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Postkarten-Versandhaus Otto Rechnitz, Cottbus. Aufnahme <= 1901 Sammlung Ekkehard Kandler
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Postkarten-Versandhaus Otto Rechnitz, Cottbus. Aufahme <= 1902 Sammlung Matthias Gleisner
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Postkartenversandhaus Otto Rechnitz, Cottbus Aufnahme <= 1902 Sammlung Matthias Gleisner
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Den Anfang machen drei Produktionen des Postkartenversandhauses Otto Rechnitz. In der Regel verbinden wir mit diesem Hersteller Designs
wie das rechte Exemplar. Mit Jugendstilelementen verziert und leider zumeist als Mehrbildkarte, was das einzelne Teilmotiv in seinen Abmessungen
stark einschränkt. Der Cottbuser Kaufmann, der übrigens nicht nur in Postkarten machte, sondern allerlei Schreib- und Haushaltwaren anbot, konnte
aber auch einfacher. Wie man auf den beiden anderen Stücken sehen kann, passte sich Rechnitz an die veränderten Geschmäcker und Kundenwünsche an.
Einem zeitgenössischen Katalog seiner Firma konnte ich interessante Informationen entnehmen.
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Leider ist das Faksimile etwas unscharf, dennoch erkennt man, dass
Lichtdruck-Postkarten (beispielhaft kam hier eine ähnliche
Gestaltung, jedoch mit Cottbuser Motiven zur Anwendung) in garantiert
tadelloser Ausführung. Mit allen Ansichten nach eingehenden Photographien
per Tausend 18 Mk. für Wiederverkäufer kosteten. Das Stück
also 1,8 Pfennig. Im Einzelhandel bezahlte der Privatmann damals vielleicht
5 Pfennig pro Ansichtskarte.
Und heute? Heute blättert man, insofern man verrückt genug ist wie ich, 30
Euro und mehr für ein solches Exemplar hin. Das Sechshundertfache! Und da setze ich
nur Pfennige von 1900 zu Euro von 2015 ins Verhältnis. Nicht auszudenken,
wenn ich jetzt noch umrechnen würde...
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Doch zurück zu den eigentlichen Ansichtskarten. Das linke Motiv ist ein Klassiker, den wir bereits mehrfach bewundern durften. Unter anderem auch in einer Rechnitz-Jugendstil-Ausführung.
Die mittlere Mehrbildkarte haben wir zwar so noch nicht gesehen, die einzelnen Motive jedoch sind nicht neu. Sie wurden alle bereits auf verschiedenen anderen Produktionen
verewigt. Das interessanteste Stück ist in der Tat das rechte Exemplar. Das Einzelmotiv rechts oben ist natürlich ein alter Hut und sollte allerspätestens durch die
Ansichtskarte in der Mitte bekannt sein. Die Ansicht der südöstlichen Marktecke kennen wir bereits von einer sehr frühen Ansichtkarte (<= 1897). Die dritte Teilabbildung
ragt besonders heraus. Erstens ist sie komplett neu und zweitens handelt es sich hier um eine der seltenen Gelegenheiten, das Senftenberger Krankenhaus in einem vergleichsweise
frühen Stadium zu sehen. Zudem bildet diese Abbildung auch die Überleitung zum Thema der Woche...
In diesem Jahr steht ein rundes Jubiläum ins Senftenberger Krankenhaus: Genau am 3. November jährt sich der Tag der Inbetriebnahme nunmehr zum 125. Mal. Der Senftenberger
Anzeiger veröffentlichte zu diesem Ereignis einen ausführlichen Bericht, den ich wegen seiner Details den Bau betreffend gerne nachfolgend in grossen Teilen wiedergeben möchte.
... Die in Senftenberg und Umgebung seit 1870 sich
schnell entfaltende Industrie hatte bereits seit
Jahren den Wunsch nach einem Krankenhause in der
Stadt rege werden lassen. Es wurde denn auch, um
diesem Bedürfnisse abzuhelfen, schon im Jahre 1882
von einem Theile der auf das Wohl ihrer Leute bedachten
Werke im städtischen Armenhause ein Asyl eingerichtet,
in welchem 5 bis 6 Kranke zur Noth Aufnahme finden
konnten.
Indessen genügte dasselbe schon längst nicht mehr
den Ansprüchen, die an eine solche Anstalt bezüglich
der Einrichtung und des Umfanges gestellt werden
mußten.
