Neues 151 - 2014-10-19

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Matthias
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Neues 151 - 2014-10-19

Beitragvon Matthias » So 19. Okt 2014, 17:26

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Harald
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Re: Neues 151 - 2014-10-19

Beitragvon Harald » Mo 20. Okt 2014, 15:02

Aufmarsch_resize.jpg
Der eben aus dem >Senftenberger Anzeiger< zitierte KURZBERICHT vom 18. Juli mit den herausragenden Schlagwörtern:
imposante Feier - vortreffliche Festpredigt - ausgezeichnete Marschmusik - prächtige Festwagen - ungetrübter Verlauf usw. schloss übrigens mit der frohlockenden Botschaft:
"Ausführlicher Bericht folgt."
Was allerdings drei Tage später tatsächlich folgte, war in der Rubrik >Stimmen aus dem Leserkreise< ein geharnischter LESERBRIEF, dessen Autor sich hochgradig erregt über einen Artikel vom 20. Juli in der Zeitung >Märkische Volksstimme< ausließ, in welchem das so schöne
VOLKSFEST des KRIEGERVEREINS zu SENFTENBERG
"in den Schmutz gezerrt wurde".
Er betrachtete es als Anmaßung und Bevormundung, den vielen Mitgliedern des Vereins, der sich zu dreiviertel aus Eisenbahnern, Postbeamten, Angestellten, Beamten und Arbeitern zusammensetzte, ihre Gesinnung als REPUBLIKANER absprechen zu wollen.
Mit einem demonstrativen "Pfui über diese Lüge !" wandte sich der Leser mit dem Pseudonym "Me." an den Zeitungsschreiber des Konkurrenzblattes,
einen gewissen Herrn W i n k l e r:

"Hätten Sie das Fest von Anfang bis zu Ende mitgemacht und die Unterhaltung der Mitglieder angehört, so hätten Sie daraus entnehmen können, daß diese Leute REPUBLIKANER sind und unbedingt auf dem Boden der Verfassung stehen. Doch sie lassen sich auf keinen Fall absprechen, ihre FESTE wie, wann und wo sie wollen, zu feiern."

Das war deutlich - aber gleich danach kam der alte Haudegen "Me." auf den Knackpunkt der Winkler'schen Kritik zu sprechen, der ihn wohl zutiefst in seiner heldenhaften Veteranen-Ehre verletzt hatte:

"Jedenfalls machten die von Ihnen angezogenen "PFINGSTOCHSEN" mit "schwarz-weiß-roten Emblemen" hauptsächlich während des FESTZUGES einen vorzüglichen Eindruck und HÖRNER konnte man nirgends bemerken.
Während sich Ihre OBERGENOSSEN tatsächlich von dem Feste ferngehalten und sich auch nicht an den Fenstern gezeigt haben, konnten Sie natürlich nicht Ihre Neugier überwinden und haben sich auch "DEN RUMMEL MIT ALLEM DRUMRUM" angesehen.
Jawohl, Herr W i n k l e r , DER SIEG IST UNSER.
Dazu gehören aber die schon oben angezogenen "PFINGSTOCHSEN" auch mit, denn sie gehören doch fast ausschließlich zu Euren oder Euch nahestehenden oder mit Euch verwandten GEWERKSCHAFTEN,
aber lieber Freund, unsere FREIHEIT lassen wir uns von Euch nicht beschneiden, indem wir uns vorschreiben lassen, an welchen FESTEN wir teilzunehmen haben."


Zur Rolle der >Märkischen Volksstimme< in der Zeitungslandschaft gab "Me." selbstredend nur ein äußerst vernichtendes Urteil ab:

"Es muß leider gesagt werden, daß Ihre PRESSE die Bevölkerung nicht aufklärt, sondern verhetzt. Wenn dies der Fall nicht wäre, so würde Ihre >Volksstimme< als ein Blatt der WERKTÄTIGEN Bevölkerung viel mehr gelesen werden. Aber täglich den hetzerischen SCHMUTZ gegen die sogenannten BÜRGERLICHEN, unter welchen ja auch die nicht Ihrem Wahlverein angehörenden Arbeiter, Eisenbahner, Postbeamte, Angestellten und Beamten zählen, zu lesen, ist nicht jedermanns Sache."

