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Mit nebenstehendem Aufruf vom 23.Januar 1948 versuchte der Rat der Stadt Senftenberg
nun endlich Nägel mit Köpfen zu machen. Zu lange hatte die Idee von einem Stadtbad schon
vor sich hingedümpelt.
Knapp 9 Monate zuvor stand das Thema schon einmal auf der Tagesordnung:
... Durch Freigabe des Geländes (hinter dem Hotel Mingau) hat sich eine neue Situation bezüglich
des zu errichtenden Freibades ergeben. Dieses Gelände war bereits schon früher einmal als Idealgelände
zur Errichtung eines Bades vorgeschlagen worden. Der Magistrat brachte eine Vorlage ein, in der
zum Ausdruck kam, daß die Grundbesitzer dieser Angelegenheit ablehnend gegenüberstehen. Nach sachlicher
Aussprache wurde der Magistrat durch die Stadtverordneten beauftragt, nach sorgfältiger Prüfung der
Voraussetzungen möglichst umgehend mit den Besitzern des Geländes zu verhandeln, um evtl. auf dem
Wege des Austausches durch ein anderes Gelände diese Grundstücke für das Bad freizubekommen. Sollten
sich die Eigentümer weigern, müßte evtl. auf Grund des Wiederaufbaugesetzes eine Enteignung vorgenommen
werden.
Soweit der Senftenberger Anzeiger in der Berichterstattung zu einer Stadtverordnetenversammlung
vom 2.April 1947. Interessant hieran ist, daß der Plan zur Errichtung eines Freibades bereits seit längerem
bestand. So wie ich mir das zusammenreime, bereits seit dem Jahr 1937.
Auf einer Einwohnerfragestunde am 30.5.1947 konnte Bürgermeister Rutzen bekannt geben, daß das Stadtbad
auf dem vorgesehenen Gelände hinter dem Gasthaus Mingau nun doch erstellt werden kann und daß mit den Arbeiten
in Kürze begonnen wird, daß aber wegen Arbeitermangel die Fertigstellung nicht in diesem Jahr geschehen wird.
Offenbar fehlte es nicht nur an Arbeitskräften, sondern auch am notwendigen Material! Ein Zustand, der für die
nächsten 45 Jahre zur Regel werden sollte.
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Senftenberger Anzeiger (1948)
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Thüringer Volksverlag, Erfurt Liz.-Nr. 313 Best.-Nr. 5/67 V/11/28 - Zc 85 - 2,5 - 1151 Echte Fotografie Aufnahme <= 1953 Sammlung Erika Fischer
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ECHTE PHOTOGRAPHIE Bestell-Nr. 22 III/18/6 A 5210/53/DDR-2- Repro Color Aufnahme <= 1953 Sammlung Matthias Gleisner
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Thür. Volksverlag, Weimar Liz.-Nr. 313 Best.-Nr. St 1/505 V/11/28 - Zc 85 - 2,5 - 1251 Echte Fotografie Aufnahme <= 1953 Sammlung Matthias Gleisner
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Tatsächlich passierte bis zu jenem öffentlichen Aufruf, daß jeder Senftenberger doch bitte 2 bis 3 geputzte Mauersteine (wahrscheinlich zur Herstellung des Schwimmbeckens) vorbei bringen
möge, auf der Baustelle relativ wenig. Zumindest wenn man dies an öffentlichen Verlautbarungen im Senftenberger Anzeiger, der zu dieser Zeit lediglich ein A2-formatiges Aushangblatt
war, abliest. Es gab diesbezüglich nämlich keine!
Während einer Stadtverordnetensitzung am 1.März 1948, die mit einer öffentlichen Einwohnerversammlung im Gesellschaftshaus gekoppelt war, erstatte Bürgermeister Rutzen ausführlichen Bericht
über die bisher zur Errichtung des Stadtbades getätigten Arbeiten. Wenn von der gesamten Einwohnerschaft mit der nötigen Tatkraft und Initiative an die Aufgabe herangegangen wird, kann auch der
Erfolg nicht ausbleiben. Das Senftenberger Stadtoberhaupt ließ seinen vorwärtsweisenden Worten auch kurze Zeit später Taten folgen...
Senftenberger Anzeiger (26.03.1948)
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Im Mai 1948 gab der Rat der Stadt eine Werbeschrift mit Abbildungen der Lage und natürlichen
Darstellungen des im Bau befindlichen Bades heraus, um dieses Projekt der Bevölkerung vertraut
zu machen und zur Mitarbeit anzuregen. Die ständigen freiwillgen Arbeitseinsätze der letzten
Wochen beweisen, daß mit der Mitarbeit allmählich der Gedanke, eine Stätte der Erholung und
Gesundung des Körpers zu schaffen, zum festen Vorsatz wurde.