In dieser Erkenntniß erließ am 26.April 1888 ein
aus den Herren Blankenberg, Gutmann, Hintersatz,
Kulka, Dr.Malin, Möbius, Quaßnigk, Rudolph, Dr.Sehling
und Sprengell bestehendes Comitee einen Aufruf zur
Bildung eines neuen Krankenhauses. Am 2.Mai fand infolge
dessen unter dem Vorsitz des Bürgermstr. Herrn M.
Blankenberg eine Versammlung statt, in welcher der
Beschluß gefaßt wurde, der Förderung des Baues und
der Beschaffung der nöthigen Mittel ernstlich näher
zu treten.
Nachdem in einer neuen Versammlung vom 13. Juli 1888
eine für den Anfang genügende erste finanzielle
Grundlage gesichert worden war (es wurden damals
seitens der Stadt Senftenberg ein Grundstück von
2 Morgen und 3.000 Mark, von der Knappschaft 15.000
Mark und von den Werken zusätzlich etwa 5.000 Mark
fest zugesichert), wurde das Statut angenommen und
ein Bauausschuß gewählt, welcher aus den Herren F.L.
Strack, M.Blankenberg und G.Bernsdorf bestand.
(Letzter schied Mitte dieses Jahres aus und trat
dann Herr H.Reschke an seine Stelle.)
Ueber der Beschaffung weiterer Mittel und der
Feststellung der Baupläne vergingen noch etwa 3
Monate. Dank der Unterstützung der Kgl. Regierung,
welche dem Comitee auf seine Bitte eine bewährte
Kraft in der Person des Herrn Reg.-Baumstr. Arens
zur Verfügung stellte, konnte am 12.October 1888
der Bau begonnen werden. Der leitende Architekt
förderte den Bau trotz schwierigster Verhältnisse
(strenger Winter und langer Nachwinter, Mangel an
Arbeitern etc.) in hervorragend umsichtiger und
energischer Weise dergestalt, daß das Haus am 16.
Juni 1889 gerichtet werden konnte.
Die bislang früheste bildliche Darstellung
des Senftenberger Krankenhauses stammt aus dem
Jahr 1890 und wurde von Camillo Ehregott Zschille
gezeichnet
Als er Mitte Dezember 1889 von der Kgl.Regierung
abberufen wurde, war es zwar im Großen und Ganzen
vollendet, indessen wurde es erst Anfangs April
1890 ganz fertig, da die Winterwitterung den
letzten Arbeiten wenig günstig war.
Zur Beschaffung der Mittel für die innere Einrichtung
bildete sich am 11.September 1889 ein Damencomitee
unter dem Vorsitz von Frau F.Strack, Frau Cl.Wolff
und Frau Hintersatz. Dasselbe begann alsbald seine
Thätigkeit mit Eifer und glücklichem Erfolge. Den Damen
der Stadt und Umgegend ist zu danken: die Beschaffung
und Herstellung der ganzen Wäsche, die Einrichtung der
Küche, der Wirthschaftsräume, der Diaconissinenstuben,
der Möbel für die Zimmer 1. und 2. Klasse und noch
anderweite werthvolle Zuwendungen.
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Senftenberger Anzeiger (1889)
Durch die gütige Vermittelung des Herrn Landrathes
gelang es, im Herbst das trefflich geleitete und
hochgeschätzte Elisabeth-Diaconissinnenhaus zu Berlin
zum Versprechen der eventuellen Uebernahme der
Verwaltung unserer Anstalt zu bewegen. Am 18.September
d.J. wurde das Haus von der Oberin Gräfin Arnim und dem
Anstaltsgeistlichen Herrn Pastor Kuhlo besichtigt und
für gut befunden, worauf am 5.October der Vertragsabschluß
mit dem Mutterhause stattfand.
Es wurde die Hersendung von zunächst zwei Diaconissinnen
behufs Uebernahme der Krankenpflege und der wirthschaftlichen
Verwaltung vereinbart. In der Zeit vom 25.September bis
20.October wurden einige Umbauten vorgenommen, welche nach
den bewährten Erfahrungen den Diaconissinnen auf deren
Rath für nöthig erkannt wurden. Die Aufstellung der inneren
Einrichtung, welche zahlreiche, fleißige und liebenswürdige
Damenhände aus allen Ständen in monatelanger opferfreudiger
Arbeit beschafft hatten, erfolgte in dem kurzen Zeitraum
von 8 Tagen.
Die Zeichnung stammt von der frühesten Ansichtskarte
mit Senftenberger Motiven, die ich bisher nachweisen
konnte. Diese wurde im Jahre 1893 produziert.
