Das
MITTELALTER war keine ruhige und schon gar keine friedliche Zeit. Die
RITTER sicherten mit ihren
BURGEN das ländliche Gebiet, während die gerade entstehenden
STÄDTE selbst für ihre Sicherheit sorgen mussten. Da es keine staatliche Ordnung gab, die zur Hilfe gerufen werden konnte, wurde jeder
BÜRGER zur Verteidigung seiner Stadt verpflichtet. Da man hier in getrennten Berufsgruppen lebte, übernahmen die
KAUFMANNSGILDEN & HANDWERKERZÜNFTE einzelne Verteidigungsabschnitte der
STADTMAUER. Reiche
KAUFLEUTE im städtischen Rat konnten sich
PFERDE für den Kampf im Sattel leisten. Die anderen kämpften zu Fuß mit einfachen
STANGENWAFFEN, eben als „Spießbürger“. Und eine kleine, nicht unvermögende Schicht von Bürgern bediente sich einer neuen Waffe, die seit dem 12. Jahrhundert genommen wurde, um den Feind auf Distanz zu bekämpfen: die
ARMBRUST. Um nun den Umgang mit den Waffen zu üben, traf man sich regelmäßig zu
SCHIESSÜBUNGEN, und so wurde aus einem Handwerker, einem Kaufmann, einem Bürger ein guter Armbrustschütze, der feindliche Belagerer von der eigenen Stadtmauer aus bekämpfen konnte.
So entstanden die
SCHÜTZENGILDEN, in denen nur unbescholtene
BÜRGER ihre Städte, in denen sie wohnten, arbeiteten und lebten, repräsentieren durften.
Die
>SCHÜTZENGILDE ZU SENFTENBERG< hatte wohl ursprünglich nur eine
KOMPAGNIE GRENADIERE gebildet, welche mit Waffenrock von Tuch oben und unten Gewehr trugen. An dem angedrückten Hute waren Tannenzweige angesteckt, welche bei öffentlichen Aus- und Aufzügen und Festen laut Rechnung von Boten besorgt wurden.
Im Jahre 1800 wurde eine
ZWEITE KOMPAGNIE eingerichtet, welche als Uniform einen grünen Klappenrock mit weißer Weste und weißen Beinkleidern tragen sollte. Im Jahre 1808 gab es dann eine grün uniformierte
SCHÜTZENKOMPAGNIE sowie eine blau uniformierte
GRENADIERKOMPAGNIE. Die
EHRENKOMPAGNIE war nicht uniformiert, sondern erschien in schwarzem Gesellschaftsanzuge und Zylinderhut. Ab 1894 gab es nur noch eine gleichuniformierte, sogenannte
„JOPPENKOMPAGNIE“, deren Uniform aus Joppe & Schützenhut bestand.
SCHÜTZENFESTE waren keine alljährlich wiederkehrenden Veranstaltungen, sie wurden von Zeit zu Zeit ausgelobt.
Geschossen wurde auf der
SCHIESSBAHN auf eine kleine, runde
ZIELSCHEIBE, etwa 80 Schritt entfernt. Wer
„ins Schwarze traf“, hatte
„den Nagel auf den Kopf getroffen“ – auch heute noch eine Herausforderung. Ursprünglich wurde nur mit der
ARMBRUST nach einem hölzernen
VOGEL auf einer hohen
STANGE geschossen. Da war die
VOGELWIESE die Zielstatt. Das musste ein draußen vor der Stadt gelegener
FREIER PLATZ sein, weil die mit der Armbrust abgeschossenen
BOLZEN eine freie Flugbahn, nicht in der Nähe von Häusern, erforderte.
GEWINNER war wer zum Gaudium aller den letzten Teil herunterholte und damit
„den Vogel abgeschossen“ hatte.
Die
PREISGELDER waren in manchen Städten so hoch, dass es professionelle
SCHÜTZEN gab, die davon lebten.
Der praktische Sinn unserer Vorfahren zeigte sich auch darin, daß als
SCHIESSPRÄMIEN nicht Geld, sondern für die Bedürfnisse des Lebens Unentbehrlichste Gegenstände, insbesondere Kleidungsstücke für Männer, Hosentuche, zinnerne Geräte usw. gewährt wurden. Auch der Senftenberger Schützengilde wurden durch landesherrliche Begnadigung sowie durch die Stadtverwaltung mancherlei
VERGÜTUNGEN oder
PRÄMIEN gewährt.
