Neues 467 - 2021-05-02

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Matthias
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Neues 467 - 2021-05-02

Beitragvon Matthias » Sa 1. Mai 2021, 11:16

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Harald
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Re: Neues 467 - 2021-05-02

Beitragvon Harald » Mo 3. Mai 2021, 18:23

>THE SAME PROCEDURE AS EVERY YEAR<


...resümierten gelernte DDR-Bürger, wenn sie am VORABEND des 1. MAI noch schnell an Fensterfront bzw. Balkon die obligatorische DDR-FAHNE anbrachten, um dem wachsamen HOLZAUGE des in den frühen Morgenstunden des „Internationalen Kampf~ und Feiertages der Werktätigen für Frieden und Sozialismus“ ausschwärmenden, überwiegend innerbetrieblichen DENUNZIANTEN nicht einen Grund zum Anschwärzen zu liefern.

Die MAIFEIER, >DIE GLEICHE PROZEDUR WIE JEDES JAHR< , lief auch in Senftenberg nach immer gleichem >SCHEMA F< ab:

1964_resize.jpg

Frühmorgens übernahm eine SCHALMEIENKAPELLE den WECKDIENST. Dank der durchdringend schrillen Klänge fielen gleich alle Bürger kollektiv aus dem Bett, um sich genau nach Plan für die große MAIDEMONSTRATION zu präparieren. Dann wurde zum Aufbruch geblasen, d.h. alle MARSCHTEILNEHMER fanden sich an den betrieblichen SAMMELPLÄTZEN ein, wo eine LISTE darüber geführt wurde, wer sich diesem BEKENNTNIS zum Arbeiter~ & Bauernstaat entzogen hatte, denn die „Feinde des Sozialismus“ sollten möglichst zeitnah enttarnt werden…Dabei marschierten die meisten lustlos, eh nicht aus politischer Überzeugung mit, sondern vor allem wegen der Gratis-BOCKWURST und in freudiger Erwartung der 5 MARK „MARSCHIER-PRÄMIE", die man nach Ende des Umzuges erhielt und wofür man sich damals in etwa 10 GLAS BIER leisten konnte – was viele dann auch taten. Die SED setzte damit gezielt auf eine Mischung aus DRUCK & VERLOCKUNGEN.
PARTEILOSE empfanden die Teilnahme an der DEMONSTRATION nur als LÄSTIGE PFLICHT, was sich auch kaum änderte, als aus der staatlich verordneten MAI-FEIER im Laufe der Zeit zunehmend ein VOLKSFEST mit Kinderbelustigung, Bastelstraße, Karussell & Imbissständen
wurde, wobei bei letzteren auch nicht alles glatt lief, wie nachfolgender, 1961 in der >Lausitzer Rundschau< veröffentlichter LESERBRIEF beweist:

bockwurst_resize.jpg

Am schwierigsten gestaltete sich allerdings die verzweifelte SUCHE der Organisatoren nach TRÄGERN für die zahlreichen FAHNEN & TRANSPARENTE, da diese „Ehrenpflicht“ bei den meisten auf ABLEHNUNG stieß, weil man in jener äußerst brisanten Funktion "BIS ZUM BITTEREN ENDE" mitmarschieren musste. Wer sich nicht erfolgreich „in die Büsche geschlagen“ hatte, seilte sich dann eben während des Marsches ab – und zwar mit fadenscheinigen AUSREDEN wie „Halt mal kurz, ich muss dringend pinkeln!“ oder der damals überaus beliebten ÜBERRUMPELUNG: „Kannste mal kurz die Fahne halten, ich muss mal schnell meine Schnürsenkel zubinden !“

