Früher gehörte die
FEIERLICHE FAHNENWEIHE zu den
HÖHEPUNKTEN des
MILITÄRS sowieso - aber auch des althergebrachten
VEREINSLEBENS.
Seit der
NAZIZEIT flaute die
FAHNENBEGEISTERUNG merklich ab und heutzutage verstaubt so manche
VEREINSFAHNE allzu oft in der
GLASVITRINE. Während es sich allerdings vor dem Krieg häufig um handgefertigte und oft von Verlobten & Ehefrauen eigenhändig bestickte
EINZELSTÜCKE handelte, wurden seit den 1950er Jahren diverse
VEREINSZEICHEN in Form von Wimpeln, Tischstandarten, Pokalen, Wandtellern, Armbinden, Strohhüten – bis hin zu Kugelschreibern, Bierfilzen & ~gläsern oder der mit den Vereinsfarben bedruckten Krawatte industriell produziert.
Bei unseren Altvorderen galt die
VEREINSFAHNE noch als echtes
„HEILIGTUM“, und die
FAHNENWEIHE als höchste
EHRERBIETUNG.
Besonders anfällig für diese
FESTIVITÄT war die Zeit nach dem 1. Weltkrieg, wie die nachfolgenden
ANZEIGEN aus dem >Senftenberger Anzeiger< von 1925 zeigen, unter denen natürlich auch der
GARDEVEREIN SENFTENBERG zu finden ist,
…der nebenher auch gleich noch vom Stand der
VORBEREITUNGEN für die bevorstehende
FAHNENWEIHE berichtete:
9. Mai 1925:
Nun sind die mit großem Interesse und entsprechender Spannung erwarteten FESTLICHKEITEN der FAHNENWEIHE des GARDEVEREINS da, die unserer Stadt einen MASSENVERKEHR bringen, der mit 1000 Personen nicht zu hoch eingeschätzt sein dürfte. Von auswärtigen GARDEVEREINEN werden Cottbus, Eilenburg, Burg, Forst und Sagan vertreten sein. Aus SENFTENBERG haben ihre Teilnahme zugesagt: der Kriegerverein, Stahlhelm & Wehrwolf, Jungdeutscher Orden, Schützengilde, Feuerwehr, Sanitäter, MGV, Feldeisenbahner, Dt. Offiziersbund, Marineverein – außerdem die KRIEGERVEREINE von Senftenberg II, Meuro, Grube Ilse, Hörlitz, Kleinräschen, Großkoschen, Lauta, Hosena, Costebrau & Bahnsdorf. Insgesamt sind bisher 24 FAHNEN gemeldet, die im FESTZUG mitgeführt werden, der in den Straßen unserer Stadt ein IMPOSANTES BILD abgeben wird. Die BÜRGERSCHAFT wird gebeten, ihre ANTEILNAHME durch zahlreichen FAHNEN~ & GIRLANDENSCHMUCK zu bekunden. Wir sehen mit FREUDE & ZUVERSICHT den GARDEFESTLICHKEITEN entgegen und rufen allen Teilnehmern ein HERZLICHES WILLKOMMEN zu.
Voraussetzung für ein GUTES GELINGEN dieser imposanten VERANSTALTUNG bleibt natürlich trockenes, sonniges WETTER. Aber der doch sicherlich gleichfalls vaterländisch gesinnte WETTERGOTT wird doch mit den ehemaligen wackeren & schneidigen GARDISTEN aus SENFTENBERG und der ganzen NIEDERLAUSITZ ein Einsehen haben und lachend blauen HIMMEL über der FESTSTADT leuchten lassen, sowie PETRUS veranlassen, seine himmlischen Schleusen fest geschlossen zu halten. Um einen kleinen EINDRUCK von diesem grandiosen, erhebenden
>BÜRGER~ & VOLKSFEST< zu vermitteln, folgen hier dessen
HÖHEPUNKTE,
von denen im >Senftenberger Anzeiger< natürlich weitaus ausführlicher berichtet wurde:
„Am SONNABEND begannen die Festlichkeiten mit dem
FACKELZUG vom HOTEL MINGAU aus, das in stimmungsvoller Glühlämpchen~ & bengalischer Beleuchtung erstrahlte. Alle STRASSEN, vor allem die SCHLOSSSTRASSE & die Schloßpark-Umgebung waren vom Publikum dicht besetzt, und beim Abmarsch loderte fast aus jedem Hause bengalisches BUNTFEUER, das zu der sonstigen effektvollen BELEUCHTUNG und dem FEUERWERK trefflich paßte, das hier und dort abgebrannt wurde, und dem Straßenbild einen prächtigen Anblick verlieh.