Wer von diesem
VOGELSCHIESSEN einen Vogelteil, einen kleinen
HOLZSPAN erobert hatte, brachte ein Stück Sommer mit nach Hause.
Die
ARMBRUSTSCHÜTZEN pflegten von altersher ihr zweitägiges
„KÖNIGSSCHIESSEN“ stets zu
PFINGSTEN abzuhalten.
PAULITZ beschrieb dieses Ereignis in seiner
CHRONIK wie folgt:
„Um zu ersehen, wer der beste Schütze sei, wurde gewöhnlich um das in die Frühlingszeit fallende Pfingstfest das vorangedeutete Vogelschießen abgehalten. Dieses Pfingstschießen bildet eine der größten Festlichkeiten im städtischen Leben, und schon Wochen, ja Monate vorher, lebten die Herzen auf bei arm und reich in der Freude auf das kommende Fest. Mit größter Aufopferung wurden allseitig Vorbereitungen dazu getroffen, und war der Festtag gekommen, dann fand man auch das kleinste Haus in enger Seitengasse bis hinauf zum stolzesten Bürgerhause am Marktplatze mit Fahnen und frischem Laubgrün, mit Maien, geschmückt. Überall herrschte ein frohes Leben und Treiben. Schon vom frühen Morgen an wurden den Vornehmsten in der Stadt von der Schützenmusik Ständchen gebracht. Später erfolgte dann der Ausmarsch nach dem Schützenhause. Dort herrschte dann unter der Teilnahme alles Stadt- und des umwohnenden Landvolkes ein frohes Leben und Treiben:
Der mit grünen Maien geschmückte Festplatz war mit Schank~, Krämer~ & Rasselbuden aller Art umgeben. Zu den dort dem Publikum gebotenen Genüssen gesellte der Schützenvorstand resp. der Rat sonst noch allerlei Belustigungen. Eine Hauptrolle spielte hierbei der sogenannte Pritschenmeister, eine Art Bajazzo. Er überreichte z. B. belobend dem guten Schützen ein gebratenes Huhn nebst Wein und Semmel, während die schlechteren unter Scherz und Spott mit einem Bückling, einem Stück Schwarzbrot und einem Gläschen abgestandenen Bieres regaliert wurden."Aus dem Jahr
1921 liegt folgende
KURZMELDUNG aus dem >Senftenberger Anzeiger< vor:
Dass die
„SENFTENBERGER SCHÜTZENGILDE“ bisweilen
GESELLIGES VERGNÜGEN dem ernsthaften Gebrauch der Waffen vorzog,
wird in einem sehr
KRITISCHEN RAPPORT deutlich:
„1. Es haben einige Schützen, ehe sie auf das Schießhaus herausgekommen, die alte Gewohnheit gehabt, sich bei dem sogenannten Königsbiere vor dem Abmarsch auf dem Schießstande (am Schießgraben) dermaßen zu besaufen, daß sie fast auf keinem Beine stehen, noch viel weniger das Gewehr halten konnten, woraus zu besorgen gewesen, daß Unglück erfolgen könne, weil einem trunkenen Menschen kein Gewehr nütze. Die Abstellung dieser Ungebühr ist daher höchst nötig und erforderlich, daß derjenige, welcher sich so besäuft und sodann nur nach seinem mürrischen Kopfe lebe, keineswegs sich aber nach einem Kommando richten will, in eine namhafte, vom Rate zu Senftenberg allhier zu determinierende (bestimmende) Strafe genommen werde.
2. Wenn man sich genötigt gesehen, dergleichen widrige Köpfe von ihrem unordentlichen Wesen abzumahnen und besseres sich geziemendes Bezeigen anzuraten, so haben sich selbige nicht entblödet, die empfindlichsten und ehrenrührigsten Expressiones (Ausdrücke) wider uns auszustoßen.
3. Es kommen die Schützen vielfach auch gar nicht zum Exerzieren, wenn solches notwendigerweise angeordnet ist, erachten es auch nicht für notwendig, sich zu entschuldigen, obwohl sie nicht einmal ein Gewehr halten, geschweige denn ein Tempo machen können.”Dennoch genossen die Schützengilden, sowohl als Städteverteidiger, als auch als Repräsentanten der gesetzlichen Ordnung
und des echten Bürgertums, aber auch als Eck~ und Grundpfeiler echten deutschen Wesens und deutscher Männertreue
hohes Ansehen bei der Bürgerschaft.