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20.10.2024
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So sah er also aus... der Arbeitsplatz eines Senftenberger Heimatforschers in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts.
Zwei Werkzeuge, die derjenige, der an diesem Sekretär zwischen 1976 und 1987 eine Chronik von Senftenberg erschuf, fehlen auf dem Foto... die Schreibmaschine und ein Fotoapparat. Und auch die Buchtitel, die man entziffern kann, haben nur in den allerwenigsten Fällen einen Senftenberg-Bezug. Und doch gelang es Hans Lange (1920 - 2002) irgendwie eine 24-Bändige Materialsammlung zu erschaffen, deren Existenz zumindest mir bis vor einem Jahr völlig unbekannt war. Und damit bin ich sicher nicht allein.
Eine glückliche Fügung brachte mich im vergangenen Jahr in den zeitweiligen Besitz jener 24 Bände sowie Begleitmaterial wie Abschriften, Fotos, Negative und dergleichen, die zur Erstellung des Gesamtwerkes verwendet oder eben übrig geblieben waren. Das gesamte Konvolut gibt einen faszinierenden Einblick in die heimatforscherische Tätigkeit wie sie hierzulande vor 45 Jahren betrieben wurde. Und lässt doch viele Fragen offen... Wer war Hans Lange? Ist das oben überhaupt sein Arbeitsplatz, sein Konterfei? Wie gelang es ihm zu DDR-Zeiten an die Originaldokumente zu gelangen? Waren diese, wie ich bislang annahm, überhaupt "Verschlußsachen"? Warum ist seine Person trotz der immensen durch ihn geleisteten Arbeit eine große Unbekannte in der doch recht überschaulichen Gruppe der Senftenberger Heimatforscher? Einiges kann man vermuten, manches rekonstruieren. Gesicherte Erkenntnisse liegen mir jedoch nicht vor und deshalb sollte alles was ich hierzu ausführe mit einer gesunden Portion Vorsicht konsumiert werden. Ich bemühe mich natürlich, so wenig Unsinn wie möglich zu schreiben.
Allein zu den Motiven Hans Langes können wir aus dem Nachwort zu Band 1 etwas ableiten...