Vor allem der haarsträubende Vergleich mit den "PFINGSTOCHSEN" ließ "Me." keine Ruhe:

"Also nochmals, Herr W i n k l e r,
wir verbitten uns ganz energisch Ihre ANEKELEIEN, denn wir sind nicht reaktionär und stehen unbedingt auf dem Boden der Verfassung, und sind wirkliche REPUBLIKANER, natürlich keine bezahlten HETZER.
Ferner waren wir nicht wie die "PFINGSTOCHSEN" geschmückt,
sondern schlicht , aber anständig angezogen.
Den KAMERADEN ihre EHRENZEICHEN, die sie sich teilweise mit ihrem Blute erkämpft haben, abzusprechen oder in den SCHMUTZ zu zerren, sind Sie nicht fähig, trotzdem Sie es versuchen.
Sie sehen ja, daß wir EHRLICHE FEINDE sind, indem wir trotz aller HETZEREIEN zu unserem KRIEGERVEREIN halten und die Mitgliederzahl sich im letzten Jahre verdoppelt hat."

Irgendwie musste Herr Winkler wohl auch an der städtischen Beschmückung herumgemäkelt haben, sodass sich "Me." genötigt fühlte, diese Kritik energisch zurückzuweisen:

"Wenn Sie auch nicht mit dem SCHMUCK DER HÄUSER zufrieden gewesen sind, wir waren jedenfalls sehr zufrieden damit.
Leider haben sich eine Anzahl EINWOHNER, um sich keine Unannehmlichkeiten seitens Ihrer Genossen zuzuziehen, gefürchtet, ihre Häuser zu schmücken.
Das ist FREIHEIT, wir betrachten es als TERROR."

Eher dünn war dagegen seine Argumentation in Sachen schwarz-weiß-roter Beflaggung:

"Was nun die Farben SCHWARZ-WEISS-ROT betrifft, so sind diese weder REAKTIONÄR noch gesetzlich VERBOTEN.
Die Vereine sind auch nicht so schnell in der Lage, neue FAHNEN usw. anzuschaffen.
Also wer diese FARBEN liebt, dem läßt man sein Vergnügen,
und wir MITGLIEDER des KRIEGERVEREINS lieben eben die Farben schwarz-weiß-rot, da können Sie nichts daran ändern.
Sie haben Ihre Vorliebe dagegen der ROTEN FAHNE zugewandt !"

Und dann kam es, wie es kommen musste. Unserem heldenhaften Protestler "Me." gingen dann gemeinhin die Argumente aus, als er zu begründen versuchte, warum bei einem Volksfest der REPUBLIKANER die Hymne der MONARCHISTEN, der Anhänger des deutschen Kaiserhauses, nicht nur gewünscht - nein, sogar gespielt wurde:

Kaiserhymne_resize.jpg

"Zum Schluß noch wegen des Musikstückes >HEIL DIR IM SIEGERKRANZ<, was Sie nun als HAUPTVERBRECHEN hinstellen, sei noch bemerkt, daß dies wohl auf den SCHERZ eines Festbesuchers, der jedenfalls gar nicht Mitglied war, zurückzuführen ist.
Da dieses LIED gesetzlich auch nicht verboten ist und die MUSIK ja für das Fest da war, hat sie eben das Lied auf Bestellung gespielt, da sie auch bei Ihnen alle Lieder spielen würde, die Sie verlangen würden."

Na ja, SCHERZ oder WITZ...
Mit politischen Überzeugungen sollte man aber nicht unbedingt SCHERZ treiben...
Ich nehme ja stark an, dass der angeblich musikalisch-kaisertreue WITZBOLD von der >Märkischen Volksstimme< eingeschleust worden war...:-)


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