ES WAR EINMAL...
Schon bevor die
WENDEN hierher einwanderten, also mehrere Jahrhunderte vor Christi Geburt, befand sich hier eine germanische
SIEDLUNG, was sich anhand eines an der Ostseite des
DORFES entdeckten
URNENGRÄBERFELDES nachweisen ließ.
Die älteste bekannte Erwähnung von
RAUNO stammt aus dem Jahr 1416. Danach wurde der Ort mehrmals umbenannt:
im Jahre 1474 in
RUWNE, 1506 in
RAWEN, 1529 in
RAWNE, 1551 in
RAUNA, 1555 in
RAUNE, 1600 in
RAUNO, um 1700 in
RAUME und 1843 in
ROWNA. Vier Varianten kann man auf den o.a.
LANDKARTEN entdecken. Nach der Jahrhundertwende einigte man sich schließlich auf
RAUNO.
Der
ORTSNAME geht auf das alt~ und niedersorbische Wort
„rowny“ zurück, was so viel wie
„eben, glatt“ bedeutet, und die
HOCHFLÄCHE bezeichnete, auf welcher das
DORF entstand.
RAUNO war ein
ZEILENDORF, in dem die alten
GEHÖFTE, nur durch einen schmalen
HOF voneinander getrennt, nördlich der in Ost-West-Richtung verlaufenden
DORFSTRASSE lagen. Hinter ihnen befanden sich kleine
STALLUNGEN für Hühner, Gänse u.a., woran sich noch ein kleines
GÄRTCHEN anschloss, in dem nur etwas Grünzeug für den Eigenbedarf angebaut wurde. Die angrenzenden, meist sandigen & kiesigen
FELDER eigneten sich zum größten Teil nur zum Anbau von Roggen, Kartoffeln und Buchweizen. Der Rest war unfruchtbarer
HEIDEBODEN.
Im Jahr 1550 zählte das
DORF RAUNO insgesamt
17 BAUERNWIRTSCHAFTEN, die von
10 WEINBERGEN umgeben waren
– unterhalb derer später die Siedlung
RAUNOER FLUR entstand.
1695 wirtschafteten in
RAUNO 12 „Ganzbauern“, 3 Gärtner und 2 Häusler – im Jahre 1801 wurden 13 Anspänner, also „spannfähige Bauern“ (Hüfner), 4 Gärtner, 4 Häusler und 2 Mühlen gezählt. Um 1860 etablierten sich in der Gemarkung 3 Ziegeleien, denen 10 Jahre später der
BRAUNKOHLENBERGBAU mit enormen landschaftlichen Auswirkungen folgte,
die der
Raunoer Dorfchronist GLIENKE wie folgt beschrieb:
„Die grünen FLUREN und der Kranz der HÖHEN mit seinen HEIDEN schwanden und große, gelbe, öde BERGE, mächtige GRUBEN deckten neuen Reichtum auf. So müssen viele arm von ihrer SCHOLLE weichen, die ihre Ahnen mit ihrem Schweiß gedüngt…“
Der durch den Tagebau Renate-Ost bedingte TEILORTSABBRUCH von RAUNO / DORF erfolgte in den Jahren 1925/26 in dessen Verlauf 1060 Einwohner in Werkswohnungen der Ilse-Bergbau AG in Bückgen und Sedlitz umgesiedelt wurden. In den Jahren 1983/1984 wurde als Folge der Inbetriebnahme des Tagebau Meuro schlussendlich auch noch RAUNO / FLUR abgebaggert und die bis dato am Ort verbliebenen 160 Einwohner „loschen für immer das Licht...“Ihnen wird sicher die
LANDSCHAFT, von der ihre Altvorderen immer schwärmten und die der
Heimatfreund F. von ARTUS 1928 beschrieb,
bis ans Lebensende in Erinnerung bleiben:
„Dort, wo sich die CHAUSSEE von SENFTENBERG nach ALTDÖBERN hinzieht, auf der einst in grauen Zeiten die knarrenden, schwer beladenen WAGEN der Kaufleute sich langsam vorwärts bewegten, gibt es eine WEGKREUZUNG. Geht man von SENFTENBERG kommend die kreuzende LANDSTRASSE links ab, so kommt man nach SAUO, geht man dagegen nach rechts ab, so kommt man --- so kam man nach einem kleinen friedlich daliegenden DÖRFCHEN, in Vorzeiten vielfach RAUNOW, später RAUNO genannt.