Kommen wir nach einen anderen Ort, sei es nur für kurze Zeit oder wird er sogar zur neuen Heimat, einmal frägt man doch nach dessen geschichtlichen Vergangenheit. Als Fremder nach Senftenberg gekommen, wurde ich durch seine historischen Bauwerke sowohl als auch aus Zuneigung zur Heimatgeschichte dazu angeregt, über den zeitlichen Ablauf der Geschehnisse der kleinen Stadt etwas zu erfahren. Wer könnte da so uninteressiert an das alte Schloß mit seinem Wall, sagenhaften unterirdischen Gang und zugeschütteten Kasematten vorübergehen? Oder wer frägt nicht etwa danach, wann die Kirche erbaut sein mag, dessen hohes Alter man den Bau mit seinem zerstörten Turm sofort ansieht?
Das in den 1950er Jahren gut und an Objekten reichhaltig ausgestattete Museum der Stadt gibt nun über Geschichte und Kultur der engeren Heimat die beste Übersicht und auch auf speziellem Gebiet, wie Geologie, Bergbau, Handwerk usw. kann sich der Interessent informieren. Für denjenigen, der tiefer in die Stadtgeschichte eindringen möchte wird aber gezwungen sein, zur Literatur zu greifen. Wir mußten feststellen, inzwischen hatte sich ein Partner gleicher Interesse gefunden, daß ortsgeschichtliche Bücher und Schriften nach dem 2. Weltkrieg schwer zugänglich sind. Auf der Suche nach der Paulitz'schen Chronik hatten wir Erfolg, doch groß war das Bedauern als wir diese nach allzu kurzer Zeit wieder hergeben mußten. Diesen Umstand zufolge entstand vorwiegend der Gedanke, eine neue und kürzere Stadtgeschichte zu verfassen.
Der Heimatfreund, der mit der betreffenden Literatur vertraut ist, weiß, daß sich zwei Geschichtsforscher um die Lokalgeschichte Senftenbergs verdient gemacht haben, Oberlehrer Paulitz und Studienrat Dr. R. Lehmann, letzterer noch für die Niederlausitz. Paulitz verausgabte seine Chronik detailiert in Hefte, dessen Herausgabe sich über drei Jahrzehnte hinaus verteilte. Daher sei bemerkt, daß sich viele Fakten wiederholen. Beim kontinuierlichen Lesen wirkt dieses pedantisch. Man kritisierte Paulitz, seine Chronik wäre mit Vorsicht zu gebrauchen, auch gibt er keine Quellen an. Aber wer Dr. R. Lehmann seine geschichtlichen Beiträge über Senftenberg liest, merkt, daß Paulitz größtenteils dieselben Quellen benutzte wie R. Lehmann. Doch was Paulitz zu seinem Werk zusammentrug war beachtenswert was ihm niemand absprach. Die meisten Quellen denen beide Geschichtsforscher zur Verfügung standen, sind heute nicht mehr vorhanden; denken wir z.B. an das Ratsarchiv von Senftenberg, Geheime Staatsarchiv Berlin-Dahlem, Landesarchiv Lübben u.a.
Demjenigen Leser, der den ersten Teil der vorliegenden Chronik durchgegangen ist, wird aufgefallen sein, daß man darin als konzentrierten Extrakt - um den Ausdruck des Chemikers zu gebrauchen - den geschichtlichen Teil wieder geboten bekommt. Alles umschweifende, ja fast romantische Rankenwerk wurde der Kürze halber weggelassen. So ergibt es sich, daß ausser den Schloßbesitzern, darunter der herausragende Hans v. Polenz, und die Kriegsereignisse, garnicht viel von dem kleinen Landstädtchen zu berichten gäbe. Es ist daher kein Wunder wenn moderne Chronisten sich kurz fassen und es zu einer Broschur-Chronik von ca. 30 - 40 Seiten bringen.
Nachdem bisher Dargestellten erübrigt es sich für den ersten Band ein Quellennachweis anzuführen, lediglich ein Bildnachweis wäre erforderlich, der anschließend folgt.
Im Anschluß des ersten Bandes sind Arbeiten über Geschichte von verschiedenen Forschern und Autoren, sowie Berichte aus wissenschaftlichen Veröffentlichungen angegliedert. Dieser Teil möge als willkommene Ergänzung dienen.

H.L.

Die Schwächen in Grammatik und Ausdruck zeigen, daß der Autor kein "Profi" sondern eher ein Laie auf diesem Gebiet war. Alles in allem halten sich die persönlichen Formulierungen Langes innerhalb des Gesamtwerkes aber in Grenzen.

Mit dem "Partner gleichen Interesses" spielte Hans Lange sicher auf die Person Willi Kurz an. Dieser, ebenfalls ein Senftenberger, wurde in den ersten drei Bänden der Chronik auf deren Deckblatt als Co-Autor geführt. Wie die interne Arbeitsteilung aussah und was nach dem dritten Band geschah, darüber gibt es keine Informationen.

Den Verweis auf eine "Broschur-Chronik von ca. 30 - 40 Seiten" könnte man in Richtung der Publikation anlässlich "700 Jahre Senftenberg" interpretieren. Diese gut 30-Seiten lange Veröffentlichung erschien aber erst 1979, also 3 Jahre nach der Zusammenstellung dieses ersten Bandes. Möglich, daß Langes Nachwort erst später eingefügt wurde.
Was uns zum Faktenteil des Ganzen bringt...