Der etwa 500 Teilnehmer mit über 100 Fackeln zählende ZUG bewegte sich über den MARKT durch die bis zum KRIEGERDENKMAL reich beflaggte Bahnhof~, Moritz~, Haupt~, Bismarck~, Kaiser-Friedrich~, Kreuz~, Schmiede~, Schul~, Dresdener & Schloßstraße nach dem MARKT, überall mit Buntfeuer & Feuerwerk sowie Hurra-Rufen begrüßt.
In sämtlichen, von dem ZUG berührten STRASSEN bildeten Menschenmassen SPALIER – ein fesselndes Bild, das seine KRÖNUNG im ZAPFENSTREICH auf dem MARKTPLATZ fand…“
Nach dem FACKELZUG versammelten sich die Mitglieder des GARDEVEREINS zum
KOMMERS im sinnig dekorierten großen SAAL des GESELLSCHAFTSHAUSES, wo ein künstlerisch höchst bemerkenswertes KONZERT geboten wurde, das mit langanhaltendem BEIFALL belohnt wurde. Danach richtete Generalmajor VON HAHNKE (der auf dem FOTO ganz unten noch als LEUTNANT posiert) einige Worte an die Kameraden und gedachte in humorvoller Weise mancher Typen beim ALTEN KOMMISS, der alten Feldwebel & Wachtmeister, die mit ihren AUSDRÜCKEN im heutigen Parlament nicht mehr bestehen könnten. Der REDNER war erstaunt und überrascht, in dem doch „als ROT verschrienen SENFTENBERG eine derartige NATIONALE BEGEISTERUNG & REGE ANTEILNAHME DER BEVÖLKERUNG zu sehen. Das sei der beste BEWEIS für die STIMMUNG im Volke !
Im weiteren Verlauf des Abends wurden noch mehrere COUPLETS & LIEDER geboten und es fiel noch so manches schöne kameradschaftliche WORT. Der KOMMERS nahm einen harmonischen & würdigen Verlauf…
Der
>WEIHE – SONNTAG< begann um 6 Uhr mit dem WECKEN durch die Kapelle Jetschick-Hartmann und dem Tambourkorps der FFw durch die HAUPTSTRASSEN. Im Laufe des Vormittags wurde von der EINWOHNERSCHAFT noch fleißig an der AUSSCHMÜCKUNG der Häuser mit Birkengrün & Fahnen gearbeitet. Die von auswärts mit der BAHN ankommenden FREMDEN erfreuten sich an herzlichem WILLKOMMENSGRUSS & ABHOLUNG durch den Gardeverein an der großen EHRENPFORTE am BAHNHOF. Die VEREINE mit zirka 700 Mann aus dem ganzen Bezirk Senftenberg sammelten sich in den LOKALEN zum ANMARSCH und zogen mit ihren FAHNEN nach dem NEUMARKT. Ein herzerfrischendes Bild ! Den ZUG nach dem SCHLOSSHOF eröffneten 2 GARDEHUSAREN in Friedensuniform hoch zu Roß, 4 GARDISTEN und 40 weißgekleidete EHRENDAMEN mit schwarz-weißen Schärpen. In den Straßen bildeten Hunderte von Menschen SPALIER und begleiteten den hochimposanten FESTZUG nach dem SCHLOSSHOF zum
WEIHEAKT.
