HOTELS sind heute aus keinem Stadtbild mehr wegzudenken. Sogar
SENFTENBERG hatte bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert zahlreiche
HOTELS aufzuweisen, die einen durchaus komfortablen Aufenthalt boten.
Noch im 17. Jahrhundert allerdings übernachteten
REISENDE in unserer Stadt in der Regel bei ihresgleichen, d.h.
ADELIGE nächtigten bei ihren Standesgenossen im
SCHLOSS, Vertreter der
KIRCHE kamen selbstredend in den
PFARRHÄUSERN ihrer jeweiligen Glaubensrichtung unter, gleichermaßen
KAUFLEUTE & HANDWERKER zumeist bei ihren
ZUNFTBRÜDERN. Nur
PERSONEN von niederem Stand übernachteten in kleinen
GASTWIRTSCHAFTEN, die zwar hauptsächlich auf
VERKÖSTIGUNG der Gäste spezialisiert waren, nebenher aber auch
SCHLAFGELEGENHEITEN anboten. Diese beschränkten sich anfänglich allerdings zumeist nur auf einen großen mit
STROH ausgelegten
SCHLAFRAUM, in dem allgegenwärtiges Ungeziefer, Kälte & Zugluft den
GÄSTEN arg zu schaffen machten. Auch ein einzelnes, karg möbliertes
GÄSTEZIMMER war oftmals in keinem besseren Zustand.
WANZEN gehörten zu einer jeden Übernachtung dazu und über ein
NACHTGESCHIRR unter dem Bett konnte der Gast heilfroh sein. Die Einrichtung der
POSTKUTSCHE im 18. Jahrhundert, die das
REISEN etwas bequemer machte, förderte die
REISELUST der Menschen und es mussten mehr
ÜBERNACHTUNGSMÖGLICHKEITEN her. Allein in Deutschland erhöhte sich in diesem Jahrhundert nicht nur die Zahl der
GASTHÖFE auf 80.000, sondern auch deren
KOMFORT: Jedes
ZIMMER war mit einem
WÄRMEOFEN ausgestattet, in dem angenehme Geruchsessenzen schmorten. Die
BETTEN verfügten über
DAUNENDECKEN und dank eines
HOLZZUBERS in jedem Zimmer konnten die Gäste sogar ein
BAD nehmen.
Ein Blick in die archivierten Senftenberger
ADRESSBÜCHER von 1897 bis 1941 macht deutlich, dass zwar stets zahlreiche HOTELS vorhanden waren, die jedoch nicht durchgehend aufgeführt wurden. Welche Überlegungen bei der EINTRAGUNG bzw. WEGLASSUNG im städtischen „Hotel-Register“ oder die Tatsache, dass oftmals beim „Übernachtungsgewerbe“ einzig & allein das
>REICHSHOTEL< Erwähnung fand, eine Rolle gespielt haben könnten, entzieht sich meiner Kenntnis.
Besagtes
>REICHSHOTEL< firmierte vor seiner
NEUERÖFFNUNG am 17.11.1903 als nach seinem Besitzer benanntes
>HÄNIG’S HOTEL<, welches schon damals in der
SCHLOSS-STR. 6 - neben
>HÄNIG‘S BIERGROSSHANDLUNG< (
Nr. 8) stand.
Das reichhaltige
INSERATEN – KONVOLUT aus dem
>SENFTENBERGER ANZEIGER< von 1904 verweist in der
LINKEN SPALTE u.a. auf die
NACHFEIER DER NEUERÖFFNUNG vom 21.01.1904 sowie auf den schon im September vollzogenen
WECHSEL DER GESCHÄFTSFÜHRUNG. Die
MITTELSPALTE verweist auf das augenscheinlich profitable
HOTELRESTAURANT, das sich mit einer imposanten
MITTAGSKARTE einen Namen machte. Die
RECHTE SPALTE zeugt schließlich von der in der Senftenberger Bürgerschaft großen Beliebtheit traditioneller
SCHLACHTFESTE .
