AU BACKE – DIE VILLA KENN‘ ICH ! …werden die älteren Senftenberger sicherlich ausrufen und sich dabei ihrer geschwollenen Gesichtshälften und schmerzverzerrten Gesichter erinnern, die sie dem diensthabenden
ZAHNARZT in der einstmals hier ansässigen
ZAHN~ & KIEFERKLINIK SENFTENBERG darboten.
„In den Vorkriegsjahren durch die Braunkohlenkonjunktur aufgepulvert, zeugen einige STRASSEN & HÄUSER bis auf den heutigen Tag von längst ÜBERHOLTER BAUWEISE, die dem jetzigen Senftenberg bei dem kulturellen und wirtschaftlichen Aufschwung mannigfache HEMMNISSE bereiten…“
…ist im
EINWOHNERBUCH 1941 zu lesen.
Ob damit die
VILLEN in der Moritz~, Bahnhof~, Gottschalk~ oder Calauer Straße gemeint waren, verschweigt der Schreiber.
Mit dem lateinischen Begriff
VILLA wird eigentlich nur ein
FREISTEHENDES HAUS bezeichnet, das von einer
GARTENFLÄCHE umgeben ist.
Der
BAUSTIL und die
GRÖSSE der Villa sowie des Grundstückes waren aber zu allen Zeiten ein Ausdruck von
VERMÖGEN & REICHTUM des Besitzers. Eine
VILLA gehörte somit auch zum selbstverständlichen Besitz eines erfolgreichen
FABRIKANTEN oder
KAUFMANNS, und wer darin lebte, galt automatisch als gebildet, reich bis hin zu vermögend.
In Sachen
BAUSTIL finden sich nahezu sämtliche Varianten:
Vorgärten, Veranden, offene Balkone, Erker und Türmchen in möglichst malerischer Komposition sind charakteristische Eigenheiten der städtischen Villen in der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Dass sich die
VILLEN IN SENFTENBERG im Bauzustand noch relativ authentisch erhalten haben, ist besonderen Umständen geschuldet.
Dies hängt zum einen mit der vergleichsweise geringen Zerstörung an städtischem Häuserbestand während des Zweiten Weltkriegs zusammen, da unsere Stadt nur wenig von Kampfhandlungen und Luftangriffen betroffen war. Zum anderen liegt es an der recht speziellen Situation während der DDR-Zeit. Es fehlten damals in den
KLEINSTÄDTEN oft die finanziellen und materiellen Möglichkeiten, historische Gebäude oder Häuserensembles zu restaurieren, oder auch abzureißen und neu zu bauen. Stattdessen wurden insbesondere die großen Bürgerhäuser vielfach anderen Nutzungen zugeführt und dafür mit nur bescheidenen Mitteln umgebaut. Die Einrichtung von
KINDERGÄRTEN sind typisch für eine solche Verwendung von
FABRIKANTENVILLEN während der DDR-Zeit.
Die
>VILLA MARIE< wurde aber schon Jahrzehnte vorher eine
FILIALE DES SENFTENBERGER KRANKENHAUSES.
In der
FESTBROSCHÜRE >100 Jahre Krankenhaus Senftenberg< von 1990 ist folgendes zu lesen:
„Am 1. Januar 1929 konnte die von der Brandenburger KNAPPSCHAFT gegründete und von Dr. med. Dr. dent. W. FRIEDERICHS eingeweihte ZAHN~ & KIEFERKLINIK ihrer Bestimmung übergeben werden.
In der vom Krankenhaus räumlich getrennten KLINIK, die als selbständige Einrichtung der Knappschaftsverwaltung Cottbus unterstand,
arbeitete Dr. Dr. FRIEDERICHS mit einer ASSISTENTIN, zwei ZAHNTECHNIKERN und mittlerem medizinischen PERSONAL an zwei ZAHNSTUHLEINHEITEN.
