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Neues 503 - 2022-01-30

Verfasst: So 30. Jan 2022, 14:20
von Matthias
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Re: Neues 503 - 2022-01-30

Verfasst: Di 1. Feb 2022, 18:15
von Harald
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FAHRRAD-FAHREN-LERNEN

war wohl schon zu allen Zeiten kein leichtes Unterfangen, wie uns das BILD von einer „echten“ RADFAHRSCHULE um 1900 zeigt.
Heutzutage lernen Kinder schon ab einem Alter von etwa drei Jahren auf kleinen chromglänzenden Flitzern das RADFAHREN.
Mein Großvater brachte es mir erst im Alter von 9 Jahren auf seinem, über Krieg und russische „Einkassierung“ geretteten, uralten 28er MIFA-DAMENRAD bei.
Zur Jugendweihe 1958 bekam ich dann freudestrahlend ein richtiges 26er DIAMANT-HERRENRAD geschenkt, welches danach, durch eine vom Taschengeld finanzierte 3-Gang-Schaltung zum sogenannten TOURENRAD wurde. Dieses allerdings durch Anbau eines gebogenen Rennlenkers sowie Abbau von Schutzblechen & Gepäckträger zum RENNRAD „hochzustapeln“ ersparte ich ihm, da meine radsportlichen Ambitionen nicht sehr hoch angesiedelt waren…

Als HISTORIKER werfen wir nunmehr einen Blick in die Zeit,
ALS DIE ERSTEN >VELOCIPEDES< [FAHRRÄDER] LAUFEN LERNTEN (1869)


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"Die Frage, ob dieses moderne VEHIKEL eine ZUKUNFT hat, läßt gar keinen Zweifel zu, nur muß es billiger und noch derart vervollkommnet werden, daß man damit STEIGUNGEN leicht überwinden kann – denn wer wird dann noch ZU FUSS gehen wollen ?!
JEDER WIRD SEIN VELOCIPED HABEN und nach Belieben benützen.
Der BEAMTE wird damit in sein Bureau fahren, die FRAU und die KÖCHIN werden zum Einkaufe auf den Marktplatz velocipediren; der NACHTWÄCHTER fährt dann wie ein ‚rasender Roland‘ auf dem Velociped in den Gassen herum, er kann des Nachts paarmal sämtliche Plätze und Straßen kontrollieren. Die POLIZEI muß unbedingt auch Velocipedes haben; denn an ein Entrinnen der Spitzbuben ist dann gar nicht zu denken – vorausgesetzt, daß die DIEBE und sonstigen FREUNDE des fremden Eigenthums selbst das Velociped nicht benützen.

AUF DER PROMENADE
Unsere belebten PROMENADEN bieten dann einen höchst sonderbaren ANBLICK dar:
Da sieht man SCHÜRZENJÄGER um die Schönheiten des Tages velocipediren, hübsche DAMEN fliegen auf Velocipeds herum, KINDER spielen im Grase auf ihnen, statt der jetzt sichtbaren schwerfälligen und kostspieligen EQUIPAGEN werden dann Velocipeds in der Front aufgestellt sein, GESCHÄFTSGÄNGE werden auf diesen besorgt; PROFESSOREN, STUDENTEN, SCHREIBER, alles velocipedirt in die Schulen & Kanzleien, BÄCKERJUNGEN eilen in der Frühe zu den Kunden auf Velocipeds, ALTE MÜTTERCHEN & DIENSTBOTEN in die Kirche; SCHUSTER~ & SCHNEIDERLEHRJUNGEN bedienen die Herrschaften in Velocipeds, KELLNER schießen velocipedirend zwischen den Gästen herum, DIENSTMÄNNER balanciren auf ihren Posten hoch zu Velociped, BRIEFTRÄGER rennen mit rapider Schnelligkeit von Nummer zu Nummer, ZEITUNGSTRÄGER galoppiren zu den Abonnenten, BEAMTE u.a. Untergebene velocepidiren zu Aufwartungen, reisende GAUKLER geben Vorstellungen auf Kunst-Velocipeden usw.

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AUF DEM LANDE
Wenn es anfangs schien, als ob das FAHRRAD nur zum SPORT diene, so hat die Erfahrung gezeigt, daß es thatsächlich durch die staunenswerte Steigerung seiner Leistungsfähigkeit ein wirklich bedeutsames Mittel des allgemeinen Verkehrs geworden ist, und zwar nicht nur in den STÄDTEN, sondern auch für die LANDBEVÖLKERUNG, nicht nur zur PERSONENBEFÖRDERUNG, sondern auch zum TRANSPORT KLEINER LASTEN.
Auch AUF DEM LANDE werden in Zukunft die GERICHTSBOTEN auf Velocipeds ihre Vorladungen & Bescheide zustellen, BAUERN fahren auf Velocipeden zum Amt, um Steuern zu zahlen, in die Stadt, um Einkäufe zu machen oder ihre Produkte zu verkaufen. Ein GUTSBESITZER wird nur nach der Anzahl der Velocipeds geschätzt, die sich in seiner Remise befinden; damit ackert er sein Feld, und besorgt alle Geschäftsfahrten. Bald wird die ENTFERNUNG nicht mehr nach POSTMEILEN angegeben, sondern nach den UMDREHUNGEN eines Velocipedrades, in Gebrauch kommen dann über Nacht Velociped-MEILEN mit Velociped-MAUTH-STATIONEN

