Neues 609 - 2024-06-30

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Matthias
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Neues 609 - 2024-06-30

Beitragvon Matthias » So 30. Jun 2024, 11:30

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Harald
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Re: Neues 609 - 2024-06-30

Beitragvon Harald » Do 4. Jul 2024, 14:23

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Auf der Suche nach einem möglichst nutzbringenden KOMMENTAR zum aktuellen >CHRONIK – PROJEKT< kam ich auf die Idee, mal im VORWORT diverser ORTSCHRONIKEN nach den PROBLEMEN zu forschen, welche die CHRONISTEN bei Materialsuche & Quellenstudium hatten bzw. nach den HINDERNISSEN, die sich ihnen in den Weg stellten, und vor allem welche ERFAHRUNGEN sie ihren Nachfolgern übermittelten.
Auf Grund der heute etwas längeren, jedoch sehr interessanten AUSZÜGE aus den in einstmaliger Rechtschreibung belassenen TEXTEN möchte ich nunmehr MEIN KURZES VORWORT lediglich mit einem Wunsch für eine „GEWINNBRINGENDE LEKTÜRE“ beschließen, jedoch nicht ohne im Vorfeld auf ein HANDBÜCHLEIN im o.a. BILDFENSTER hinzuweisen, welches dem künftigen SENFTENBERGER CHRONIKSCHREIBER gute Dienste erweisen könnte...

Hier nun die angekündigten >VORBETRACHTUNGEN<
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(1) CHRONIK HOYERSWERDA (312 Seiten)

„Hie ist eine KURTZE jedoch richtige NACHRICHT von der STADT und Königl. Chur-Fürstl. Erb~ und Standes-Herrschaft HOYERSWERDA, welche aus unterschiedenen alten geschriebenen NACHRICHTEN & UHRKUNDEN, bey müßigen Stunden mit großer Mühe zusammen getragen und in eine richtige ORDNUNG gebracht worden. Man hat bißhero noch wenig Gedrucktes von derselben zu lesen bekommen.
Was das große UNIVERSAL-LEXICON und andere anführen, ist entweder sehr KURTZ oder meistentheils UNRICHTIG…Ich will zwar nicht sagen, als ob diese MEINE ARBEIT vollkommen sey, es wäre eine TORHEIT von mir, so ich mich deßen rühmen wolte, jedoch ist dieses gewiß, daß, was ICH geschrieben, mit allen NACHRICHTEN und UHRKUNDEN überein kommt. Das WERCK hätte viel größer und stärcker können werden, wenn man ALLES & JEDES hätte anführen wollen, was einige erzehlen. Aber bloße ERZEHLUNGEN & SAGEN anzuführen, die keinen BEWEISS haben, ist nicht rathsam, weil man dadurch gar leicht LÜGEN unter WAHRHEITEN streuen kann.
Was nun MEIN WERCK selbst anbelanget, ist es zubeklagen, daß einige so UNDIENSTFERTIG gewesen, da ich sie ersuchet, mir diejenigen NACHRICHTEN, so sie besitzen wollen, zu communiciren, ist es geschehen, daß man es ihnen MIT GELDE BEZAHLEN sollen, so bin ich hiezu nicht im Stande oder stehen sie in Gedancken, als ob sie einen grossen SCHATZ besäßen, so will ich nicht mißgünstig seyn, noch ihnen einen solchen berauben, sondern überlaßen.
In einem Capitel sind einige DÖRFER mit angemercket, welche zwar einestheils nicht zur HERRSCHAFT gehören, aber anderntheils mit den HERRSCHAFFTLICHEN DÖRFERN in einiger VERWANDTSCHAFFT seyn, daher im Capitel von ‚merckwürdigen Sachen‘ einiges mit STILLSCHWEIGEN übergangen, oder nur die ANFANGSBUCHSTABEN derer PERSONEN, mit denen etwas vorgegangen, gesetzet worden, damit deroselben hinterlassene FAMILIE nicht gekräncket werde…
Im übrigen hoffe, es wird der vielgeehrte LESER sein VERGNÜGEN finden, sey es jedoch und man findet hie und da eines oder das andere auszusetzen, so ersuche ich mit seinem URTHEIL sich nicht zu übereilen, aldieweil es UNMÖGLICH, eine SACHE also einzurichten, daß es ALLEN LEUTEN gefällig, zumahl solchen, die immer an andern was zu tadeln suchen, aber ihre eigenen großen FEHLER nicht erkennen wollen.
(Geschrieben zu Geyerswalde 22. August 1743 / S.G. Frentzel P.L.)