Die Inanspruchnahme der KLINIK war so außergewöhnlich, daß noch im gleichen Jahr drei zusätzliche DENTALEINHEITEN eingebaut und besetzt werden mußten. Das TECHNISCHE LABOR mit Guß~ & Prägeeinrichtungen sowie der Möglichkeit des Porzellanbrandes war den Erfordernissen entsprechend rasch zu erweitern. In der als AUSBILDUNGSSTÄTTE für Fachzahnärzte dienenden Einrichtung ist seit ihrem Bestehen neben der KIEFERCHIRURGIE auch eine moderne KIEFERORTHOPÄDIE gepflegt worden.“Wie informativ die
EINWOHNERBÜCHER des Kreises Calau sein können, beweist die folgende Übersicht darüber, WER…
Sie können eigenständig auf
>ENTDECKUNGSREISE< gehen, und werden auf interessante Details stoßen:
Wer waren 1914 die ersten Bewohner ? Welche Langzeitmieter quartierten sich 1922 ein ? Wer setzte 1925 sein Haus mit Hausnummer 1 vor die >Villa Marie< ? Wann öffnete Karl Kunze sein Hotel >Thüringer Hof< und was wurde daraus 1941 ?
Und ein sehr populärer, nach der Wende 17 Jahre lang
MEISTERLICH wirkender
BÜRGER ist noch heute sehr glücklich darüber, dass er unter jenem verdienstvollen, mit der >Hufelandmedaille< geehrten sowie dem Titel >Obermedizinalrat< gewürdigten Mediziner ab 1958 den Beruf eines
ZAHNTECHNIKERS erlernen und bis 1986 unter dessen Nachfolger,
Dr. med. dent. ANDERSSOHN in der
>VILLA MARIE< in der Straße der Jugend 3, wo sich die
ZAHN~ & KIEFERKLINIK zu DDR-Zeiten befand, auch ausüben durfte:
KLAUS-JÜRGEN GRAßHOFF
Als dritter Spross einer Handwerkerfamilie brach er damit allerdings mit der Familientradition, die seit 1860 im
TISCHLEREIHANDWERK lag. So war er 1990
ZAHNTECHNIKERMEISTER in der
KREISPOLIKLINIK und spielte mit dem Gedanken, sich selbstständig zu machen. Das wäre auch der ganz normale Weg gewesen, den viele seiner Berufskollegen gegangen sind, nachdem sich auch die
ZAHNÄRZTE privat niedergelassen hatten.
Doch es kam anders…Er wurde mehrheitlich von der Stadtverordnetenversammlung zum
BÜRGERMEISTER gewählt.
Er hat viele Projekte angeschoben. Vor allem die internationale
STÄDTEPARTNERSCHAFT lag ihm sehr am Herzen. Dies kann ich bezeugen, gehörte doch die Vokalgruppe
>DIE BIRKHÜHNER< zu seinem „persönlichen musikalischen Begleitschutz“ z.B. in der gleichnamigen Partnergemeinde in Niederösterreich, im saarländischen Püttlingen oder polnischen Nova Sol.
Berühmtheit erlangten seine
SPAZIERGÄNGE MIT HUND, auf denen er recht anschaulich demonstrierte, dass sich
BÜRGER – MEISTER – SEIN vor allem im
„DIREKTEN DRAHT“ zu den Einwohnern verstand: mit
STIFT & ZETTEL in der Tasche, auf die er sowohl die an ihn herangetragene Sorgen, als auch die mit dem Blick des ganz normalen Bürgers entdeckten Missstände (Dreckecken, umgestürzte Papierkörbe, Schmierereien, vertrocknete Stadtbäume) schrieb. Diese
ZETTEL legte er tags darauf – herzlich, aber bestimmt – seinen Mitarbeitern mit den Worten „Kümmert euch d‘rum !“ auf den Tisch.
Eine
EPISODE vom
BÜRGERMEISTER GRAßHOFF, über die viel gelacht wurde, machte einst die Runde,:
Er traf auf seiner
FIFFI – RUNDE auf einen Bürger, der sich illegal per Schubkarre an am Straßenrand deponierten Pflastersteinen bediente.
Auf Nachfrage erklärte er, dass er die Genehmigung des Bürgermeisters besäße, worauf eben dieser entgegnete:
„Na, das wüsste ich wohl !“ und sich dem Beschaffungskriminellen vorstellte,
der dann statt Steine die Beine in die Hand nahm…
Hätte jener dabei seine eventuell schon vorhandenen
„DRITTEN ZÄHNE“ verloren, hätte der mit einem guten Gedächtnis ausgerüstete
ZAHNTECHNIKER GRAßHOFF kurzerhand festgestellt:
„Die PROTHESE habe ich im Oktober 1975 eigenhändig modelliert…
...und der Name des TRÄGERS fällt mir auch noch ein.“
