Neues 143 - 2014-08-24

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Matthias
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Neues 143 - 2014-08-24

Beitragvon Matthias » So 24. Aug 2014, 09:20

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Harald
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Re: Neues 143 - 2014-08-24

Beitragvon Harald » So 24. Aug 2014, 16:36

Kinder bevorzugen wohl seit jeher
ABENTEUERSPIELPLÄTZE
für ihre Freizeitgestaltung.
Im Unterschied zu den heute überwiegend künstlich errichteten Spielplätzen, befanden sich die meiner Kindheit unweit unserer Wohnstatt in der näheren Umgebung, einer LANDSCHAFT, welche außer Straßen und Höfen der Arbeitersiedlung zum Glück auch HOHE BERGE (ehemalige Weinberge & Tagebaukippen) und TIEFE TÄLER (ausgekohlte Tagebaugruben) zu bieten hatte. Wichtig für uns war allerdings nur, dass wir gelegentlich den gestrengen Blicken unserer Eltern und Großeltern entfliehen konnten. Was mich heute doch sehr nachdenklich stimmt, ist die Tatsache, dass wir damals in der Nachkriegszeit augenscheinlich gern "Kriegsspiele" veranstalteten, obwohl nicht wenige unserer Spielkameraden ihre Großväter, Väter, Onkels im zurückliegenden Krieg verloren hatten. So weit reichte dann wohl unser Verstand doch noch nicht aus, denn darüber verschwendete keiner auch nur einen Gedanken - vielleicht auch, weil gottlob nur wenige Ruinen das Ortsbild prägten...
Unser Aktionsfeld waren neben Kippen & Gruben die inzwischen schon legendären, weil unwiederbringlichen, westlich von Senftenberg gelegenen HÖRLITZER ALPEN, deren Namensgebung im Dunkel liegt.
Ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass sie ihren Namen bekamen, weil sie als beliebtes Wintersportgelände mitnichten unser winziges Garmisch-Partenkirchen darstellten...;-)
Am nördlichen Ende Senftenbergs gab es nun die ebenfalls legendäre Erhebung
HÖHE 304. Dieser Ausdruck hatte von vornherein schon etwas Militärisches an sich, denn in den Kriegserzählungen war immer mal die Rede von Brückenköpfen und Anhöhen, die es einzunehmen galt. Rätselhaft war allerdings, dass die ehemaligen RAUNOER WEINBERGE nur 159,1 m über NN als maximale Höhe aufwiesen.
Im Volksmund bekam die HÖHE 304 ihren Namen angeblich, historisch allerdings nicht verbrieft, von ehemaligen Kriegsteilnehmern nach einer im 1. Weltkrieg hart umkämpften Erhebung vor Verdun (Frankreich).
An diesem Brennpunkt der Westfront, am Westufer der Maas gelegen, wurden 1916/17 in einer horrenden Materialschlacht rücksichtslos und unsinnig Tausende Menschenleben französischer und deutscher Soldaten geopfert. Sie starben in einer Todesmaschinerie aus Artilleriefeuer, MG-Garben, Flammenwerfern & Giftgas. Zurück kamen unzählige verkrüppelte und für ihr Leben entstellte junge Männer.

Verdun_Höhe 304_resize.jpg

Gestatten Sie mir an dieser Stelle, nochmals den Schriftsteller HORST MÖNNICH zu erwähnen, der in seinem Buch >Mein Jahrgang< von einem Wandertag zur Raunoer HÖHE 304 berichtet, den sein Mit-Gymnasiast Przybilla organisierte, da dieser im Besitz einer Lausitzer WANDERKARTE war:

"Die ZIEGENBERGE* waren frei von Einzeichnungen, hier war unberührtes Gebiet. Es mochte etliche Quadratkilometer groß sein. Zwar hatte sich die Industrie von allen Seiten bis an seinen Rand vorgeschoben, aber der Einbruch auf breiter Front war ihr verwehrt geblieben...
Er führte uns in dieses unangetastete Fleckchen Erde, eine Art Naturschutzgebiet, am Rand von Schonungen entlang, Bachläufe hinauf, die mit grünen Moospolstern ausgeschlagen waren...
Und dann die HÖHE 106**. Bald sahen wir die Spitze eines Holzgerüstes - ein trigonometrischer Punkt, das Dreibein zu gravitätischem Schritt gespreizt - über dem Jungwald aufsteigen, der hügelauf und hügelab uns schon eine Weile begleitete. Es mochte noch ein guter Kilometer bis dorthin sein...
Spät am Abend, als es schon dunkelte, kehrten wir heim. Noch nie hatten wir einen solchen Wandertag erlebt. Wer hatte gewußt, daß es in unserer Gegend noch Bezirke gab wie die ZIEGENBERGE*, und wer hatte geahnt, daß es in einer simplen OBSTWEINSCHÄNKE so gemütlich sein konnte..."