Im Geiste liegt das DÖRFCHEN vor mir: ich sehe den DORFGRABEN, die Bäume & Sträucher, sehe die kleinen rauchenden HÄUSCHEN, die nichts Pomphaftes an sich hatten. Das INNERE derselben war schlicht und einfach wie auch die BEWOHNER derselben >IM ALTEN RAUNO<. Sie waren freundlich und fleißig, und wenn die munteren VÖGEL ihr Morgenlied ertönen ließen, begannen sie ihr TAGWERK. Vor sehr, sehr langer Zeit beherrschten sie die WENDISCHE SPRACHE noch recht gut,
später starb auch diese, wie so vieles, aus.
Heute kommt man nicht mehr in jenes Dörfchen, man blickt in kraterartige schwarze SCHLÜNDE, in denen das Dörfchen versunken zu sein scheint; der PFLUG des Landmanns zieht keine Furche mehr, das Dengeln der SENSEN ist verklungen und der frohe GESANG der Schnitter und der Erntemädchen, die die goldenen GARBEN aufrafften, ist längst verstummt. An ihre Stelle ist das GEDRÖHN gigantischer BAGGER und das schrille PFEIFEN der LOKOMOTIVEN getreten.
Umgeben war das DÖRFCHEN von fruchtbaren FELDERN, blühenden WIESEN und schönen, wenn auch nicht sehr ausgedehnten WÄLDERN, ein munteres BÄCHLEIN durchfloß dasselbe, parallel mit der LANDSTRASSE rieselte es dahin, um den Enten & Gänsen als Tummelplatz zu dienen. Beim Austritt aus dem Dörfchen verbreitete es sich und unterhalb der ZAHN’SCHEN KOLONIE nahm es, durch die ihm zufließenden WIESENWÄSSER an Breite zu, es umfloß die mit düsteren Tannen bewachsene SCHUGA, um weiter unten das Räderwerk der RICHTER~ und der ROIKMÜHLE zu nutzbringender Arbeit anzutreiben."Die
ORTSBESCHREIBUNG in einem
LEXIKON von 1831 behandelt zumeist
GEOGRAFISCHE FAKTEN, in der ihr vorangegangenen Ausgabe von 1821 stehen dagegen die
DORFBEWOHNER im Fokus. Hier sind allerdings einige
BEGRIFFE näher zu definieren:
Die
BAUERN wurden hinsichtlich ihrer
BESITZUNGEN in
ZWEI KLASSEN eingeteilt:
Die
„ERSTE KLASSE“ machte diejenigen aus, die
FELD besaßen und
ZUGVIEH hielten. Sie wurden
HÜFNER (Anspänner, Pferdner), auch vorzugsweise
BAUERN genannt. Nach Maßgabe ihrer
BESITZUNGEN waren sie demnach entweder
GANZHÜFNER (Vollhüfner oder ~spänner), welche eine ganze
HUFE LANDES besaßen; oder
HALBHÜFNER, die eine
½ HUFE besaßen, oder
VIERTELHÜFNER, die nur eine
¼ HUFE ihr Eigen nannten.
Wie viel
LAND zu einer
HUFE gehörte, war nicht überall einheitlich bestimmt. In mageren, unfruchtbaren Gegenden wurden gewöhnlich mehr
ÄCKER auf eine
HUFE gerechnet, als in fruchtbareren Gegenden. Man fand daher
HUFEN von 10, 12, 16 bis 20
ÄCKERN vor. Ein
ACKER sollte hingegen 300
QUADRATHUFEN, oder so viel
LAND enthalten, als ein Joch Ochsen täglich pflügen konnte. Die
GANZ~ & HALBHÜFNER hatten auch das besondere
VORRECHT, dass sie
TAUBEN halten durften – erstere deren 12, letztere nur 6 Paar. Den übrigen
DORFBEWOHNERN war das Taubenhalten nicht erlaubt. Auch hatten die
GANZHÜFNER das
RECHT, mehr
ZUGVIEH zu halten, als sie zu ihrer Wirtschaft brauchten, um damit für
LOHN zu ackern oder
LOHNFUHREN zu verrichten. Allen anderen
BAUERN war dies untersagt.