Rund 100 Schüler der Rathenau-Schule rückten an 2 Tagen zum Schippen an und bewiesen damit, daß
in ihren jungen Herzen eine gute Saat keimt. Auch die Senftenberger Bäcker ließen es sich nicht
nehmen, geschlossen eine Sonntagsschicht für das Bad einzulegen. Schwimmsportler, Berufsfeuerwehr,
Stadtverwaltung und SED reihten sich ebenfalls tatkräftig unter die aktiven Helfer.
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Auf das kurze "Hurra!" Mitte 1948 folgte dann nicht mehr so sehr viel. Zumindest was man an der öffentlichen Berichtserstattung hätte ablesen können. Ende April 1949
rief die Freie Deutsche Jugend zu einem Arbeitseinsatz an die Ruine Flemming (gegenüber der Post)... Die gewonnenen Steine werden für die Badeanstalt verwendet.
Mitte Mai 1949 initiierte der Rat der Stadt ein Preisauschreiben zur Namensfindung für das Projekt - das Bad und gleichzeitig die zu diesem führende neue Straße. Beides
wollte man im Zusammenhang mit der geplanten Einweihung der neuen Sport- und Erholungsstätte dann öffentlichkeitswirksam bekannt geben. Bis zum 15.Juni 1949 waren Einwohner,
Betriebe, Massenorganisationen und Parteien sowie Schulen und Sportgemeinschaften aufgefordert, jeweils Namensvorschläge für die Badeanstalt und für die Straße abzugeben.
Es winkten Preise im Gesamtwert von 475 DM. Gleichzeitig machte man Materialsorgen, Transportschwierigkeiten und Arbeitskräftemangel, die ständig vor der Türe standen
für die lange Verzögerung verantwortlich.
Wer dachte, daß mit dem Einsendeschluß des Preisauschreibens der Einweihungstermin des Bades irgendwie eng verknüpft wäre, sah sich bestätigt. Anfang Juli 1949 suchte man
zwar noch händeringend unter den Senftenberger Seefahrern jemanden, der die Möglichkeit hat, einen Rettungsring für unsere Badeanstalt zu beschaffen, aber gleichzeitig
fand am 2. Juli das Richtfest statt. Fast zwei Jahre nach dem Beginn der Arbeiten hatte man (und jetzt kommt's) den ersten Bauabschnitt abgeschlossen.
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Senftenberger Anzeiger (1949)
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Am 17.Juli 1949 erfolgte die offizielle Einweihung des Stadtbades, bzw. dessen was zu diesem Zeitpunkt vorhanden
und nutzbar war. Aufgrund des geplanten und durch Herrn Otto Bartel in sportlich guter Form ausgeführten Weihesprungs
kann man mit Sicherheit davon ausgehen, daß zumindest der Sprungturm existierte und auch das Schwimmbecken mit Wasser
gefüllt war.
Die damit eröffnete erste Badesaison im Senftenberger Freibad verlief mehr oder weniger provisorisch, fand aber bei
der Senftenberger Bevölkerung großen Anklang. Man sah sich wenige Tage nach Eröffnung gezwungen, die Besucher zur
Mäßigung zu rufen. Der Bademeister hatte wohl Schwierigkeiten die vielen Nutzer des Bades zu bändigen und scheinbar
nutzten einige ganz Ausgebuffte auch die Nachtstunden für ein erfrischendes Bad im neuerrichteten Schwimmbecken.
Bevor ich es vergesse. Da wären ja noch die drei Ansichtskarten! Alle drei zeigen die Badeanstalt nach der vollständigen
Fertigstellung. Die beiden äußeren Exemplare machen für mein Dafürhalten wenig Lust, einen Besuch der Sportstätte
in Erwägung zu ziehen. Beide Exemplare sind eine gute Erklärung dafür, daß mich Nachkriegsproduktionen in ästhetischer
Sicht eher abstossen als anziehen. Die Dinger sind wirklich schlecht!
Die zeitliche Bestimmung der Aufnahmen ist nicht ganz so einfach, ich glaube jedoch, daß alle drei zwischen 1951 und 1953
entstanden sein müssen.
Ich selbst habe so gut wie keine Erinnerungen an das Freibad. Erstens war ich als Kind mehr Brieske-zentriert. Da hatten
wir sogar eine Rutsche! Und als es bei mir mit den Badeausflügen los ging, da existierte bereits der Senftenberger See
als kostenlose und bessere Alternative.
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