>THE SAME PROCEDURE AS EVERY YEAR<
...resümierten gelernte DDR-Bürger, wenn sie am
VORABEND des 1. MAI noch schnell an Fensterfront bzw. Balkon die obligatorische
DDR-FAHNE anbrachten, um dem wachsamen
HOLZAUGE des in den frühen Morgenstunden des „Internationalen Kampf~ und Feiertages der Werktätigen für Frieden und Sozialismus“ ausschwärmenden, überwiegend innerbetrieblichen
DENUNZIANTEN nicht einen Grund zum Anschwärzen zu liefern.
Die
MAIFEIER, >DIE GLEICHE PROZEDUR WIE JEDES JAHR< , lief auch in Senftenberg nach immer gleichem
>SCHEMA F< ab:
Frühmorgens übernahm eine
SCHALMEIENKAPELLE den
WECKDIENST. Dank der durchdringend schrillen Klänge fielen gleich alle Bürger kollektiv aus dem Bett, um sich genau nach Plan für die große
MAIDEMONSTRATION zu präparieren. Dann wurde zum Aufbruch geblasen, d.h. alle
MARSCHTEILNEHMER fanden sich an den betrieblichen
SAMMELPLÄTZEN ein, wo eine
LISTE darüber geführt wurde, wer sich diesem
BEKENNTNIS zum Arbeiter~ & Bauernstaat entzogen hatte, denn die „Feinde des Sozialismus“ sollten möglichst zeitnah enttarnt werden…Dabei marschierten die meisten lustlos, eh nicht aus politischer Überzeugung mit, sondern vor allem wegen der
Gratis-BOCKWURST und in freudiger Erwartung der
5 MARK „MARSCHIER-PRÄMIE", die man nach Ende des Umzuges erhielt und wofür man sich damals in etwa
10 GLAS BIER leisten konnte – was viele dann auch taten. Die
SED setzte damit gezielt auf eine Mischung aus
DRUCK & VERLOCKUNGEN.
PARTEILOSE empfanden die Teilnahme an der
DEMONSTRATION nur als
LÄSTIGE PFLICHT, was sich auch kaum änderte, als aus der staatlich verordneten
MAI-FEIER im Laufe der Zeit zunehmend ein
VOLKSFEST mit Kinderbelustigung, Bastelstraße, Karussell & Imbissständen
wurde, wobei bei letzteren auch nicht alles glatt lief, wie nachfolgender, 1961 in der >Lausitzer Rundschau< veröffentlichter
LESERBRIEF beweist:
Am schwierigsten gestaltete sich allerdings die verzweifelte
SUCHE der Organisatoren nach
TRÄGERN für die zahlreichen
FAHNEN & TRANSPARENTE, da diese „Ehrenpflicht“ bei den meisten auf
ABLEHNUNG stieß, weil man in jener äußerst brisanten Funktion
"BIS ZUM BITTEREN ENDE" mitmarschieren musste. Wer sich nicht erfolgreich „in die Büsche geschlagen“ hatte, seilte sich dann eben während des Marsches ab – und zwar mit fadenscheinigen
AUSREDEN wie
„Halt mal kurz, ich muss dringend pinkeln!“ oder der damals überaus beliebten
ÜBERRUMPELUNG:
„Kannste mal kurz die Fahne halten, ich muss mal schnell meine Schnürsenkel zubinden !“ Später musste man mit seinem
MARSCHBLOCK eine nach oben offene
WARTEZEIT am
AUFMARSCHPUNKT über sich ergehen lassen, bis dann endlich das Signal zum Einreihen in den
DEMONSTRATIONSZUG kam, der sich mit seinen
PLAKATEN, TRANSPARENTEN, FAHNEN & überdimensionalen
PORTRÄTS der greisen DDR-Politiker-Garde – etwas aufgelockert durch diverse
FAHRZEUGE z.B. Feuerwehr, Krankenauto, Trecker, LKW oder Plattenwagen einzelner Betriebe & Institutionen mit darauf installierten Schauobjekten inklusive aktiv werkelnder Personengruppen – im gemächlichen
SCHRITTTEMPO mit oftmaligen, unvorhergesehenen
ZWISCHENSTOPPS gen
EHRENTRIBÜNE bewegte, wo die marschabstinente Senftenberger
SED-PROMINENZ, flankiert von Vertretern der "Massenorganisationen" gemütlich Platz genommen hatte, sich selbst feierte und dem vorbeiziehenden
FUSSVOLK gönnerhaft zuwinkte, welches sich selbstredend mit „
WINKELEMENTEN“ bei den führenden Genossen auf der Tribüne zu bedanken hatte. Gleichzeitig lief die Agitation & Propaganda zur
HÖCHSTFORM auf:
über
LAUTSPRECHER wurden die vorbeiziehenden Gruppen euphorisch mit deftigen
PAROLEN über außergewöhnliche Höchstleistungen, wie zahllosen Sonderschichten oder der astronomisch wirkenden Übererfüllung von Planvorgaben vorgestellt. Die offizielle
MAIREDE von der Tribüne herab verfolgten nicht mehr alle, da ein Großteil der Marschierer sich meist schon vor dem Erreichen der Tribüne „verabschiedet“ hatte…
Die
LOSUNGEN auf den mitgeführten Transparenten wurden übrigens zentral vorgegeben und wenige Tage vor dem 1. Mai im zentralen Presseorgan der SED "Neues Deutschland" veröffentlicht.
