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Senftenberger Anzeiger (1931)
Senftenberg, 13. Aug.

Von den schönen Künsten, die auf eine Jahrtausende alte Tradition zurückblicken, gehört die Baukunst zu denen, die im Laufe der Zeit in ihrem äußeren und inneren Ausdruck am stärksten dem Wechsel unterworfen war. Das gilt nicht nur für den Sakralbau (Tempel und Kirchen), sondern auch für den Profanbau (Paläste, Schlösser, Burgen, Rathäuser, Schulen, Bahnhöfe, Industriebau, Wohnhäuser, Siedlungen usw.). Die früher als fundamental geltenden Grundgesetze sind vielfach verändert worden. Der Aufgabenkreis des Bauwerks, bestimmt in erster Linie durch eine Form, den Baustoff, die Bauart, das Baugefüge, ist wesentlich größer geworden. Besonders die jüngste Zeit, das erste Jahrzehnt unsres zwanzigsten Jahrhunderts, und dann die Nachkriegszeit, ließ eine neue Baugesinnung entstehen, die auf Sachlichkeit, Konstruktion, Materialbehandlung und Baugestaltung sich gründet und alles überflüssige Schmuckwerk in Wegfall kommen ließ. Wichtige Etappen in der Geschichte dieser neuen Baugesinnung sind die Arbeiten von Peter Behrens, M. Dülfer, Lossow und Kühne, die bis zur äußersten Bestimmtheit und strengster Nüchternheit gehenden Arbeiten von Gropius und Bruno Taut, weiterhin die Arbeiten von Pölzig als dem Vertreter der expressionistischen Baukunst und die der schlichten abgeklärten Formensprache von Kreis, Bonatz, Tessenow, Muthesius u.a., die des neuen materialgerechten Backsteinbaues von Strehl, Schuhmacher, Höger und andrer. Im Zusammenhange mit der Entstehung der neuen Baugesinnung steht auch eine grundlegende Veränderung der Bauarbeitsweise, die in der wesentlichen Verkürzung des gesamten Bauarbeitsvorganges durch Indienststellung neuzeitlicher Baustofftransportgeräte dem Laien am augenscheinlichsten zum Ausdruck kommt.
Ein anschauliches Bild für die Art der Herstellung eines neuzeitlichen Zweckbaues bietet sich beim Neubau des von den Architekten Taut und Hoffmann, Berlin, entworfenen und von der hier bestens bekannten Baufirma Albert Pusch in Angriff genommenen städtischen Gymnasiums und Lyzeums in der Hindenburgstraße. Wer Gelegenheit hatte, auf dieses unübersichtlich scheinende und doch so wohl organisierte Gewirr von Holz, Mörtel, Steinen, Eisen und den dazwischen geschäftig eilenden Menschen zu sehen, wer sich eine halbe Stunde das Rascheln der Mischmaschinen und das Kreischen der Aufzüge auf das Trommelfell hat poltern lassen, denkt mit einem wehleidigen Lächeln an die Zeit zurück, in der mit ungelenker

Hand aus Baumstämmen, Schilf und Lehm die ersten menschlichen Behausungen in unsrer Heimat hergestellt worden sind. Wo früher der Kiebitz sein "Kiewitt" in die Luft schmetterte und dann zur Erntezeit der Landmann die Sense durch die vollsaftige Laugkwiese schwang, tönt heute, schon früh morgens, der Pfiff des Poliers, wenn er die Baubelegschaft zum Arbeitsplatz ruft. In zwei Schichten wird gearbeitet. Die erste Schicht beginnt um 5 Uhr morgens, sie endet 12.30 Uhr, d1e zweite Schicht um 12.30 Uhr bis um 20 Uhr. In beiden Schichten sind insgesamt 160 Mann beschäftigt. Augenblicklich werden Arbeiten am zweiten Obergeschoß ausgeführt, nach dem die Decken zum Erdgeschoß im ersten Stock bereits fertiggestellt sind. Die Einzelbautermine sind so gestellt, daß für das Aufmauern eines Stockwerks 10 Arbeitstage vorgesehen sind, in denen zirka 500 cbm Mauerwerk entstehen. Daraus erkennt man, daß die Bewältigung derart großer Arbeitsaufgaben nur einem Unternehmen anvertraut werden konnte, das mit den leistungsfähigsten Großbaubetrieben in vorderster Reihe steht. Besondre Schwierigkeiten sind noch zu überwinden, wenn der fünfgeschossige Bauteil hochgeführt wird. Hier werden an das Geschick, die Aufmerksamkeit und die Ingenieurkunst große Anforderungen gestellt.
Die Mörtel- und Betonherstellung geschieht durch zwei Mischmaschinen, der Transport des Mörtels und des Betons von den Mischmaschinen zu den Arbeitsplätzen wird durch 20 Transportwagen auf insgesamt 400 lfd. Meter Schmalspurgleis bewältigt. Zur Beförderung des Baugutes in die einzelnen Stockwerke werden drei Aufzüge benutzt. An technischen Einrichtungen sind außerdem noch eine elektrisch betriebene Eisenbiegemaschine und eine Kreissäge vorhanden. Mit dem Baustofftransport zur Baustelle ist das Fuhrwesen Max Brodack betraut worden, das insgesamt drei Lastzüge und vier Zweispännerfahrzeuge täglich in Betrieb hat. Das starke Aufgebot an Fahrzeugen war notwendig, um die gewaltigen Anforderungen restlos befriedigen zu können. Bisher sind 1400 Zentner Eisenkonstruktion, hergestellt bei den Mitteldeutschen Stahlwerken, Lauchhammer, angeliefert worden, wovon 1000 Zentner bereits Verwendung gefunden haben.
Die örtliche Bauleitung in den Händen von Architekt Götze, Berlin (Taut & Hoffmann) und Maurermeister Schneider, Senftenberg (Alb. Pusch G.m.b.H.) hofft bei gleichbleibendem Arbeitstempo die Rohbauabnahme einschließlich Fertigstellung der Dachdeckerarbeiten am 1. Oktober vornehmen zu können. Die schlüsselfertige Uebergabe soll Ostern 1932 erfolgen.

