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Die rechts abgebildete Ansichtskarte ist mit Am Amtsgericht in meinen Augen
ziemlich großzügig betitelt wenn es um die örtliche Zuordnung geht. Tatsächlich erhaschen wir
vom Gerichtsgebäude nur einen klitzekleinen Zipfel.
Stattdessen erhalten wir einen schönen Eindruck davon, wie stark Senftenberg vor 100 Jahren
durch Wasserläufe geprägt war. Noch offensichtlciher wird dies auf einem Stadtplan von 1910,
von dem ich nachfolgend nur den Bereich der Kernstadt präsentiere. Demnach (und ich hege keine
Zweifel an der Richtigkeit der Zeichnung) war nahezu der gesamte innerstädtische Bereich von
Wasser umgeben. Heutzutage überhaupt nicht mehr vorstellbar!
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Brück & Sohn, Meissen 21723 Aufnahme <= 1920 Digitale Sammlung Matthias Gleisner
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Daß diese Situation nicht ganz ungefährlich war, liegt auf der Hand. Kleinere und größere Unglücke waren nicht selten, wie man aus
der damaligen Lokalpresse entnehmen kann...
Senftenberg, 31.Oktober 1907. Ein unfreiwilliges Bad nahm
gestern abends ein angetrunkener Mann, der über die Storchelster-
Brücke am Muntel'schen Gehöft gehen, aber nicht recht treffen konnte.
Er sauste über das Geländer herab in das kühle Naß und Hilfe brüllend
fand ihn die Nachtpolizei bis am Halse im Wasser steckend. Er wurde
gelandet, nach der Wache gebracht und nach Anlegung trockener Sachen
zur eigenen Sicherheit in Gewahrsam genommen.
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Senftenberg, 16.April 1909. Gestern nachts badete ein stark
benebelter Mann in dem Graben nahe beim Feuerwehrdepot. Wider Willen
war er nach den nötigen Schwankungen dort hineingeraten und wurde dem
nassen Element durch herbeigekommene Nachtpolizei entrissen. Wenn ihm
dies Bad gesundheitlich nichts schadet, kann er sehr zufrieden sein.
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Senftenberg, 12.März 1910. Gestern nachmittags in der 2. Stunde
verunglückte beim Spielen der 2jährige Sohn des Töpfers Lehmann in der
Ringstraße hierselbst. Das Kind warf mit einigen Knaben Steine in den
in de Nähe vobeifließenden Graben und fiel dabei ins Wasser. Als die
herbeigerufene Mutter zu Hilfe eilte, konnte sie ihren Sohn nur noch
als Leiche bergen. Wahrscheinlich ist ein Herzschlag die Ursache des
Todes.
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Senftenberg, 14.April 1910. Gestern fiel das 2jährige Söhnchen
des Herrn Polizeisergeanten H. in den Stadtgraben und war bereits bewußtlos,
als es aufs Trockene gebracht und in die Wohnung der erschreckten Eltern
getragen wurde. Dem telephonisch berbeigerufenen Herrn Dr. Klomp gelang
es, das Kind wieder zum Leben zurückzubringen.
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Senftenberg, 11.August 1904. So schön es mitunter ist, am
rauschenden Wasser auf grüner Aue ein stärkendes Schläfchen zu machen,
so mußte doch gestern abend eine gleiche Stärkung suchender junger Mann
hierselbst in der Nähe der neuen Schule das Gegenteil erfahren. Er hatte
seine müden Glieder zu weit an die Böschung der vorbeirauschenden
Wolschinka gebettet und rollte bei einer kühnen Wendung, wahrscheinlich
von Träumen eingelullt, hinab in das kühlende Naß. Wassertriefend nahm
er seine Zuflucht zur Nachtwache und fand dort Aufnahme.
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Senftenberg, 10.Juli 1920. Einen Menschenauflauf verursachte
gestern nachmittags eine betrunkene Frauensperson, welche bedenklich
schwankenden Schrittes die Kreuz- und Ringstraße entlangsteuerte. Nachdem
sie in der Storchelster und im Hauptgraben zwei unfreiwillige Moorbäder
genommen hatte, wurde sie endlich von einem mitleidigenden Passanten, der
sich das Theater nicht mehr länger mit ansehen konnte, nach Hause gebracht.
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Von Senftenberger "Gotteshäusern" haben wir hier ja schon eine ganze Menge Abbildungen angesammelt. Allen voran natürlich die evangelische "Deutsche Kirche",
gefolgt von der Katholischen Kirche in ihren drei Inkarnationen. Auch die Wendische Kirche ist desöfteren (zumindest als Beigabe) auf Ansichtskarten vertreten.
Selbst die schöne Evangelisch-Altlutherische Kirche in Jüttendorf finden wir hier und da.
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Ein Gebäude mit religiösem Bezug nehmen wir aber erst heute in das Programm auf. Da ich
erst in den letzten Monaten meinen Zeitrahmen auf die Nachkriegszeit ausgedehnt habe, ist
es auch kein Wunder, daß die rechts stehende Abbildung erst jetzt kommt. Davon abgesehen
kenne ich auch keine weitere historische Aufnahme der Kapelle der Siebenten-Tags-Adventisten
in der heutigen Thälmann-, der früheren Augusta-Straße.
