vereint wurden: Die
Stadtkirche trägt auf dem Bild das alte Satteldach auf dem Turm. Zu dieser Zeit gab es aber noch keine Gasbeleuchtung, wie auf
der Zeichnung bereits dargestellt. Straßenbeleuchtung mit Gaslicht gibt es in Senftenberg seit der Errichtung des Gaswerkes ab
1898. Der Röhrbrunnen, der die Bewohner der Marktgegend seit der Mitte des 16. Jahrhunderts mit frischem Quellwasser versorgt,
ist bereits durch eine eiserne Pumpe ersetzt. Der Platz wird von zweigeschossigen, schlichten Wohnhäusern gesäumt. Ebenfalls
sehr einfach präsentiert sich das Rathaus. Senftenberg hatte Berichten zufolge bis zum großen Stadtbrand 1641, bei dem es völlig
niederbrannte, ein sehr schönes Rathaus mit einem Turm. Der Wappenstein über der Rathaustür befindet sich heute im Kreismuseum.
Im Rathaus residierten bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts drei Bürgermeister, von denen abwechselnd jeder ein Jahr den Vorsitz
im Ratskollegium innehatte. Der Gasthof "Goldene Sonne" an der Marktecke Nr.5 gehörte der Familie Rademacher. Er wird im Amtshandelsbuch
erstmals am 5.November 1626 erwähnt. Das Haus Nr.4 davor war ursprünglich ebenfalls ein Gasthof. Er gehörte der Familie Handt.
Handt und Rademacher waren Bürgermeister in Senftenberg. Handt ging außerdem als Stifter eines Schulstipendiums in die Geschichte
ein. 1826 starb der letzte Besitzer des Gasthofes Handt. Da eine Gasthofgerechtigkeit nicht wieder geltend gemacht wurde, ging er ein.
In einer Bildunterschrift werden die vier Zeichnungen Curt Schönert zugeschrieben. Da ich nicht weiss, was genau die Originale sind,
die laut Text im Besitz des Museums sind (dort hängen heutzutage zumindest grosse Versionen der Abbildungen), und die Zeichnungen
an sich keinen Urheberhinweis liefern, versehe ich ich diese Provenienz mit einem Fragezeichen. Wüsste man WANN die Zeichnungen entstanden,
könnte man entscheiden ob Schönert als Schöpfer in Frage kommt oder nicht.
Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass man derart genaue und detaillierte Zeichnungen rein aus dem Gedächtnis anfertigen
kann. Es sei denn man ist so eine Art von Autist mit einem fotografischen Gedächtnis. Deshalb kommen für mich eigentlich nur zwei Möglichkeiten
in Betracht. Entweder handelt es sich um zeitgenössische Darstellungen, die um 1890 gemacht wurden oder der Künstler verwendete
Fotografien als Vorlage.
Was mich indirekt zu einer Aussage des Buches führt, die ich gerne widerlegen möchte. Nämlich die, dass die Zeichnungen zeitlich inkosistent
seien. Die Autorin macht das am gleichzeitigen Vorhandensein der Laterne(n) und dem Satteldach der Kirche fest. Nach ihrer Meinung kann das
nicht sein, da das Gaswerk erst 1898 in Betrieb ging und der Turm der Deutschen Kirche bereits 1891 die spitze Ausprägung erhielt. Die Schlußfolgerung
ist meiner Meinung nach falsch! Frau Rösler blendete die Tatsache aus, dass derartige Strassenlaternen auch mit Petroleum, Rüböl oder Waltran
betrieben wurden und nicht unbedingt eine funktionierende Gasversorgung vorausetzten. Desweiteren gibt es eine Ansichtskarte, die definitiv auf
<= 1897 datiert werden kann und auf der wir die Laterne ausmachen können. Nämlich diese hier:
Dies allein ist schon Beweis genug, dass Strassenbeleuchtung und Gaswerk in keinem kausalen Zusammenhang stehen.
Darüber hinaus haben wir ja auch noch die Fotografie, die ich auf <= 1892 taxiert habe. Killig gab im Dezember 1892 seine Geschäftstätigkeit
auf und verkaufte das Haus an Robert Meiser (auf der obigen 1897er Ansichtskarte kann man den veränderten Schriftzug an der Fassade erkennen).
Und was sehen wir auf diesem Foto? Richtig! Die Laterne! Und zwar in einer Perspektive, die der auf der Zeichnung verdammt ähnlich ist, weshalb
man fast auf den Gedanken kommen könnte, dass genau dieses Foto eine der Vorlagen für die Zeichnungen war. Witzig in diesem Zusammenhang ist
auch, dass genau jene Strassenlaterne verschwand als die Gasbeleuchtung in Senftenberg eingeführt wurde...
Eine weitere Fotografie, die durchaus als Vorlage herangezogen worden sein könnte, ist das folgende Exemplar, welches ich leider nur in einer
vergleichsweise schlechten "Zeitungspapiervariante" anbieten kann...
Auf dem Foto ist die Laterne entweder aufgrund der Perspektive herausgerutscht oder wurde nachträglich künstlich entfernt. Letzteres kann
wegen der schlechten Qualität der Vorlage nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden.
Senftenberger Anzeiger (1937)
Was wir im Vergleich dieser Fotografie mit der entsprechenden Zeichnung der östlichen Marktseite sehen können: Entweder wurde das dritte Haus
von links (Oskar Blankenberg) nach der Zeichnung aufgestockt oder dem Zeichner ist ein Fehler unterlaufen. Bei der Stimmigkeit der
anderen Details tendiere ich fast zur ersten Version.
Um das Thema "Strassenlaterne" abzuschliessen, nachfolgend noch ein Foto aus dem Bestand des Museums, welches leider völlig zerstört ist (das Bild,
nicht das Museum ). Hier kommt jede Hilfe zu spät. Traurig wie in der Vergangenheit mit wahrscheinlich unwiederbringlichen
Artefakten umgegangen wurde... 
Zumindest können wir darauf die Laterne identifizieren.
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