Die eigentlichen Hausbaukosten betragen ca. Mk. 62,700 und
einschließlich ca. Mk. 5900 allgemeiner Baukosten Mk. 68,600,
wozu noch erhebliche geschenksweise Zuwendungen von Materialien
kommen. Für die innere Einrichtung (einschließlich Oefen,
Badeeinrichtung etc. verausgabte das Baucomitee selbst Mk. 8740,
das Damencomitee gesammelte baare Mk. 3100. Seine Gesammtbeihilfe
beziffert sich unter Zurechnung des Werthes vieler geschenkter
Gegenstände (deren Zahl sich noch immer erfreulich mehrt) und
der Näharbeiten auf reichlich Mk. 4000.
Mit besonderem Erfolge war Frau Cl.Wolff thätig gewesen, welche
allein über Mk. 1000 baar gesammelt hatte. Für Verwaltungskosten
(Zinsen, Porti, Heizung, Reinigung, Hauswart etc.) liefen bis
zur Eröffnung ca. Mk. 1200 auf. An Beiträgen zeichneten: die
Knappschaft Mk. 15,000, die Werke Mk. 18.801, Private Mk. 3731,65,
die Stadt Mk. 3000 (und den Bauplatz) und der Kreis Calau Mk. 3000.
Die sonstigen Einnahmen betrugen Mk. 295,85, in Summa Mk. 43,328,50.
Außerdem gingen zahlreiche Geschenke an Materialien und
Einrichtungsgegenständen ein. Mk. 20,000 wurden gegen Hypothek von
der Sparkasse, Mk. 10,000 ebenso von dem Knappschafts-Verein
aufgenommen.
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Durch eine noch ferner aufzunehmende Grundschuld von Mk. 5000
sind noch Mk. 3000 schwebende Schulden zu tilgen, sodaß ein
Betriebsfonds von Mk. 2000 verbleibt. Seitens des Kreises Calau
wurden Mk. 3000 jährlich zu den laufenden Betriebskosten bewilligt;
fernere Mk. 1320 jährlicher Einnahme haben die Werke garantirt,
sodaß der Vorstand die Anstalt als finanziell zur Noth gesichert
ansehen dürfe. Trotz alledem werde das Haus noch vielen warmen,
opferwilligen Interesses und vieler freundlicher Herzen und Hände
bedürfen, um allen Ansprüchen genügen und seinen vollen Segen
entfalten zu können.
Herr Oberpf. Hintersatz hat die geistliche Anstaltspflege übernommen.
Herr San.-Rath Dr. Malin, dem die ärztliche Oberleitung der Anstalt
übertragen wurde, sicherte die unentgeldliche Behandlung der
Schwestern und des Anstaltspersonals zu. Herr Apotheker Möbius
will die Medikamente für ebendieselben unentgeldlich, für sonstige
Fälle mit erheblichem Rabatt liefern. Herr Schornsteinfegermeister
Enghusen hat sich zur unentgeldlichen Reinigung der Schornsteine
erboten.
...
(Das Krankenhaus) hat ein hohes Souterrain, in welchem sich die
Wohnungen des Wärters und der Dienstboten sowie sämmtliche
Wirthschaftsräume befinden. (Letztere würden auch für den Fall
einer Vergrößerung noch ausreichen.) Im Parterregeschoß liegen die
Diaconissinnen-Wohnungen, die Warte-, Aufnahme-, Operations- etc.
Säle, eine Zelle für Deliranten und die Krankenstuben für Frauen
und Kinder (5 Betten), sowie ein abgesonderter Raum für mit
ansteckenden Krankheiten behaftete Pfleglinge (4 Betten). Im 2.Stock
befinden sich die 7 Säle und Zimmer der Männerabtheilung, von
denen 2 für solche wohlhabendere Kranke bestimmt sind, welche eine
besondere höhere Vergütung zahlen wollen. In ihnen können im Ganzen
27 Kranke untergebracht werden. Von den 36-40 Krankenbetten, welche
im Hause bei voller Belegung Platz finden können, sind zur Zeit 31
beschafft - einschließlich der 3 aus dem alten Krankenhaus
überwiesenen. Ein in unmittelbarer Nähe des Krankenhauses stehendes
geräumiges Nebengebäude enthält eine Todtenkammer, eine Obductionsstube,
einen Eiskeller sowie Räume für den Desinfectionsapparat und
eine Remise. Die Gebäude, welche aus den trefflichen Verblendsteinen
der "Ilse" errichtet sind, einen würdigen, soliden Eindruck
machen, sind von einem freundlichen, großen eingefriedigten Garten
umgeben.
vor 1906
In der Chronik (siehe weiter unten) wird nach 1906
für das Foto angegeben, wobei man sich offenbar auf den Anbau
von 1906 bezieht. Erstens ist der Anbau rechts (noch)
nicht sichtbar, was aber auch am gewählten Bildausschnitt liegen
könnte. Zweitens wurde im Zuge dessen die Dachkonstruktion
angepasst. Letzteres ist auf dem Foto nicht der Fall.