Der Bau selbst enstand binnen drei Monaten, zwischen August und Oktober 1950. In dieser Zeit
wurde eine ehemalige Scheune gegenüber des Alten Friedhofs in die Adventkapelle umgebaut. Am
21. Oktober 1950 erfolgte die feierliche Einweihung. Seitdem dient das Haus als Mittelpunkt der
kleinen Gemeinde.
Ob wir das Foto tatsächlich auf das bildseitig vermerkte 1950 festmachen können, ist etwas unsicher.
Praktisch könnte die Aufnahme auch später entstanden sein und mit der festgehaltenen Jahreszahl wollte
man weniger auf das Datum des Fotos als vielmehr auf das Entstehungsjahr der Adventkapelle hinweisen.
Da ich keine präziseren Informationen habe, belasse ich es bei = 1950.
Die Geschichte der kleinen religiösen Gruppe in Senftenberg begann jedoch nicht erst mit der Errichtung
dieser Kapelle. Vielmehr gibt es seit mehr als 100 Jahre eine Adventgemeinde in Senftenberg. Im Sommer
1914 fanden mehrere Vorträge in einem Zelt in der Laugkstraße statt, bei denen auswärtige Prediger
versuchten, die Senftenberger Bevölkerung für die Überzeugungen und Grundsätze dieser religiösen Bewegung
zu gewinnen.
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Emil Weissgärber Photograph Senftenberg N/L Aufnahme = 1950 Sammlung Matthias Gleisner (Schenkung R.Salow)
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Senftenberger Anzeiger (1914)
Im Gefolge dieser Vorträge erschienen im Senftenberger Anzeiger zwei Leserbriefe. Einer pro, der andere nicht so...
Senftenberg, 3.Juli (Eingesandt.) Ein interessanter und lehrreicher
Zeltvortrag fand gestern abends hier statt. In größter Runde und gespannter
Aufmerksamkeit lauschte das Publikum den markigen Bekenntnissen eines echten
Bibelgläubigen. Trotz der erfreulichen Errungenschaften der Wissenschaft könne
eine rein verstandesgemäße Beurteilung der irdischen Dinge doch nicht das Geheimnis
der Entstehung derselben lösen und wahre und befriedigende Erkenntnis geben, was
alle namhaften Gelehrten aufrichtig bekannt hätten. Der Glaube alleine eröffne
uns das, was dem Verstande unfaßbar ist; daher wären die tiefsten Denker und
größten Wohltäter der Menschheit auch Bibelgläubige gewesen. Aus den Beweisen des
Redners über die Göttlichkeit der Bibel seien hervorgehoben die Reinheit ihrer
Lehre, die Harmonie der Gegensätze (oder scheinbaren Widersprüche), die lebendige
Kraft und weite Ausbreitung derselben in etwa 500 Sprachen, besonders aber die
Prophezeihung und ihre Erfüllung, die an dem Judenvolke hervorgehoben wurden.
Die exakten Lichtbilder trugen viel zur Vertiefung und Belehrung des Gehörten bei.
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Senftenberg, 22.Juli (Eingesandt.) Es dürfte manchem Leser dienen, welche
Bewandtnis es hat mit der "Zeltmission". Diese Zeltmission geht aus von den Adventisten
oder auch Sabbatisten genannt. Es wäre angezeigt gewesen, daß sie bei ihren Versammlungsanzeigen
dies beigefügt hätten. Die Adventisten betonen in ihrer Lehre, daß man den Sabbat
halten müsse. Sie greifen aus dem Zusammenhang des Wortes Gottes ein Gebot heraus
und stellen dieses als Gesetz auf. Wir brauchen keinen Sabbat, wir haben den Sonntag.
Darum gilt: "Prüfet die Geister."
Senftenberger Anzeiger (1914)
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Bereits am 1.April 1915 ließen sich die ersten drei Menschen aus Senftenberg taufen. Gemeinsam mit anderen, die vorher zur Gemeinde in Cottbus gehörten,
gründeten sie noch an diesem Tage die "Adventgemeinde Senftenberg".
Anfangs versammelte man sich in Kleinkoschen. Bald darauf mietete die Gemeinde in der Senftenberger Bahnhofstraße 26 einen Raum für 30 Personen. In der
Zeit des 1. Weltkriegs und der Inflation erlebte die Gemeinde ein stetiges Wachstum: 1920 gab es bereits 52 Adventisten.
Am 28.11.1924 konnte in der Paulinenstraße 5 ein neuer Versammlungsraum eingeweiht werden, in welchem bis 1945 Gottesdienste abgehalten wurden. In den
letzten Tages des 2. Weltkrieges wurde das Gebäude jedoch durch Granatbeschuß zerstört. Daraufhin mussten sich die Senftenberger Adventisten in Gaststätten
oder Wohnungen versammeln. Diese Zeit ohne feste Heimstatt ging erst mit dem Bau der Adventkapelle in der Thälmann-Straße vorbei.
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