DIE SENFTENBERGER BAHNHOFSTRASSE mit der berühmtesten Straße Berlins, dem
KU’DAMM (Kurfürstendamm) zu vergleichen, dem Prachtboulevard & Künstlertreffpunkt, der Amüsiermeile & ersten Adresse für Touristen, halte ich schon ziemlich gewagt. Sei’s drum – ein anonymer Senftenberger schrieb es auf eine Ansichtskarte und wollte damit wohl gezielt Werbung, nicht nur für diese markante
EINKAUFSMEILE, sondern wohl gleichsam für seine
HEIMATSTADT SENFTENBERG, machen. Gottlob hat er die
BAHNHOFSMEILE nicht gleich mit der New Yorker
FIFTH AVENUE bzw. der Pariser
CHAMPS ELYSÉES in einen „Topf“ geschmissen.
STRASSEN werden eigentlich nur selten zu
TOURISTENATTRAKTIONEN – letztere haben es allerdings geschafft.
Da kann nicht mal der
KU’DAMM mithalten…
Unsere
BAHNHOFSTRASSE, die bis Mitte des 19. Jahrhunderts noch als einfacher
WIESENWEG die nördlich der Innenstadt liegenden Feuchtgebiete durchquerte, sich 1852/56 zur geschotterten
KREIS-CHAUSSEE wandelte und schließlich bis 1910 zu einer gepflasterten, von Linden gesäumten
„PRACHTSTRASSE“ wurde, stand schon des Öfteren im Fokus unserer Betrachtungen.
Apropos:
LINDENSie wurden im Laufe der Zeit gepflanzt, gestutzt, herausgerissen, neu gepflanzt, wieder gekappt…und so weiter.
Und wenn die Stadtplaner mal Ruhe gaben, „kümmerten sich“
BAUMFREVLER um das innerstädtische Grün,
wie die folgende
MELDUNG des >Senftenberger Anzeiger< vom 4. März 1909 beweist:
„Im Uebermut verursachten gestern abends 4 jüngere Männer RADAU und einer von ihnen brach eine der auf der BAHNHOFSTRASSE frisch gepflanzten LINDEN ab. Bevor beabsichtigter weiterer Schaden in dieser Beziehung entstand, gelang des den verfolgenden resp. im SCHLITTEN überholenden Beamten, die TÄTER festzunehmen und einstweilen nach dem Gewahrsam zu bringen. Auf solchen BAUMFREVEL steht Gefängnis bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe bis zu 1500 Mk. Dies mögen sich diejenigen merken, denen solche VERSCHÖNERUNGSANLAGEN im Wege sind.“
Mehr Furore machte allerdings eine
BEKANNTMACHUNG am 27. Juli 1909, in der die
>HAUTEVOLLÈE< der
BAHNHOFSTRASSE aufgezählt wurde. Immerhin lag die Zahl 23 noch weit unter der, die man in den 1930er und 1940er Jahren erreichen würde.
Da gab es nämlich in der
BAHNHOFSTRASSE schon rund 110 Geschäftsleute und Gewerbetreibende, darunter 33 aus der Industriewaren-, Mode- und Bekleidungsbranche, 30 Handwerksbetriebe und 13 Läden mit einem Lebensmittel- und Genussmittelsortiment.
Durchaus vorstellbar ist, dass sich der nach Sensationen heischende Teil der Senftenberger Bürgerschaft sofort auf diese
BEKANNTMACHUNG stürzte, um aus erster Hand zu erfahren, welchen Anlass es für diese „außerordentliche“ kollektive Namensnennung gab ?
Als dann von einer >Öffentlichen Sitzung des Kgl.
SCHÖFFENGERICHTS und sogar von einer
ABURTEILUNG die Rede war, dachten natürlich die meisten gleich an
UNTREUE, BETRUG oder KORRUPTION u.ä. in der Geschäftswelt hin & wieder anzutreffenden kriminellen Vorkommnisse.
Was aber haben sich denn nun wohl die o.g. renommierten Bürger Senftenbergs zuschulden kommen lassen ?
Nichts von alledem !
Abschließend war nämlich zu lesen:
„…sämtlich hier, welche gegen eine polizeiliche Straffestsetzung
(wegen unterlassener Reinigung der Straße und des Rinnsteins vor ihren Grundstücken in der BAHNHOFSTRASSE)
gerichtliche Entscheidung beantragt hatten.
Angeklagte wurden zu je 3 Mk. Geldstrafe ev. je 1 Tag Haft verurteilt.“Na, da hatte das Gericht aber mal richtig „durchgegriffen“ – und zwar ohne Ansehen der Person…
Am darauffolgenden Tag wurde dieses
URTEIL von einem Sympathisanten (oder womöglich einem Verurteilten)
POETISCH kommentiert.

Tja, die
STRASSENREINIGUNG ! Auch im
WINTER 1909 gab es gehörige
PROBLEME, denn damals war komischerweise noch
SCHNEE IN HÜLLE & FÜLLE vorhanden
und die
ANLIEGER DER BAHNHOFSTRASSE hatten ausreichend Gelegenheit zum
SCHNEERÄUMEN.
In welchem Maße man dieser
VERPFLICHTUNG nachkam, kann man den zwei
LESERBRIEFEN entnehmen:
Diese
SCHNEESCHIEBESORGEN kennen wir ja seit Jahren kaum noch, denn
SCHNEEFLÖCKCHEN – WEISSRÖCKCHEN sind in tiefliegenden Regionen in die Traumwelt verschoben,
SCHLITTEN & SKIER zu unnützen Weihnachtsgeschenken mutiert…Schade.
Ja, als ICH noch KIND war…