Nachtrag: Mittlerweile habe ich eine weitere Version dieser
Abbildung gefunden, die eindeutig zeigt, dass es sich in der
Tat um die Zeit vor 1906 handeln muss. Möglicherweise sah
man sich bei der Zusammenstellung der Chronik in Ermangelung anderer
historischer Aufnahmen gezwungen, ein bisschen zu "schummeln".
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Verlag Br. Pulczynski, Galanterie- und Spielwaren. 18190 G.g. 1918 Aufnahme <= 1911 Sammlung Fred Förster
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Erich Krause, Papierhdlg., Senftenberg, N.-L. Ges. gesch. Nr.39 Bromid Aufnahme <= 1936 Sammlung Norbert Jurk
Echte Photographie Trinks & Co. Leipzig O27 III / 18 / 20 / Za 1008 1 851 Bestell-Nr.14 Teco Aufnahme <= 1936 Sammlung Erika Fischer
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Verlag Robert Lehmann, Senftenberg 452 Aufnahme <= 1930 Sammlung Norbert Jurk
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Während der Tenor im letzten Absatz des obigen Textes eher in Richtung der Möglichkeit einer vollen Belegung geht, meldete der Senftenberger Anzeiger am 17.Dezember 1890
schon "Land unter":
Obwohl das hiesige neue Krankenhaus erst seit knapp 6 Wochen im Betriebe ist, steigt die Belegung desselben in so schnellem Maaße, daß die vorhandenen 27 Krankenbetten 3. Klasse
nicht mehr ausreichen.
Zusätzliche Betten wurden beschafft und um diese unterbringen zu können, erfolgten sukzessive und über viele Jahre hinweg immer wieder Erweiterungen und Anbauten. 1893 wurde ein
Giebel des nördlichen Seitenflügels ausgebaut. 1906 Anbau eines grossen Seitenflügels. 1920 erfolgt der Bau eines weiteren Seitenflügels und in den Jahren 1922-24 begann die Zeit des
grossen, für viele Jahre das Bild des Krankenhauses prägenden, Anbaus. Diesen können wir ganz gut auf den mittleren und der rechten Ansichtskarte erkennen. Die identischen Motive
in der Mitte sind übrigens ein erneuter Beweis dafür, dass selbst zu DDR-Zeiten noch vergleichsweise alte Ansichten Verwendung fanden. Die Aufnahme die in den 1930er Jahren erstmals
auf einer Ansichtskarte erschien, wurde ca. 1951 wieder, oder besser: immer noch, verwendet.
Das Motiv links kommt heute in der dritten Inkarnation. Wir können hier am hinteren Ende des Hauses einen der besagten Seitenflügel-Anbauten ausmachen. Hierbei dürfte es sich um die 1906
errichtete Erweiterung handeln. Dabei wurde die Dachkonstruktion im Übergang angepasst... etwas was ich auf dem Foto (siehe weiter oben), welches laut Chronik nach 1906 entstanden
sein soll, nicht ausmachen kann. Deshalb meine Zweifel an der Richtigkeit der Aussage.
Mehrfach viel das Wort "Chronik". Zum 100-jährigen Bestehen des Senftenberger Krankenhauses erschien 1990 eine 100-seitiges Buch, in welchem die Geschichte der Einrichtung in Wort
und Bild vom Anfang bis zum Wendejahr 1989 nachgezeichnet wird. Federführend zusammengestellt wurde die Veröffentlichung von MR Dr. med. Bleisch.
Einband des Buches
Ich würde jetzt keine Wette darauf abgeben, dass man sich für den 125.Jahrestag etwas Vergleichbares auf die Agenda gesetzt hat. Die stark verbesserten technischen Möglichkeiten im
Grafikbereich, neu aufgetauchte Dokumente, korrekturbedürftige Informationen und nicht zuletzt die Weiterführung der Geschichte des Hauses bis zum heutigen Tag schreien aber förmlich danach.
Dann müsste man sich aber auch langsam sputen!
Mit einem Bild aus dieser Chronik sende ich abschliessend einen Gruss nach Schwarzheide.
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