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Älteres


Senftenberg
7803
Verlag: G.R.Ziethe, Senftenberg
Aufnahme <= 1910
Sammlung Matthias Gleisner
Senftenberg
Brück & Sohn, Meissen.
019741
Aufnahme <= 1915
Sammlung Matthias Gleisner
Senftenberg
Verlag v. Erich Krause,
Senftenberg N.-L.
Aufnahme <= 1910
Sammlung Fred Förster
Senftenberg Senftenberg Senftenberg Senftenberg Senftenberg Senftenberg Senftenberg

Alles alte Bekannte. Aber nie waren sie so schön wie heute! Die oben vorgestellten Motive wurden erstmal archiviert, als www.gruss-aus-senftenberg.de noch in den Kinderschuhen steckte. Nun wiederholt sich das Ganze mit neuen Varianten. Besonders das mittlere Stück, eine Brück & Sohn - Produktion ist ein Klassiker unter den Senftenberger Ansichten und wurde mittlerweile in allen denkbaren Publikationen verwendet. Die heutige colorierte Fassung halte ich persönlich für die bislang schönste. Das rechte Exemplar - eine Ansicht des Kaufhauses Waldschmidt am Übergang von der Bahnhofstraße in die enge Bahnhofstraße ist bereits in einer zweifarbigen Version bekannt und archiviert. Zwei weitere schwarz-weisse Abarten (beide noch nicht archiviert) existieren darüber hinaus. Insofern besitzt die heutige farbige Variante wohl den höheren Seltenheitsgrad.

Wie in der Vorwoche greife ich für die textliche Untermalung der vorgestellten Ansichten auf einen Beitrag aus dem Jahr 1937 zurück. Zumindest teilweise. Der Artikel erschien im Jahrbuch des Kreises Calau 1938, geschrieben von Dr.Hans Pitschel, einem der maßgeblichen Männer hinter den Heimatbüchern und zudem Angestellter der Stadt Senftenberg (Stadtbauamt, Verkehrsamt, letzteres merkt man dem Text auch an). Außerdem greife ich damit inhaltlich auch das Thema der vorigen Woche wieder auf...

Die Bahnhofstraße erzählt von der Entwicklung
Senftenbergs im letzten halben Jahrhundert

Die Straßen einer Stadt - Fahrbahn, Bürgersteige, Vorgärten, Grünanlagen, Häuser, Läden oder was wir sonst noch finden - sind dem Kleide eines Menschen zu vergleichen. Wie wir einen Menschen zunächst, ob wir wollen oder nicht, nach seinem Aeußeren, seinem Kleide beurteilen, genau so geben die Straßen mit ihren Häusern dem Beschauer manchen wertvollen Aufschluß.
Wie die Straßen beschaffen sind, fühlt er ohne weiteres, wenn er auf ihnen läuft oder mit irgendeinem Fahrzeug entlangfährt; sein Auge erhält schöne und unschöne Eindrücke, sogar wenn er nur kurze Zeit in den Mauern der Stadt verweilt. Daher tragen die Straßen wesentlich dazu bei, für eine Stadt zu werben oder auch nicht. So manche deutsche Stadt wird deswegen so gern aufgesucht, weil ihre zweckmäßig und schön angelegten Straßen immer von neuem für diese Stadt werben.
Können wir schon aus dem gegenwärtigen Zustand einer Straße allerhand ablesen, so werden wir die Entwicklung einer Stadt viel genauer erfassen, wenn wir uns die Straßenbilder ansehen, welche vergangene Zeiten widerspiegeln.
Hier kann die Bahnhofstraße sehr interessant erzählen, denn sie hat ihr Gesicht innerhalb eines im Städtebau als kurz zu bezeichnenden Zeitraum gründlich geändert. Die sprunghafte Entwicklung Senftenbergs im letzten halben Jahrhundert kann gar nicht besser wiedergegeben werden, als durch das sich immer wieder ändernde Gesicht dieser Straße! Doch lassen wir die Bilder selbst sprechen:

Zeit: etwa 1880 - 90:

Als Namenstag der Bahnhofstraße kann man den April 1870 bezeichnen, denn zu dieser Zeit wurde Senftenberg durch die Strecke Großenhain - Cottbus an das deutsche Reichsbahnnetz angeschlossen. Vorher bestand die Bahnhofstraße als Kreischaussee, die 1852 - 56 ausgebaut worden war.