Ich fand im Internet ein
FOTO mit einer sehr kreativen
LOSUNG, die diese o.a. Verfahrensweise satirisch aufs Korn nahm.
FÜR UNS ÄLTERE gehörten diese
LOSUNGEN & SPRUCHBÄNDER, die das Straßenbild, speziell vor Werkseingängen, in Schaufenstern, auf maroden Häuserfronten oder separaten Plakatwänden, durchgehend und nicht nur an staatlichen Feiertagen, während der DDR-Zeit prägten, quasi zum
DDR-ALLTAG.
Im Laufe der Jahre schenkte man ihnen kaum noch
BEACHTUNG. Als allerdings einmal gerade an der
FRIEDHOFSMAUER in
HÖRLITZ die Losung
„Alle raus zum 1. Mai“ zu lesen war, nahm die Bevölkerung das Ganze lauthals lachend wahr.
Ein anderes
KURIOSUM war, dass Propagandisten auf die Idee kamen, jedweden
ARBEITSPLATZ zum
KAMPFPLATZ umzufunktionieren.
Dass man allerdings sogar den
SPIELPLATZ der Kinder einbezog, erntete bei vielen Eltern großes
KOPFSCHÜTTELN – obwohl sie ja oft im
SANDKASTEN als resolute
FRIEDENSSTIFTER eingreifen mussten…
Abends luden fast alle
GASTSTÄTTEN in Senftenberg & Umgebung zum traditionellen
MAITANZ ein.
Eine am Revers getragene
ROTE MAINELKE aus Papier, die im Vorfeld vom
FDGB (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund) für 50 Pfennige verkauft wurde, verhalf zum kostenlosen
EINTRITT. Von 1950 bis 1962 gab es zusätzlich noch einheitliche
MAI-ABZEICHEN. Danach stellte man deren Produktion ein, nahm sie später jedoch wieder auf, als man bemerkte, dass der
MAINELKENVERKAUF zurückging, obwohl sich der
MAITANZ zunehmenden
EINTRITTSKARTEN - ANSTURMS erfreute, da das tanzfreudige Publikum ihre einmal erworbene
MAINELKE sorgsam hütete…
Ab diesem Zeitpunkt durfte man nur noch durch Vorweisen von
NELKE & ABZEICHEN gratis das Tanzbein schwingen !
Letzteres veränderte sein Aussehen alljährlich.
Und noch eins fällt auf in der 40-jährigen Geschichte des
DDR-MAIFEIERTAGS:
die Anzahl von diversen
KLANGKÖRPERN, wie
Schalmeien~ & Blaskapellen, Spielmanns~ & Fanfarenzüge u.a. war arg zurückgegangen, sodass z.T. nur noch eine, maximal zwei Formationen den
UMZUG begleiteten. In den 1950/60er Jahren hatte fast jeder Betrieb eine eigene Blaskapelle, viele Schulen einen eigenen Fanfarenzug. In der Formation der
ZENTRALSCHULE HÖRLITZ blies
ICH einst Fanfare und bediente auch die Flachtrommel recht gut…
In der heutigen Zeit durchgeführte
LAMPIONUMZÜGE für Kinder, denen ein einziger
AKKORDEONIST voranläuft, wirken daher schon – gelinde gesagt - ziemlich trostlos !
Abschließend erinnere ich mit
WEHMUT auch an jene, durch Diskotheken platt gemachten,
LIVE spielenden
TANZKAPELLEN & BANDS,
die einstmals, nicht nur, aber auch, zum
MAIENTANZ aufspielten…