Es war ein erhebender, sehr feierlicher ANBLICK, als der buntfarbige
FESTZUG vor dem SCHLOSSHOF ankam, die FAHNEN vor dem PODIUM aufgestellt wurden, einige EHRENDAMEN auf, und die KAPELLE hinter demselben Platz nahmen. Über dem gesamten feierlichen BILD lagerte goldener SONENSCHEIN und die gesamte UMGEBUNG des in der Maienpracht glänzenden SCHLOSSPARKS zeigte MENSCHENKNÄUEL an allen Ecken & Enden.
Der
WEIHEAKT begann mit dem allgemeinen GESANG des Chorals „Lobet den Herren“. Beim anschließenden
FELDGOTTESDIENST hielt
Pastor THIEME eine glänzend ausgearbeitete & rhetorisch ebenso dargebotene
FESTPREDIGT. Der Eindruck der begeisterten
ANSPRACHE in Gottes herrlicher Natur war ungeheuer tiefgehend. Danach begrüßten weitere hochdekorierte FESTREDNER die mit 2000 Personen nicht zu hoch eingeschätzte Menschenmenge und sprachen die Genugtuung darüber aus, dass die GESAMTE EINWOHNERSCHAFT SENFTENBERGS mit vollem Herzen an der FAHNENWEIHE DES GARDEVEREINS teilnehme. Dann erfolgte die ÜBERREICHUNG der kostbaren FAHNE durch die Ehrendamen.
Begeistert stimmte die Menge in das >DEUTSCHLANDLIED< ein. Dann sang der MGV das stimmungsvolle WEIHELIED mit entsprechend tiefer Empfindung. Hierauf wurde die GEWEIHTE FAHNE dem Träger in treue Obhut übergeben. Nachfolgend überreichte eine EHRENDAME die von den Frauen & Jungfrauen gestifteten EHRENSCHLEIFEN und die Vertreter der VEREINE mit kurzen Sinnsprüchen die FAHNENNÄGEL.
Der WEIHEAKT schloss mit einigen DANKESWORTEN durch den 1. Vorsitzenden des Gardevereins.
Nun formierte sich unter ungeheurem Gedränge des Publikums der MARSCHZUG zum MARKT zur Abnahme der
PARADE. Der VORBEIMARSCH dauerte eine Viertelstunde. Es standen 700 junge & alte MÄNNER mit 26 FAHNEN in Reih und Glied. Die PARADE, bei der selbst die alten VETERANEN noch strammen, schneidigen Schritt zeigten, bot ein glänzendes & erhebendes SCHAUSPIEL, das auf alle Anwesenden einen tiefen, nachhaltigen Eindruck machte und ein EREIGNIS darstellte, wie man es bedeutungsvoller in SENFTENBERG seit vielen Jahren nicht erlebt haben dürfte, was durch die Besetzung des MARKTPLATZES mit dem mindestens 1500 Köpfe zählenden PUBLIKUM deutlich illustriert wurde.
Von der PARADE ging es gleich weiter nach dem SCHÜTZENHAUS. Bei der Ankunft auf dem SCHÜTZENPLATZ herrschte dort bereits ein solcher MASSENANDRANG, dass die VEREINE nur mit knapper Müh & Not PLATZ finden konnten. In den Nachmittagsstunden wurde ein ausgezeichnetes
FESTKONZERT geboten, und im SAAL sowie in den GASTWIRTSCHAFTSRÄUMEN entwickelte sich ein buntes Leben & Treiben. Den würdigen ABSCHLUSS bildete das gegen 8¼ Uhr abgebrannte
BRILLIANT – FEUERWERK, bestehend aus Raketen, Fröschen, Leuchtkugeln, Feuerregen, Sternen etc. Zum SCHLUSS erschien ein glänzender GARDESTERN, der einen würdevollen ANBLICK gewährte.“
Abschließend noch etwas
UNIFORMKUNDE:
die beiden vorgestellten FOTOS zeigen tatsächlich REALE UNIFORMEN – auf dem unteren FOTO die UNIFORM von
>GARDEHUSAREN zu Roß< und auf dem oberen in der Mitte die des
>GARDEREGIMENTS zu Fuß<, am Rande die vom
>STAHLHELM - BUND DER FRONTSOLDATEN<, welche auch von der >REICHSWEHR< u.a. Freikorps getragen wurde.