Wenn sich meine Generation an
KINOBESUCHE in Kindheit & Jugendzeit erinnert, werden sicherlich gerade
die Filme unauslöschlich im Gedächtnis haften geblieben sein, die man unter Umgehung der
ALTERSBESCHRÄNKUNG gesehen hat.
Mit vielen Tricks wurde dabei versucht, sich irgendwie ins Kino "einzuschleichen", um sich anschließend als mutiger Held feiern zu lassen.
Die "Krone" erlangte derjenige, dem es gelang im pubertierenden Alter von
UNTER 14 einen Film
AB 18 mit eigenen Augen zu erleben.
In meinem Langzeitgedächtnis haben sich der schwedische Film
>Sie tanzte nur einen Sommer< (mit einer einzigen intensiven Kussszene plus Abtauchen des Paares im Heu) und der skandalumwitterte französische Streifen
>Jugendsünde< (mit einer superkurzen Einblendung eines nackten Busens) fest verankert.
Sah man diese Filme später im Fernsehen, fragte man sich ernsthaft, weshalb sie damals unter das für uns so düster klingende "JUGENDSCHUTZGESETZ" fielen...
Dass aber auch unsere Eltern schon mit unsinnigen Paragraphen zu kämpfen hatten, zeigt eine Diskussion zum
LICHTSPIELGESETZ von 1920,
welches man 10 Jahre später "ändern / ergänzen / erneuern" wollte.
Als
VERBOTSGRÜNDE des alten Lichtspielgesetzes galten bis dato:
"Störung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, Verletzung des religiösen Empfindens, Gefährdung des deutschen Ansehens oder der Beziehungen Deutschlands zu auswärtigen Staaten und verrohende oder entsittlichende Wirkung."
Im Jahre 1930 sollte nun eine >Novelle< erarbeitet werden, die allerdings keine
VERSCHÄRFUNG des bestehenden Lichtspielgesetzes bedeuten, sondern lediglich einige genauere
FORMULIERUNGEN enthalten sollte.
Und dieses letztgenannte, verhängnisvolle Wort >Formulierungen< führte dann zum folgenden
"VERORDNUNGSSALAT", den eine gewisse "Direktorin DR. Matz" zugleich "Mitglied des Reichstages" im >Senftenberger Anzeiger< abdrucken ließ:
"Der Regierungsentwurf von 1930 versucht die Begriffe VERROHEND und ENTSITTLICHEND näher zu umreißen, indem der Begriff BEFRIEDIGUNG DER NIEDRIGEN INSTINKTE eingeführt wird.
Dieser Begriff ist aus dem Gesetz gegen Schmutz~ und Schundliteratur herübergenommen...Für das Lichtspielgesetz wird man die Einführung dieses Begriffes und damit eine Geschmackszensur ablehnen müssen, weil damit jedem subjektiven Empfinden Raum gegeben ist und andererseits der eigentliche SCHUNDFILM - der KITSCH - doch nicht erfaßt wird.
Gegenüber den Filmen, die die niedrigen Instinkte reizen können, genügend durchaus die Begriffsmerkmale des alten Gesetzes - VERROHEND und ENTSITTLICHEND.
Während so eine Erweiterung der Begriffe VERROHEND und ENTSITTLICHEND abzulehnen ist, wäre zu prüfen, ob angesichts der mannigfachen Angriffe auf die christlichen Kirchen der Verbotsgrund DAS RELIGIÖSE EMPFINDEN ZU VERLETZEN nicht näher zu umreißen und auf einen Schutz der Religionsgemeinschaften und ihrer Einrichtungen, Gebräuche und ihrer Diener abzustellen ist."
Doch zum Schluss der Ausführungen deutete sich schon an, dass die Maßnahmen wohl doch nicht zur Gänze durchdacht waren, denn:
"Von einigen Seiten werden schon jetzt verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Einbeziehung des TONFILMS geltend gemacht, da der TONFILM sich dem THEATER nähere, das nach § 118 der Reichsverfassung von der Zensur nicht erfaßt wird.
Andererseits ist zu berücksichtigen, daß bei Nichterfassung des TONFILMS das Gesetz als Ganzes eigentlich gegenstandslos wird, weil nach einigen Jahren der weiteren Entwicklung der STUMME FILM vielleicht zu den Seltenheiten gehört..."
Ach ja, und dabei konnte KINO doch immer auch richtig schön sein...vor allem dann, wenn es sich um >verbotene Früchte< handelte...