AUSFLÜGE ÜBER LAND
Die sogenannten ‚LANDPARTIEN‘ gewinnen in der ZUKUNFT bedeutend an REIZE; denn man denke sich dann eine GESELLSCHAFT von 20 HERREN & DAMEN – falls sich die Letzteren soweit emancipiren – welche auf VELOCIPEDES einen AUSFLUG unternehmen, welch ein interessanter ANBLICK ! Die GESCHWINDIGKEIT des Fahrens ist eine sehr bedeutende und mit einer gewöhnlichen POSTFAHRT gar nicht zu vergleichen.
Eine hervorragende NEUERUNG bekommt das ‚RENDEZVOUS-GEBEN‘ durch das VELOCIPED: in stillen Wäldern, in einer Ruine am Fluss, in irgendeinem Hotel – ein paar Meilen weg von der Stadt – denn mit der rasenden Geschwindigkeit des VELOCIPED ist der weiteste WEG der jetzigen gewöhnlichen FUSSPARTIEN auf ein Minimum herabgesunken und solche PLÄTZE können den LIEBENDEN Aufenthalt bieten, wo sie ungekannt und ferne der Heimat das KOSEN der liebenden Nachtigallen nachahmen können.
Daß dann auch in der Zukunft die WEINKELLERPARTIEN mit dem VELOCIPED unternommen werden, darf gar nicht bezweifelt werden, wenigstens das HINFAHREN dürfte keine Schwierigkeit bieten; etwas anderes ist es jedoch, aus dem Keller NACH HAUSE ZU VELOCEPIDIREN. Wer nach einer KELLERPARTIE noch auf dem VELOCIPED die Balance hält, der hat ein Meisterstück geliefert.
Für so manche Anderen dürfte aber bei ähnlichen Gelegenheiten der STRASSENGRABEN ein willkommener RUHEPUNKT und das VELOCIPED für den Moment ein unbrauchbares, überflüssiges FAHRZEUG geworden sein.“

Um derartigen AUS~ & UNFÄLLEN vorzubeugen, wurden schon recht zeitnah von der jeweils höchsten kommunalen Instanz >VERORDNUNGEN, den VERKEHR MIT FAHRRÄDERN auf öffentlichen Wegen betreffend< erlassen, die übermütige „PEDALRITTER“ disziplinieren sollten:

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DAS FAHRRAD ERFREUT SICH ZUNEHMENDER BELIEBTHEIT! (1928)
"Der jährliche Umsatz machte in den letzten Jahren 2 bis 3 Millionen Stück aus, an Bereifungen wurden in den letzten Jahren allein 27 Millionen abgesetzt. Deutschland besitzt gegenwärtig etwa 16 Millionen RADFAHRER. Das FAHRRAD ist nun einmal DAS BILLIGSTE VERKEHRSMITTEL für etwa 10 Millionen Menschen, die damit täglich zur ARBEITSSTÄTTE fahren. Zum allergrößten Teil sind es aber gerade die minderbemittelten und umso erholungsbedürftigeren Schichten, die das FAHRRAD in freien Stunden benutzen, um schnell & billig in die freie NATUR zu kommen. Es ist somit das einzige BEFÖRDERUNGSMITTEL, welches den FAHRER ZU EIGENER BEWEGUNG IN FRISCHER LUFT anhält…“
Wie nicht anders zu erwarten, traten bald auch die ersten GEGNER des Radfahrens auf den Plan. Ein französischer ARZT stellte beim übermäßigen Gebrauch dieser Fortbewegungsart, also nach „längeren Fahrten in lebhafter Gangart“ katarrhalische KEHLKOPFENTZÜNDUNGEN fest, die sich in folgenden SYMPTOMEN äußern würden:
„Der RADFAHRER empfindet zuerst ein Gefühl von Trockenheit, von Prickeln und selbst von Brennen in der Kehle, dann fängt er an zu husten und einen schleimigen, manchmal mit Blut gestreiften Auswurf von sich zu geben. Alle RADFAHRER wissen, wieviel KRAFT man anwenden muß, um eine BÖSCHUNG zu überwinden oder eine gewisse Schnelligkeit auf einer guten Straße einzuhalten. Diese ANSTRENGUNG ist die Ursache des ganzen Übels. In der That beugt der RADFAHRER den Körper nach vorn und schadet dadurch der ATMUNG…“

Die Senftenberger RADSPORTFREUNDE ließen sich davon aber nicht beirren, sondern warben für sich im >Senftenberger Anzeiger< wie folgt:

„Heute, Sonnabend, 14. April 1928, abends 8 Uhr im Hotel >Zum Stern< Senftenberg, Kreuzstraße, VERSAMMLUNG Einzelfahrer des BDR. von Senftenberg, zwecks GRÜNDUNG EINES VEREINS. – Interessenten herzlich willkommen. (H.Liesk, 1. Vorsitzender)"

In der Folgezeit machten in unserer Region weitere FAHRRAD-VEREINE von sich reden.
Kein Wunder also, dass sich auch in unserer Heimatstadt der HANDEL MIT FAHRRÄDERN ausbreitete, wie die untenstehenden INSERATE zeigen. Ich habe die NAMEN der Geschäftsleute weggelassen, weil es mir vordergründig auf die ANGEBOTE ankam, bei denen es offensichtlich in erster Linie auf den VERKAUF von recht vielen FAHRRÄDERN ankam, weniger auf die REPARATUR derselben im Schadensfall. Dass der hier vorgestellte PAUL SLOMKA mit >SCHNELLSTER REPARATUR< dienen konnte, war 1928 schon fast ein ALLEINSTELLUNGSMERKMAL, das sicher entscheidend zu seiner späteren Popularität beitrug.

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