Ich konnte es mir nicht verkneifen, diese "journalistische Kostbarkeit" aus dem Senftenberger Anzeiger des August 1931 achtzig Jahre später nochmals der Öffentlichkeit zu präsentieren. Über lange Strecken konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Verfasser nach Anzahl der Wörter honoriert wurde.

Zu dem Artikel gehört die darüber abgebildete Illustration. Zwei weitere Fotografien, die mir dankenswerterweise durch die Familie Grubann zur Verfügung gestellt wurden, sind mit Sicherheit zeitgleich angefertigt worden und geben uns einen etwas schärferen Blick auf das in dem Artikel so blumig dargestellte Baugeschehen.

Senftenberg
Aufnahme = 1931
Familie Grubann
Senftenberg
Aufnahme = 1931
Familie Grubann

Auch die dritte Aufnahme, die in etwa von derselben Stelle aus aufgenommen wurde, steht in einem engen zeitlichen Kontext. Motivtechnisch stellt sie zwar mehr auf "Friedrich Ernst" ab. Wer jedoch genau hinschaut, erkennt links hinter dem Laubwerk das Schulgebäude, welches sich noch im Rohbau befindet.
Wie von Frank66 richtig bemerkt, kann diese Aufnahme nicht zur selben Zeit entstanden sein. Anhaltspunkt ist die darauf erkennbare Bandanlage an der Brikettfabrik, die zu einem späteren Zeitpunkt installiert wurde. Wieviel später bleibt noch zu klären.

Senftenberg
Aufnahme = 19??
Familie Grubann

Wie vom Verfasser des Artikels vorausgesagt, konnte am 6. Oktober 1931 Richtfest mit gleichzeitiger Grundsteinlegung stattfinden. Am 20. April 1932 schliesslich wurde der Bau unter dem Namen "Walther-Rathenau-Schule" eingeweiht.

Senftenberger Anzeiger (1932)

Senftenberg

Mühlbach's Postkarte;
Verlag : Reinhard Rothe, Meißen
R 3244
Echte Photographie No.1619
Aufnahme <= 1932
Sammlung Fred Förster
Innerhalb eines guten Jahres, von der Idee bis zur Fertigstellung! Von der Ausschreibung eines Architektenwettbewerbs im Februar 1931, über Einreichung des Entwurfes der Brüder Taut Ende März 1931, der Genehmigung des endgültigen Entwurfs durch den Senftenberger Magistrat am 20. Mai 1931 bis zum Baubeginn Ende Juni vergingen nicht einmal 4 Monate - unvorstellbar für heutige Verhältnisse!
Das Schulgebäude selbst, sollte ursprünglich nur ein Bestandteil eines ganzen Ensembles, eines sogenannten "Schulforums", sein. Leider kam dieses ambitionierte Projekt nie über verschiedene Entwürfe hinaus.

Unmittelbar nach Fertigstellung wurden schon die ersten Ansichtskarten mit Motiven des neuen Schulgebäudes produziert und beworben.
Der Name "Walther-Rathenau-Schule" sollte jedoch nicht einmal ein volles Jahr Bestand haben. Am 8. März 1933 erfolgte die Umbenennung in "Hindenburg-Schule" bei gleichzeitiger "Gleichschaltung" von Gymnasium und Lyzeum.
Aus diesem Grunde dürfte die Zahl der Postkartenmotive mit dem klar erkennbaren Schriftzug "Rathenauschule" wie auf AK_SFB 666_1, geringer sein, als jene mit dem Namen Hindenburgs an der Wand bzw. als Postkartenunterschrift.