(2) CHRONIKE der KREISS-STADT CALAU (398 Seiten)

„Da die LIEBE ZUM VATERLANDE so schon eine Zuneigung zu dem Bande der Gesellschaft ist, in welcher man gebohren, und einen Theil seiner Jahre von Kindheit an zugebracht, und ich ein CALAUER, so wohl von GEBURTH, als ERZIEHUNG, meine beyde seelige BRÜDER, Johann Friedrich & Johann David, und VATER Johann Mattheß Schmidt, PERSONEN VON RATHE, und letzter BURGERMEISTER, auch Fürstl. Sächßl. Merseburgischer ZOLL~ & BIER-STEUER-EINNEHMER daselbst, ergeben gewesen, habe ich aus aufrichtiger NEIGUNG, so aus schuldiger VERBUNDLICHKEIT, dieser meiner lieben VATER-STADT zu Ehren & Andencken, deren CHRONIKE aufgesetzet, da noch bis dato deren eigentlichen Anfang niemand zulänglich hat erkundigen können…“

„Nachdem es MODE worden, die EHRE derer STÄDTE vornehmlich aus dem ALTERTHUM herzuleiten, und wie es mit dem ADEL zu geschehen pfleget, sie gleichsam nach ANZAHL derer AHNEN & JAHRE zu rangiren, so hat man bey Aufsuchung derer HISTORISCHEN NACHRICHTEN von der Creyß-Stadt CALAU vor allen Dingen billig auf ihr ALTERTHUM reflectiren müssen.
Zu wünschen aber wäre, daß die ersten EINWOHNER derselben den eigentlichen URSPRUNG dieser STADT sorgfältiger aufgezeichnet, gesammelt & conserviret, und deren Nachkommen solche NACHRICHTEN nicht unglücklicher Weise weggenommen und vernichtet hätten.“
(Johann Christian von Schmidt zu Lübben in der Nieder-Lausitz am 23. Juni Anno 1757)

(3) CHRONIK DER KREIS-STADT CALAU (322 Seiten)

„WER hat wohl nicht schon den WUNSCH gehegt und ausgesprochen, zu wissen, wie es an dem PLATZE, in dem LANDE vor Hunderten & Tausenden Jahren aussah, auf und in dem du jetzt wandelst. Keinem ist diese NEUGIER tadelnd auszulegen, der einen BLICK IN DIE GRAUE VERGANGENHEIT thun möchte. Deshalb wage ICH es zwar schüchtern, doch freudigen Muthes, der GESCHICHTSSCHREIBER meiner lieben VATERSTADT CALAU zu werden, die mich zwar nicht als NEUGEBORENEN in’s Leben, wohl aber den noch im Flügelkleide EINWANDERNDEN in seinem Schooße freundlich aufnahm, dem glücklichen KNABEN die schuldlosen Freuden der JUGEND, dem JÜNGLINGE die schönsten Hoffnungen des DASEYNS, dem MANNE einen ehrenden & nährenden BERUF, treue FREUNDE & werthe MITBÜRGER, meinen verewigten LIEBEN eine freundliche RUHESTÄTTE gab, und mir selbst, so Gott will, eine solche liebreich gewähren wird…“
„Daß ich so manches in die ERZÄHLUNG des STADTGESCHICHTLICHEN eingemischt habe, was, streng genommen, davon gesondert bleiben müßte, hoffe ich mit der UNMÖGLICHKEIT zu entschuldigen, die HISTORIE DER STADT von der DES LANDES zu trennen, und endlich scheint auch nicht überflüssig, dem LESER aus dem VOLKE in einem VOLKSTÜMLICHEN BUCHE aus der Vorzeit NACHRICHTEN zu geben, welche ihm bisher größtentheils wenig, oder noch gar nicht zu Theil geworden, gleichwohl aber von NUTZEN sind.“
(J. F. Merbach, Königl. Preuß. Gerichtsamtmann daselbst zu Calau, den 31sten December 1832)