Zur
"ZWEITEN KLASSE" gehörten die
BAUERN, welche zwar ein
HAUS, dagegen gar kein bzw. nur wenig
FELD oder nur einen
GARTEN besaßen. Diejenigen, welche nichts weiter als ein
HAUS besaßen, wurden
HÄUSLER (Köther, Kossäten, Kothsassen) genannt; wenn sie hingegen noch etwas
FELD oder einen
GARTEN besaßen, bezeichnete man sie als
HINTERSASSEN oder einfach als
GÄRTNER. Außerdem gab es noch die sogenannten
HAUSGENOSSEN, welche selbst nichts besaßen, sondern nur zur
MIETE wohnten und eigentlich keine Mitglieder der
BAUERNGEMEINDE, somit in der Regel auch nicht den
GEMEINDELASTEN unterworfen waren.
Hier noch die
DEFINITION der im
TEXT verwendeten unterschiedlichen
MASSEINHEITEN:
1 SCHOCK = 5 Dutzend (je 12 Stück) = 60
als landwirtschaftliche KORNGARBEN = 20 Stück
1 SCHEFFEL = in Brandenburg = 52,75 Liter
1 RUTE = 10, 12, 14, 15 oder 16 Fuß = 2 Doppelschritt
1 Doppelschritt = 2 Schritt = etwa 142–150 cm
QUADRATRUTE = 21,17 m²Die
ENTFERNUNGSANGABEN wurden auf Karten in
MEILEN, für Reisen mit der Postkutsche jedoch in den zu fahrenden
STUNDEN (auch ½ & ¼ ) angegeben.
Mit wehmütigen Worten verabschiedete sich der Autor
F. von ARTUS, ein ehemaliger
RAUNOER,
der aber zum damaligen Zeitpunkt schon in Frankfurt am Main lebte.
„Wenn die NATUR einen großen Teil der BAUERN der Niederlausitz auch etwas stiefmütterlich bedacht hatte, wenn auf ihrem vielfach sandigen BODEN nur leichtes Getreide wuchs, so waren doch saftige WIESEN und torfliegende MOORE neben dunklen WALDUNGEN keine Seltenheit in der landschaftlichen Formation unserer Heimat.
Vielen von uns wird die ERINNERUNG an die HEIMATERDE, an die mit dem Blut und Schweiß unserer VORFAHREN gedüngten SCHOLLE auch dann erhalten bleiben, wenn es uns nicht mehr vergönnt sein sollte, unter den FREUNDEN & JUGENDGESPIELEN weilen zu dürfen.
FERN DER HEIMAT werden wir im Geiste noch oft durch die HEIMATLICHEN FLUREN streifen und uns mit den alten bekannten PERSONEN unterhalten,
einerlei, ob sie noch unter den Lebenden sind oder ob sie die HEIMATLICHE ERDE längst aufgenommen hat…
Zu all den sehr emotionalen
HEIMATERINNERUNGEN passt die nachfolgende
ANSICHTSKARTE,
die am 17. August 1904 abgeschickt wurde und markante
GEBÄUDE & STRASSEN zeigt, sowie im
TEXT auf ein Großereignis hinweist:
„Hier brennt seit Montag eine Kohlen-Grube. Das ist ein schaurig schönes Schauspiel. Gestern ist von Berlin (eine) Dampfspritze gekommen.“
…und von fern hört man den seligen
KANTOR PAULITZ singen:
Wenn ich den Wanderer frage: „Was drückt dich sehr ?“
- „Ich kann nicht nach Hause, hab keine Heimat mehr.“