Was wären aber
HOTELS & GASTHÄUSER ohne das sprichwörtliche
„TRINKGELD“… Die nachfolgende amüsante ABHANDLUNG fördert hierzu interessantes DETAILWISSEN zutage:
Im >Handbuch des Hotelwesens< von 1887 wurde die
ANKUNFT NEUER GÄSTE folgendermaßen reglementiert:
„Die ANKUNFT neuer GÄSTE kündigt der PORTIER durch die FREMDENGLOCKE an. Es hat dies frühzeitig genug zu geschehen, so dass diejenigen ANGESTELLTEN, welche beim EMPFANG thätig sein müssen, am PLATZE sind, wenn die GÄSTE das HOTEL betreten. Die ANGESTELLTEN haben sich niemals in GRUPPEN aufzustellen, damit ihre Anwesenheit wenig auffällt. Diejenigen, welche mit dem EMPFANG bzw. der UNTERBRINGUNG nichts zu thun haben, müssen sich gänzlich ferne halten, weil das neugierige ANSEHEN von einem versteckten Platze zwischen Thüren & hinter Pfeilern einen widerlichen Eindruck macht.“Demgegenüber wurde die
REALITÄT in diversen „Humoristischen Blättern“ genüsslich auf‘s Korn genommen:
"Es wird einem oft bange, wenn man in einem großen HOTEL ankommt:
ist der REISEBUS in Sicht, so ertönt die HOTELGLOCKE, und heraus stürzt ein halbes Dutzend PERSONAL. Man wird fast aus dem WAGEN gehoben; jeder beeilt sich, etwas vom HANDGEPÄCK zu tragen; die FLÜGELTHÜREN werden aufgerissen, tiefe VERBEUGUNG, und man befindet sich im SAALE. Ein schwerer Seufzer entringt sich der Brust des Reisenden, denn er weiß, daß jede freundliche MIENE, jede HAND, die nach IHM oder seinen SACHEN ausgestreckt wurde, besondere BEZAHLUNG erwartet.
Zuerst kommt der OBERKELLNER. Er rechnet bestimmt mit TRINKGELD, da dieses außer dem Verdienst aus seinem CIGARRENHANDEL und dergleichen den Haupttheil seiner EINNAHME bildet. Zweitens kommt der SAALKELLNER, welcher gewöhnlich Morgens den KAFFEE und Abends die SPEISEN bringt, auch wohl den UEBERZIEHER & HUT abnimmt, um ihn aufzuhängen. Drittens erscheint der PORTIER. Er gibt in größeren HOTELS die für die Reisenden ankommenden BRIEFE heraus, und schlägt auch schon mal eine Adresse im ADRESSBUCH nach. Als vierte in der Reihe kommt das ZIMMERMÄDCHEN. Sie hat tagsüber ein, zwei Mal frisches WASCHWASSER auf’s Zimmer gebracht. Der fünfte ist der HAUSKNECHT, bei dem das TRINKGELD sogar obligatorisch ist. Er wichst die STIEFEL und weckt Morgens, wenn man es wünscht. In der Regel bekommt er KEIN GEHALT und wird dennoch mitunter ein vermögender Mann. Als sechster, glücklicherweise der letzte, steht der KUTSCHER da. Er öffnet beim Einsteigen die WAGENTHÜRE und bringt das HANDGEPÄCK in den Wartesaal. Bei seinem geringen GEHALT kann er ohne TRINKGELD nicht bestehen."Mit detektivischer Hingabe verwies man im Jahre
1912 sogar auf eine imaginäre
„HOTELPERSONAL-GEHEIMSPRACHE“:
"Schlimm ist nur, wenn man für DIENSTE bezahlt, und dieselben LEUTE, die sich von den TRINKGELDERN der Reisenden nähren, jedem ABREISENDEN HOTELGAST noch eine Art „STECKBRIEF“ mitgeben, der allen KOLLEGEN auf der ganzen zivilisierten Welt als einen „mehr oder weniger FREIGEBIGEN oder KNAUSERIGEN, ANSPRUCHSVOLLEN oder MAROTTENHAFTEN Menschen" kennzeichnet, wonach sie den GAST mehr oder weniger aufmerksam bedienen oder im Gegenteil bis nahe an der Ungezogenheit schneiden & vernachlässigen.
Dafür gibt es verschiedene, der HOTELDIENERSCHAFT überall verständliche GEHEIME ZEICHEN zur Charakterisierung des Gastes, der übrigens, wenn er einigermaßen REISEERFAHRUNGEN hat, schon an der Art seines EMPFANGES – an der untertänigen VERBEUGUNG bis zum STEIFEN HALSE – erkennt, welche BONITÄT man ihm antaxiert. Diesem URTEIL liegt eine „Sachverständigen-Untersuchung“ zugrunde, die sofort stattfindet, wenn der FREMDE das GASTLICHE HAUS betreten hat. Da treten der HAUSKNECHT, der PORTIER, der OBERKELLNER als „Untersuchungsrichter“, denen sich noch das STUBENMÄDCHEN & der lernbegierige PICCOLO [Hotelboy] anschließen, zusammen und prüfen schmunzelnd oder höhnisch die BESONDEREN KENNZEICHEN AM GEPÄCK DES GASTES."