Höhe 304_resize.jpg

Bis 1945 existierte ein kleines Ausflugslokal wenige Schritte vom Aussichtspunkt entfernt, die sogenannte Karrasche Gaststätte auf der Höhe 304. Eigentümer war die Ilse Bergbau AG. Dieses Lokal war sehr beliebt. Bei Kaffee & Kuchen oder einem Bierchen hatte man von der Veranda aus einen herrlichen Weitblick über die Stadt bis hin zum Koschenberg, sowie zum Lautawerk und bei schönem Wetter sogar bis zu den Kamenzer Bergen.
In besagter Gaststätte war es deshalb so gemütlich, weil eine Mädchenklasse vom Lyzeum das gleiche Wanderziel angesteuert hatte, und man nach den vom Musiklehrer am Klavier gespielten Schlagermelodien gemeinsam das Tanzbein schwang.
Als es 1957 zu einem unerwarteten Wiedersehen zwischen HORST MÖNNICH und Przybilla kam, erzählte dieser von einer Lagebesprechung in den letzten Kriegstagen an eben dieser HÖHE 304:

"Ich holte meine alte Wanderkarte hervor, eine so genaue Karte besaßen sie nämlich nicht. Sie hatten möglicherweise noch Karten aus Rußland in ihren Wagen oder von Frankreich, sie hätten sich dort auch ohne Karte zurechtgefunden, aber in der LAUSITZ...
Gegen Abend hatten wir die HÖHE erreicht und wir zogen an der alten Eiche vorbei, wo die Namen von 20 Tertianern eingeschnitten waren...
Als der Morgen graute, knallte es plötzlich. Wir fuhren hoch aus unseren Löchern. Der Kiefernwald, in dem wir uns eingegraben haben, splittert auseinander. Die Frauen wimmern, und die Kinder schreien. In den Baumkronen krepieren Artilleriegeschosse...Ich lief an den Rand des Wäldchens. Es begrenzt eine Wiese, die ein bis zwei Kilometer lang und fast ebenso breit und ohne Baum, ohne Gesträuch, ohne Graben, ohne jede Deckung und flach wie ein Brett ist. Wir sind damals, als ich euch das erstemal in die ZIEGENBERGE* führte, an ihrem Rand entlanggezogen, noch unterhalb von HÖHE 106**...Sie sah aus wie ein riesiger Fußballplatz, mit den Hochsitzen am Waldsaum rechts und links als Tribünen..."

Hier schließt sich der historische Kreis. Der HÖHE 304 in Rauno einen militärischen Hintergrund zu geben, war also gar nicht so abwegig, denn auch hier wurde einst sinnlos Blut vergossen...
und daran sollten wir uns gerade in Friedenszeiten erinnern !

* Raunoer Weinberge
** Höhe 304

Frank66
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Re: Neues 143 - 2014-08-24

Beitragvon Frank66 » Mo 25. Aug 2014, 09:02

Eigentlich lag die Höhe 304 links vom roten Kreis und zwar dort, wo das Wirtshaus eingezeichnet ist. Der rote Kreis befindet sich größtenteils noch innerhalb der Gemarkung von Reppist. Es wurde immer gesagt, das die Höhe 304 zu Rauno gehört.

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Matthias
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Re: Neues 143 - 2014-08-24

Beitragvon Matthias » Mo 25. Aug 2014, 09:58

Ich habe mich auch schon gewundert, aber wie gesagt: ICH kenne mich da ja auch nicht aus.
Möglicherweise ist es aber eine Definitionsfrage. WAS war die "Höhe 304"?

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Harald
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Re: Neues 143 - 2014-08-24

Beitragvon Harald » Mo 25. Aug 2014, 14:03

Höhe304_N.Jurk_resize.jpg
GENAU ! Ich nehme stark an, dass die HÖHE 304 nicht nur ein bestimmter PUNKT auf jener Raunoer Erhebung - z.B. der von Hörst Mönnich erwähnte "Trigonometrische Punkt" - war, sondern die gesamte HOCHFLÄCHE bezeichnen sollte. Da meine Mutter kurz nach dem Krieg an Darm-TBC verstarb, waren diese "gefährlichen 3 Buchstaben" ein rotes Tuch für meine Großmutter und so wurde die gesamte Höhe 304 für mich mit der bekannten TBC-Heilstätte als absolute "No-Go-Zone" erklärt, woran ich mich in meiner kindlichen Angst auch eisern hielt.
Deshalb kenne ich mich mit den Gegebenheiten "dort oben" ebenfalls nicht aus.
Ich hatte mir bei meiner Recherche die Karte aus dem Buch >Erinnerungen an meine alte Heimat rund um die Senftenberger Höhe 304< von Norbert Jurk als Vorbild genommen.
Also reiche ich hiermit den "Staffelstab" weiter an Norbert - bitte kläre uns auf !

Frank66
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Re: Neues 143 - 2014-08-24

Beitragvon Frank66 » Di 26. Aug 2014, 09:52

Ich verstehe den Text von Horst Mönnich so, das er bei seiner Wanderung auf die Höhe 304 gelangte und von dort aus den trigonometrischen Punkt sah, der etwa noch einen Kilometer von der Höhe entfernt war.

Norbert

Re: Neues 143 - 2014-08-24

Beitragvon Norbert » Di 26. Aug 2014, 17:50

Wege auf der Höhe 304 (2).jpg
Meiner Meinung nach war die Höhe 304 kein bestimmter Punkt auf den ehemaligen Weinbergen gewesen, sondern umfasste die gesamte Hochfläche. Für uns als Kinder war das alles Höhe 304. Die Treppenbahn, der Rodelberg, die TBC- Station, der Baum mit dem Schwert, der Feuerwachturm und natürlich die Bombengrube. Im Volksmund bekam die Höhe 304 ihren Namen von ehemaligen Soldaten die im 1. Weltkrieg in Verdun (Frankreich) an dieser hart umkämpften Erhebung stationiert waren.
Ob es wirklich die Berghänge der ehemaligen Weinbergterrassen waren, die an Verdun erinnerten?
Ich kann es mir nicht vorstellen. Ich denke da eher an die vielen Bruchfelder links und rechts der Wege auf der Höhe. Sie waren das Erbe des Oberflözbergbaues und sahen aus wie Bombentrichter oder Schützengräben. Ob das stimmt werden wir wohl niemals erfahren.

Norbert Jurk


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