Die ersten 9 Bände liegen gebunden vor. In braunen Kunstledereinbänden wie in der Grafik oben zu sehen. Die restlichen 15 Bände nur noch in solchen strammen Klemmheftern, die man noch aus DDR-Zeiten kennt.
Die Seitenzahl jedes Bandes schwankt zwischen 150 und 200 Seiten. Beidseitig beschrieben also gut 100 Blatt im DIN A4-Format.
Grundsätzlich mit Hilfe einer Schreibmaschine erstellt, legte Lange großen Wert auf die Gesamtgestaltung seines Werkes. So stellte er beispielsweise vielfach dem Einzelband eine ein- bzw. mehrfarbige Zeichnung voran...

Auch im Inhalt findet sich hin- und wieder eine Zeichnung von ihm. Darüber hinaus war es Lange ein Anliegen, wo immer es passte und die Ressourcen es hergaben, den Text mit Hilfe von Fotos aufzuwerten. Wahrscheinlich betrauerte auch er das bis dato vorherrschende Fehlen von illustrierter Senftenberg-Historie.

Dabei kamen grundsätzlich zwei Verfahren zum Einsatz.
1. die Verwendung von (zum damaligen Zeitpunkt) halbwegs aktuellen Fotografien, angefertigt durch Lange selbst.

2. abfotografierte Fotos, Ansichtskarten, Buch- oder Zeitungsillustrationen bis hin zu vollständig abfotografierten Zeitungsseiten.

In einigen wenigen Fällen offenbar auch Abzüge von historischen Negativen. Zumindest kann ich in manchen Fällen keinen Hinweis finden, daß die jeweilige Vorlage ein Papierfoto war.

Links werden die beiden Basis-Verfahren veranschaulicht. Oben ein zeitgenössischer Fotoabzug (Tunnelschänke) und unten eine reproduzierte historische Ansichtskarte (Schützenhaus).

Man muß hinzufügen, daß diese Arbeitsweise so ziemlich die einzige war, die ein Laie ohne Beziehungen zu westlicher Reproduktionstechnik damals in der DDR verfolgen konnte. Das ORMIG-Verfahren, mit dem man eine größere Anzahl von Kopien anfertigen konnte, taugte maximal für Schreibmaschinentexte. Thermokopien, die jedoch relativ schnell verblassten, kamen erst Ende der 80er Jahre auf. Beides war für die Reproduktionen von Fotomaterial völlig ungeeignet.

Was mich automatisch zu der Frage führt, ob das vorliegende Exemplar ein Unikat ist oder ob es Kopien davon gab oder gibt. Ich behaupte, es ist die einzige Ausgabe, die je existierte. Ich kann keine Anhaltspunkte finden, die nahelegen, daß mittels Kohlepapier weitere "Durchschläge" angefertigt wurden. Wäre das bei beidseitigem Beschreiben überhaupt möglich gewesen? Und ich möchte mir auch nicht vorstellen, daß Lange oder jemand anders die Texte mehrfach abtippte.
Deshalb gehe ich davon aus, daß mir das einzige Exemplar vorlag welches ich zu Dokumentationszwecken abfotografierte. Möglicherweise ist eine derartige Exklusivität auch der Schlüssel dafür, warum diese Arbeit allgemein unbekannt war. Mit einer Ausnahme... (Fortsetzung folgt)

Wie oben geschrieben... eine überaus glückliche Fügung spülte mir vor ca. einem Jahr nicht nur die 24 Bände von Langes Senftenberg-Chronik in die gute Stube sondern auch noch eine größeres Konvolut an "Arbeitsmaterialen" des Autors. Dabei handelt es sich zum größten Teil um Negativfilme für deren Digitalisierung ich mir sogar noch Alt-Technik auf dem Gebrauchtgerätemarkt besorgen musste. Auf besagten Negativen findet man eine ganze Reihe von Ansichten aus Senftenberg und Umgebung, die Hans Lange in den 70ern und 80er knipste. Leider sind einige leicht verwackelt, so daß ich sie eigentlich nicht so wirklich hier einsetzen kann. Schade! Wertvoll im Sinne der Heimatgeschichte sind sie dennoch. Was darüber hinaus noch frustrierend ist? Auf einigen der S/W-Filme findet man abgelichtete Fotos (ich wies oben schon darauf hin), die zum Teil Ansichten zeigen, die ich gerne in Form der Originale in die Hände bekommen würde und die Hans Lange damals offensichtlich vorlagen. Unbekanntes Material aber auch ein, zwei Sachen, deren Auftauchen auf meiner Türschwelle ich schon seit Jahren herbeisehne.