(4) CHRONIK DER STADT & STANDESHERRSCHAFT FORST (342 Seiten)

„Seit mehr als 20 Jahren habe ich an den MATERIALIEN zu dem nachstehenden WERKCHEN gesammelt, und anfänglich nicht daran gedacht, das GESAMMELTE drucken zu lassen. Viel GEDULD & MÜHE hat es gekostet, einige SAMMLUNGEN und eine große Zahl BÜCHER & DRUCKSACHEN durchzugehen, AUSZÜGE daraus zu machen und das Gefundene zu ordnen und zu sichten. Ich freue mich daher um so mehr, daß diese MÜHEN überstanden sind und daß die Frucht derselben nunmehr gedruckt vorliegt. Schwerlich hätte EIN ANDERER nach mir ALLES zu erlangen vermocht, was ich aufgefunden und benutzt habe.
Daß der anspruchlose Titel >CHRONIK< der angemessenste ist, ergiebt der INHALT des Werkchens.
Nach dem SCHMUCKE DER REDE habe ich nicht gestrebt; es lag mir nur daran, auch den ‚NICHTGELEHRTEN‘, denen die allermeisten LESER angehören, VERSTÄNDLICH zu sein. Daß der STYL nicht überall gleich ist, rührt davon her, daß ich viele ALTE NACHRICHTEN mit wenigen SPRACHLICHEN AENDERUNGEN wörtlich aufgenommen habe. Unter solchen Umständen kann nicht Alles AUS EINEM GUSSE sein.“
(Geschrieben zu Forst, am 30. Juli 1846 von Johann Christoph Schneider, Superintendent & Pastor Primarius daselbst)

(5) CHRONIK DER STADT ORTRAND (72 §§ auf 57 Seiten)

„Die ORTSGESCHICHTE der meisten, zumal KLEINEN STÄDTE, ist unangebauten Landstrecken ähnlich, bei denen nur selten oder gar nicht eine MENSCHLICHE HAND einen Spaten anzusetzen versucht hat.
Die Aufforderung zur ANFERTIGUNG einer geschichtlichen STADT-CHRONIK ist demnach nichts anderes als ein BEFEHL, dergleichen wüstes in tragbares LAND umzuschaffen, um für das GESCHICHTLICHE TERRAIN neuen Boden zu gewinnen. Dabei sollte man einer Commune, STADT oder DORF, welche für ihre ORTSGESCHICHTE Sinn & Gefühl hat, auch patriotischen GEMEINGEIST zutrauen. Wer sich für die frühere ZEITGESCHICHTE seines Wohnortes zu interessiren vermag, wird sich hoffentlich auch für das WOHL & WEHE seines Zeitalters interessiren.
Daß es an dergleichen besonders in KLEINEN STÄDTEN häufig gebricht, hat verschiedene, einleuchtende URSACHEN:
eine STUMPFSINNIGE GLEICHGÜLTIGKEIT gegen ARCHIVALISCHE NACHRICHTEN & SCHRIFTEN, sowie ein UNORDENTLICHES, LEICHTSINNIGES AUFBEWAHREN ALTER PAPIERE habe ich an den meisten ORTEN vorgefunden, wo mich gelegentlich REISEN hingeführt haben. Unser RATHAUS enthält zwar in seiner SESSIONSSTUBE einen beträchtlichen Vorrath städtischer VERHANDLUNGSSCHRIFTEN, von denen besonders die späteren seit 150 Jahren ziemlich VOLLSTÄNDIG, obschon in UNBEQUEMER ORDNUNG, IN VERSCHLOSSENEN SCHRÄNKEN sich befinden. Aber von dem, was unsere früheren VORFAHREN an schriftlichen AUFSÄTZEN ihrer Zeit hinterlassen und aufbewahrt haben, ist NICHT VIEL ERHEBLICHES vorhanden.
Der ganze, in einem besonderen SCHRANKE sich befindende, in unermeßlichen STAUB & UNRATH eingehüllte VORRATH ist überdies so untereinander geworfen, verschoben, zum Theil auseinander gerissen, daß ein geschäftsloser MANN einíge MONATE lang ununterbrochen einen VERSUCH machen darf, ob er aus dieser Menge von SCHLACKEN noch einige gehaltreiche KÖRNER herauszuscheiden vermag.
Da, wo noch etwas BEDEUTENDES von alten NACHWEISUNGEN & NACHRICHTEN angetroffen wird, fehlt es an tauglichen und willigen SUBJECTEN, die einer solchen GESCHICHTLICHEN ZUSAMMENSTELLUNG sich unterziehen könnten und wollten, weil, außer der GEISTLICHKEIT, gemeiniglich kein LITERATUS als der STADTSCHREIBER übrig bleibt, der aber jede ANREGUNG mit der freilich nicht ganz unbilligen ANTWORT abfertigt: ‚Was wird uns dafür (gezahlt) ?‘
(Entworfen von P.S. [Christian Heinrich Schreyer] 1852)