Das Bild zeigt uns die Bahnhofstraße am Hause des Schmiedemeisters Ziethe um 1889. Das stattliche Haus, 1873 erbaut, in der Art, wie solche damals in größeren Dörfern und kleinen Landstädtchen gebaut worden sind, zeigt uns, daß der Besitzer durch seinen Fleiß und Tüchtigkeit die günstige Geschäftslage ausnutzt, die der gewonnene Krieg 1870/71 dem deutschen Vaterlande im allgemeinen brachte.

Auch Senftenberg, damals noch ein kleines Landstädtchen von etwa 3000 Einwohnern, begann sich zu entwickeln. Die älteren Einwohner Senftenbergs werden vielleicht auf dem Bilde noch Bekannte sehen können, auch die damaligen Uniformen werden ihnen nicht unbekannt sein. Ebenso werden sie sich an die Gräben erinnern, von denen man im Bilde den einen sieht, der auf einer Steinbrücke überschritten werden mußte, um in das Ziethesche Haus zu gelangen.

Zeit: etwa 1900:

Das zweite Bild zeigt uns das Haus und die Bahnhofstraße um 1899, also um die Jahrhundertwende herum. Senftenberg hat sich kräftig weiterentwickelt, es ist die Einwohnerzahl auf rund 8000 gestiegen. Die Gräben sind jetzt zugeschüttet worden, denn einmal brauchte man Verkehrsraum und zum anderen Male war der Wasserstand in den Gräben durch Grundwasserabsenkung so gering geworden, daß gesundheitliche Schädigungen befürchtet werden konnten. Wir sehen im Bilde rechts die erhöhte Fahrbahn, die einem gesteigerten Fahrverkehr der damaligen Zeit wohl dienlich sein konnte. Von der gegenüberliegenden Post ist freilich im Bilde noch nichts zu sehen, sondern im Gegenteil befinden sich da noch ausgedehnte Gartenanlagen.

Zeit: etwa 1920-33:

Inzwischen entwickelte sich Senftenberg mit Riesenschritten weiter. Die Einwohnerzahl will die 15000 überschreiten. Das Ziethesche Haus ist längst einem mehrstöckigen Hause gewichen und hat auch ein gleiches Nachbarhaus erhalten. Das ehemals offene Gartengelände ist vollkommen in die sogenannte "geschlossene Bauweise" überführt worden. Ebenso sind die Vorgärten verschwunden und haben Raum für breite Fußsteige gegeben, wie wir sie in kleinen Städten nicht allzuhäufig finden. Einen freundlichen Eindruck erwecken die schönen Linden.

Zum Originaltext ist zweierlei anzumerken: Zum einen vervollständigt der Autor natürlich noch den geschichtlichen Abriß bis zur Mitte der 1930er, wobei er großes Augenmerk auf die umfangreiche Baumaßnahme im Jahr 1934 legt. Diesen Teil hebe ich mir für eine spätere "Verarbeitung" auf.
Zum anderen gehe ich mit Pitschel nicht konform... er schreibt "Von der gegenüberliegenden Post ist freilich im Bilde noch nichts zu sehen...". Das stimmt zwar, liegt aber wohl eher am Bildauschnitt, als daß das Postgebäude (immerhin Baujahr 1883!) noch nicht existierte und stattdessen an dieser Stelle "ausgedehnte Gartenanlagen" das Bild prägten.