Später musste man mit seinem MARSCHBLOCK eine nach oben offene WARTEZEIT am AUFMARSCHPUNKT über sich ergehen lassen, bis dann endlich das Signal zum Einreihen in den DEMONSTRATIONSZUG kam, der sich mit seinen PLAKATEN, TRANSPARENTEN, FAHNEN & überdimensionalen PORTRÄTS der greisen DDR-Politiker-Garde – etwas aufgelockert durch diverse FAHRZEUGE z.B. Feuerwehr, Krankenauto, Trecker, LKW oder Plattenwagen einzelner Betriebe & Institutionen mit darauf installierten Schauobjekten inklusive aktiv werkelnder Personengruppen – im gemächlichen SCHRITTTEMPO mit oftmaligen, unvorhergesehenen ZWISCHENSTOPPS gen EHRENTRIBÜNE bewegte, wo die marschabstinente Senftenberger SED-PROMINENZ, flankiert von Vertretern der "Massenorganisationen" gemütlich Platz genommen hatte, sich selbst feierte und dem vorbeiziehenden FUSSVOLK gönnerhaft zuwinkte, welches sich selbstredend mit „WINKELEMENTEN“ bei den führenden Genossen auf der Tribüne zu bedanken hatte. Gleichzeitig lief die Agitation & Propaganda zur HÖCHSTFORM auf:
über LAUTSPRECHER wurden die vorbeiziehenden Gruppen euphorisch mit deftigen PAROLEN über außergewöhnliche Höchstleistungen, wie zahllosen Sonderschichten oder der astronomisch wirkenden Übererfüllung von Planvorgaben vorgestellt. Die offizielle MAIREDE von der Tribüne herab verfolgten nicht mehr alle, da ein Großteil der Marschierer sich meist schon vor dem Erreichen der Tribüne „verabschiedet“ hatte…
Die LOSUNGEN auf den mitgeführten Transparenten wurden übrigens zentral vorgegeben und wenige Tage vor dem 1. Mai im zentralen Presseorgan der SED "Neues Deutschland" veröffentlicht.
Ich fand im Internet ein FOTO mit einer sehr kreativen LOSUNG, die diese o.a. Verfahrensweise satirisch aufs Korn nahm.

Losung 2_resize.jpg

FÜR UNS ÄLTERE gehörten diese LOSUNGEN & SPRUCHBÄNDER, die das Straßenbild, speziell vor Werkseingängen, in Schaufenstern, auf maroden Häuserfronten oder separaten Plakatwänden, durchgehend und nicht nur an staatlichen Feiertagen, während der DDR-Zeit prägten, quasi zum DDR-ALLTAG.
Im Laufe der Jahre schenkte man ihnen kaum noch BEACHTUNG. Als allerdings einmal gerade an der FRIEDHOFSMAUER in HÖRLITZ die Losung
„Alle raus zum 1. Mai“ zu lesen war, nahm die Bevölkerung das Ganze lauthals lachend wahr.

Ein anderes KURIOSUM war, dass Propagandisten auf die Idee kamen, jedweden ARBEITSPLATZ zum KAMPFPLATZ umzufunktionieren.
Dass man allerdings sogar den SPIELPLATZ der Kinder einbezog, erntete bei vielen Eltern großes KOPFSCHÜTTELN
– obwohl sie ja oft im SANDKASTEN als resolute FRIEDENSSTIFTER eingreifen mussten…

Kind_resize.jpg

Abends luden fast alle GASTSTÄTTEN in Senftenberg & Umgebung zum traditionellen MAITANZ ein.
Eine am Revers getragene ROTE MAINELKE aus Papier, die im Vorfeld vom FDGB (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund) für 50 Pfennige verkauft wurde, verhalf zum kostenlosen EINTRITT. Von 1950 bis 1962 gab es zusätzlich noch einheitliche MAI-ABZEICHEN. Danach stellte man deren Produktion ein, nahm sie später jedoch wieder auf, als man bemerkte, dass der MAINELKENVERKAUF zurückging, obwohl sich der MAITANZ zunehmenden EINTRITTSKARTEN - ANSTURMS erfreute, da das tanzfreudige Publikum ihre einmal erworbene MAINELKE sorgsam hütete…
Ab diesem Zeitpunkt durfte man nur noch durch Vorweisen von NELKE & ABZEICHEN gratis das Tanzbein schwingen !
Letzteres veränderte sein Aussehen alljährlich.;)

mainelke_resize.jpg

Und noch eins fällt auf in der 40-jährigen Geschichte des DDR-MAIFEIERTAGS:
die Anzahl von diversen KLANGKÖRPERN, wie Schalmeien~ & Blaskapellen, Spielmanns~ & Fanfarenzüge u.a. war arg zurückgegangen, sodass z.T. nur noch eine, maximal zwei Formationen den UMZUG begleiteten. In den 1950/60er Jahren hatte fast jeder Betrieb eine eigene Blaskapelle, viele Schulen einen eigenen Fanfarenzug. In der Formation der ZENTRALSCHULE HÖRLITZ blies ICH einst Fanfare und bediente auch die Flachtrommel recht gut…
In der heutigen Zeit durchgeführte LAMPIONUMZÜGE für Kinder, denen ein einziger AKKORDEONIST voranläuft, wirken daher schon – gelinde gesagt - ziemlich trostlos !
Abschließend erinnere ich mit WEHMUT auch an jene, durch Diskotheken platt gemachten, LIVE spielenden TANZKAPELLEN & BANDS,
die einstmals, nicht nur, aber auch, zum MAIENTANZ aufspielten…

FFzug_resize.jpg


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