Senftenberg
Verlag Schöning & Co., Lübeck
63465
Aufnahme <= 1940
Sammlung Norbert Jurk

Auf eine Besonderheit des heute thematisierten "Wissenstempel" möchte ich abschliessend noch hinweisen... Man konnte dort schon sein Abitur ablegen, bevor überhaupt die Idee zu seiner Errichtung geboren war! Zumindest wenn es nach der aktuellen Ausgabe des Märkischen Boten geht...
    

Senftenberger Anzeiger (1912)
Senftenberg
Photographie u. Verlag v. Rudolf Käding,
Senftenberg N.L.
Aufnahme = 1912
Sammlung Norbert Jurk
Senftenberg
Verlag von Rud. Käding,
Photogr. Atelier, Senftenberg.
H6285 15
Aufnahme <= 1915
Sammlung Norbert Jurk
Senftenberg
Verlag: Rudolf Käding,
Senftenberg, N/L.
Aufnahme <= 1929
Sammlung Theodor Restel

Leider ist unter den drei heute vorgestellten Motiven keine Aussenansicht des Cafe Kuhnt. Das würde mir, und sicher auch anderen Personen die Verortung des Etablissements erleichtern. Mir fehlt nämlich auch gerade die hundertprozentige Peilung, obwohl ich weiss, dass es die Bahnhofstrasse 8 war.

- Senftenberg, 21. September 1905.
Wie bereits schon an dieser Stelle berichtet und aus dem Inserat ersichtlich ist, werden die Sanitäts-Kolonnen des Bezirks am kommenden Sonntag unter Führung der leitenden Herren Aerzte auf dem Schützenhausterrain und dem dahinterliegenden Felde eine Felddienst-Uebung abhalten und zwar stellt der hiesige starke Kriegerverein uniformierte, feldmarschmäßig ausgerüstete Soldaten, welche (markiert) nach vollendeter Schlacht verwundet auf dem Felde der Ehre des Samariterdienstes der Kolonnen harren und nach Auffinden mit Notverbänden versehen, zunächst zum Hauptverbandsplatz getragen resp. auf Leiterwagen gefahren und dann in den Lazaretzug verladen und zum Lazaret gefahren werden sollen. Das Programm wird uns erstlich ein hier noch nie gesehenenes Bild vor Augen führen und sodann jene Gefühlstiefe erkennen lassen, welche der leitende Stern dieser freiwilligen Samariter-Kolonnen für den Ernstfall ist. Um 2 Uhr nachmittags versammeln sich die Kolonnen und Teilnehmer auf dem Neumarkt und marschieren unter Vorantritt der Jetschick'schen Kapelle durch die hoffentlich Flaggenschmuck anlegende Stadt nach dem Schützenhausplatze, wo zunächst Feldgottestdienst abgehalten wird und zwar durch Herrn Pastor Petrick. Hieran anschließend beginnt die Uebung. Aufgabe der Kolonne Senftenberg ist: Aufsuchen der Verwundeten, Anlegen von Notverbänden, Herstellung von Nottragen und Transport per Tragen nach dem Hauptverbandsplatz.
Etwa in der Nähe des neuen Friedhofes arbeitet die Sanitäts-Kolonne Clettwitz mit bereits fertigen Tragen, sucht Verwundete auf, legt Notverbände an und schafft die Verwundeten nach dem Wagenhalteplatz, woselbst die Sanitäts-Kolonne Zschornegosda mehrere Leiterwagen als Krankentransportwagen hergerichtet hat, mit welchen der Transport zum Hauptverbandsplatz geschieht. Dort erneuert die Sanitäts-Kolonne Costebrau die auf dem Gefechtsfelde angelegten Notverbände.
Die Sanitäts-Kolonne Annahütte übernimmt die Verwundeten von dort und schafft sie per Tragen nach dem auf der Kamenz-Lübbenauer Strecke haltenden Eisenbahnzuge, welchen die Königliche Eisenbahndirektion freundlichst zur Verfügung gestellt hat und der nun durch die Sanitäts- Kolonne Senftenberg (Abteilung II) inzwischen in einen Lazaretzug umgewandelt worden ist, indem die gewöhnlichen Güterwagen zu Sanitäts- Wagen hergerichtet worden sind. Diese Abteilung verladet auch die Verwundeten in den Zug und überführt sie mit demselben nach dem Bahnhof bezw. in das in dortiger Nähe gedachte Lazaret. Hierauf Kritik, Schluß der Uebung und Parademarsch der Kolonnen; Abnahme des letzteren durch die Herrn Oberstabsarzt Dr. Hering, die Vorsitzenden der Kolonnen und Aerzte derselben. Abend gemütliches Beisammensein bei Konzert der Jetschick'schen Kapelle.
Soweit der Senftenberger Anzeiger zu diesem "Geländespiel"

Ob das nebenstehende Postkarten-Motiv im Zuge dieser Übung entstand? Ich glaube nicht, denn die "Verletzten" darauf sind eindeutig Kinder und von denen war im obigen Programm nicht die Rede.

Aufnahme <= 1906
Sammlung Erika Fischer
Senftenberg