Neues 570 - 2023-06-25

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Matthias
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Neues 570 - 2023-06-25

Beitragvon Matthias » So 25. Jun 2023, 18:04

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Harald
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Re: Neues 570 - 2023-06-25

Beitragvon Harald » Di 27. Jun 2023, 12:11

lOGO.jpg

Der ZECHENSAAL wurde in einer bergmännischen Zeitschrift von 1893 wie folgt beschrieben:

„Neben der WASCHKAUE liegt ein geräumiger, bei kalter Witterung stets geheizter und mit TISCHEN & BÄNKEN versehener „ZECHENSAAL“, in welchem die ARBEITER ihre MAHLZEITEN einnehmen. An diesen ZECHENSAAL stößt eine geräumige ARBEITERKÜCHE, aus welcher denjenigen ARBEITERN, welche während der MITTAGSPAUSE ihren WOHNSITZ nicht erreichen können und denen das ESSEN auch nicht von den ANGEHÖRIGEN zugetragen wird, ein kräftiges MITTAGESSEN und auch einige andere SPEISEN & GETRÄNKE zum Selbstkostenpreis entnehmen können. Für diejenigen ARBEITER, welche doch das von den ANGEHÖRIGEN zubereitete ESSEN für das beste halten, ist in einem neben dem ZECHENSAALE liegenden kleinen RAUME ein zu den Essenszeiten unentgeltlich geheizter WÄRMOFEN aufgestellt.“

…und aus einem >BERG-BUCH< von 1734 stammt die folgende DEFINITION:

Zechen-Haus_resize.jpg

„Das ZECHENHAUS ist dasjenige HAUS, worinnen die BERGLEUTE ihr GEZÄHE haben und frühe zwischen 3. und 4. Uhr zusammen kommen, um ihr GEBET vor dem Anfahren miteinander zu verrichten. Um 4. Uhr muß man mit seinem Führer in das ZECHENHAUS gehen, daselbst seine KLEIDER ablegen, und davor GRUBEN-KLEIDER anziehen, weil der Gebrauch der BERGWERCKE, und die MENAGE der KLEIDER dieses erfordern wollen.“

Halten wir also fest:

ZECHENHÄUSER waren öffentliche Gebäude, in denen die BERGLEUTE des Morgens vor der SCHICHT zusammenkamen, ihr GEBET verrichteten, und nachdem sie ihre personengebundenen WERKZEUGE in Empfang genommen hatten, gemeinsam einfuhren. Die pünktliche ANWESENHEIT aller Arbeiter zur festgelegten Zeit war für den geordneten BETRIEBSABLAUF von großer Bedeutung.

Bedingt durch ihren gefährlichen BERUF, waren die BERGLEUTE in alter Zeit SEHR RELIGIÖS veranlagt, weshalb auch das sogenannte „SCHICHTGEBET“, mancherorts auch Berg~, Gruben~, Bergmanns~, Morgen~, Anfahr~ oder Einfahrtsgebet genannt, in vielen REGIONEN weit verbreitet war, und seit dem 16. Jahrhundert in den BERGREVIEREN, meist in eigens dafür geschaffenen, kirchenähnlichen BETHÄUSERN oder ~STUBEN, praktiziert wurde.
Durch GEMEINSAMES SINGEN & BETEN sollte drohendes UNHEIL abgewendet werden. Beim GEBET herrschte eine strenge SITZ-HIERARCHIE:
Der OBERSTEIGER saß an der TAFEL ganz oben an, neben ihm die UNTERSTEIGER, während die HÄUER, KNECHTE & GRUBENJUNGEN auf einfachen Bänken Platz nahmen.
Das GEBET wurde von einem BERGMANN mit lauter Stimme vorgetragen bzw. von allen anwesenden BERGLEUTEN andächtig im Chor gesprochen und anschließend ein LIED gesungen. Dann las der Obersteiger die NAMEN der Bergleute vor und verteilte unter sie die ARBEIT. Zum Schluss riefen sich die BERGLEUTE noch ein kräftiges >GLÜCK AUF< zu und machten sich auf den Weg zur Arbeitsstelle.

Gebete_resize.jpg

Das GEBET war ab dem 17. Jahrhundert nicht nur TRADITION, sondern sogar PFLICHT. Diejenigen BERGLEUTE, welche nicht mit voller Anteilnahme der BEFOHLENEN ANDACHT folgten, wurden mit harten STRAFEN belegt: für GOTTESLÄSTERUNG gab es z.B. 8 Tage Gefängnis bei Wasser & Brot, eine volle Stunde am Kreuz stehen oder Zahlung von 7 Gulden Strafe. Für jedes VERSÄUMTE MORGENGEBET war ½ Silbergroschen fällig, was bei einem Schichtlohn von 5 bis 10 Silbergroschen schon arg weh tat.
Mit zunehmender Mannschaftsstärke eines Reviers wuchsen zusehends die PROBLEME hinsichtlich der gemeinsamen ANDACHT. Damit verlor auch das tägliche PFLICHTGEBET an Wert & Aufmerksamkeit und wurde in der ersten Hälfte des 20. Jh. allmählich abgeschafft.
In der Folgezeit diente das ZECHENHAUS den Bergleuten des jeweiligen Reviers als VERSAMMLUNGSRAUM und wurden bei Bedarf auch noch anderweitig genutzt – sogar als WIRTSHAUS
– da es bei allen Wetterlagen den erforderlichen SCHUTZ bot.

Heimkehr_resize.jpg

Nach SCHICHTENDE wurde nochmals ein GEMEINSAMES GEBET gesprochen, bevor jeder BERGMANN nach Hause eilte, wo ihn FRAU & KINDER überglücklich begrüßten.
Hin & wieder kam es allerdings vor, dass irgendeine FAMILIE vergeblich auf die Rückkehr ihres Ernährers wartete, da jener durch gewaltsame oder natürliche Umstände im Dienst seine sprichwörtlich LETZTE SCHICHT hinter sich gebracht hatte. Während ihm dann seine Kollegen die LETZTE EHRE erwiesen und seinen Leichnam dem Schoß der dunklen ERDE übergaben, in welcher er seinen mühsamen LEBENSLAUF gefunden & nunmehr überstanden hatte, ertönte der schöne SCHLUSSGESANG des Bergmannsgrußes:
„Leb wohl, leb wohl, du Bergmannskind, Du hast vollbracht den Lauf.
Treu warest du und brav gesinnt, Drum rufen wir: Glück auf !“


Bergmannskind Final.jpg

Dieses traurige Ereignis wurde einstmals in einem sogenannten >KÜCHENLIED< (auf verschiedenen ANSICHTSKARTEN-SERIEN auch mit illustriertem Text zu sehen) vor allem von den weiblichen HINTERBLIEBENDEN, überaus wehmütig besungen. Durchaus möglich, dass auch gestandene BERGMÄNNER, wie die des nachfolgend zu hörenden KNAPPENVEREINS, das Lied >DAS BERGMANNSKIND<, mit dem augenscheinlich ihr „bergmännischer BRUDER“ gemeint war, auf dem letzten Gang gemeinsam sangen.



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