In den meisten Fällen genügen diese 2.Generation-Reproduktionen nicht meinen Qualitätstandards. Hin und wieder jedoch sind die Aufnahmen aber auch nicht soooo schlecht, manchmal sogar von höherer Qualität als das was man auf kommerziellen Ansichtskarten findet. Und letztere bilden ja grundsätzlich meine Basis.

Beispiel hierfür ist die Aufnahme rechts. Das Motiv selbst ist nicht sonderlich spektakulär steht qualitativ aber auch Ansichtskarten wie der folgenden nicht groß nach, bei der einiges schief gegangen ist...

Senftenberg
TRINKS-POSTKARTE
G.R. Ziethe, Papierhdlg.,
Senftenberg N.-L.
Ges. gesch.
ECHTE PHOTOGRAPHIE
11.
Aufnahme <= 1914
Sammlung Matthias Gleisner
Senftenberg Senftenberg
Senftenberg
Aufnahme <= 1924
Sammlung Uwe Jähnert
Wenn wir in den Verlagsangaben den Begriff "Echte Photographie" lesen, sollten wir eigentlich davon ausgehen, daß wir damit die bestmögliche Bildqualität erhalten. Dem ist in diesem Fall nicht so. Unerklärlich, daß diese im unteren Bereich "verunschärfte" Ansichtskarte überhaupt in Umlauf gebracht wurde. Da ziehe ich die colorierte Fassung vor, die überdies weniger manipuliert ist. Die 3 Frauenpersonen wurden eher aus der Fotografie expediert als das sie in die colorierte Fassung hineingemogelt wurden.

Bei der Beschäftigung mit dieser Ansichtskarte fiel mir die extreme Nähe zu einem anderen Motiv auf, von dem ich heute gleich zwei neue Varianten vorstelle. Dabei handelt es sich um Produktionen des selben Verlegers, die sich lediglich darin unterscheiden, daß sie einmal zweifarbig und einmal coloriert daherkommt.

Senftenberg
29567
Verlag Paul Kaiser, Senftenberg,
Kreuzstr. 30
Aufnahme <= 1914
Sammlung Matthias Gleisner
Beides haben wir schon gesehen. Insofern nicht wirklich neu.

Senftenberg Senftenberg

Bei der Kunstfertigkeit der damaligen Ansichtskartenproduzenten läge es durchaus im Bereich des möglichen, daß wir es tatsächlich mit ein und demselben Grundmotiv zu tun haben. Wir finden unglaublich viele Übereinstimmungen in den Details. Unterschiede erkennen wir bei den Personen, dem Auto vor der Apotheke, dem Fahrrad.

Senftenberg
29567
Verlag Paul Kaiser, Senftenberg,
Kreuzstr. 30
Aufnahme <= 1914
Sammlung Matthias Gleisner
All das, wie auch das wundersame Öffnen oder Schließen von Fenstern und Jalousien, haben wir schon gesehen. Nur um am Ende festzustellen, daß die Differenzen künstlich erzeugt wurden. Aber hätten sie auch an die Zeit auf der Uhr der Deutschen Kirche gedacht? Möglich wäre es, daß wiederum künstlich "an der Uhr gedreht" wurde, doch ich gehe weiterhin davon aus, daß wir es mit zwei unterschiedlichen Aufnahmen zu tun haben. Diese wurden vielleicht sogar am selben Tag gemacht. Aber eben mit gut einer Stunde Differenz.