(6) KLEINE CHRONIK VON LEIPZIG (1. Teil = 100 Seiten)

„Wir DEUTSCHE haben eine Menge STADT~ & LANDES CHRONIKEN: blos der gedruckten möchten wohl ein paar hundert seyn. Allein wer mag diese CHRONIKEN lesen, und wer hat Zeit dazu ? Es sind FOLIANTEN in abscheulichem STYL, unausstehlich gedehnt, mit KLEINIGKEITEN & THORHEITEN angefüllt. Und dennoch sollte man sie lesen – wirklich, es sind KÖRNER unter diesem KEHRICHT. Ich kenne BERÜHMTE MÄNNER, die in ihren Ruhe-Stunden DEUTSCHE CHRONIKEN lesen, und ANEKDOTEN daraus aufstöbern, die sich aus der großen HISTORISCHEN WELT wie verlohren haben. Nun sehe ich kein besseres Mittel, GESCHICHTSKUNDE unter den großen HAUFEN zu bringen, als wenn man solche CHRONIKEN LESBAR MACHTE, denn solche sind vorzüglich verständlich, und interessiren vorzüglich. Was kümmert den BÜRGER von XYZ die alte persische & neue sinesische GESCHICHTE?
Er versteht das wenigste davon, und Persien & Sina liegen weit weg. Aber GESCHICHTE SEINER STADT, wo er ansäßig, aller PLÄTZE der Begebenheiten kundig, und vielleicht selbst in die darinn vorkommenden ÄLTEREN FAMILIEN eingeflochten ist – da fühlt er INTERESSE, ohne je einen AUFSATZ vom NUTZEN DER HISTORIE gelesen zu haben; da wird er neugierig, nimmt die BRILLE, und ließt, falls er nur lesen kann, die CHRONIK SEINES ORTES – anfänglich blos aus NEUGIER und für die LANGEWEILE, und nachher mit thätigem NUTZEN. Jene FACTA, die sich zunächst UM UNS ereignen, sind eher fähig, EMPFINDUNGEN & HANDLUNGEN hervorzubringen und behält das GEDÄCHTNIS, als FACTA aus entfernten WELTEN.
Ueber AUSDRUCK, SCHREIBART & METHODE, und den ganzen VORTRAG solcher BÜCHELGEN ist keine Untersuchung nötig: ihr ZWECK bestimmt alles. Sie sollen fürs GROSSE PUBLICUM, folglich LEICHT & NATÜRLICH in hohem Grade seyn. Läßt sich ein BOGEN [eine Seite] so sanft weglesen, daß der LESER die VIELE ARBEIT, die er seinen VERFASSER gekostet, gar nicht merkt, sondern jeder denkt:
‚Ey, so ein DING wollt ich auch IN EIN PAAR MÜSSIGEN STUNDEN machen !‘ – dann ist ALLES WOHL GERATHEN !“
(August Ludwig von Schlözer 1735-1809 / Historiker & Publizist)

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Abschließend sei noch auf die SCHREIBERLINGE 2 & 3 verwiesen,
die sich in gekonnter Weise als überaus ortsverbundene bzw. auf adlige Abstammung pochende CHRONISTEN anpriesen !

Christian neu in SFB
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Re: Neues 609 - 2024-06-30

Beitragvon Christian neu in SFB » So 7. Jul 2024, 18:30

Hat wieder Freude gemacht Eure Beiträge und Kommentare zu lesen. Thematisch wie immer eng verbunden, das muß man erstmal hinkriegen.
Harald, das muß doch Stunden gedauert haben diese Texte im Originalton abzuschreiben, danke für die Kurzweil.


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