Da wir uns in der Vergangenheit schon oft mit KRIEGERDENKMÄLERN in Senftenberg und Umgebung beschäftigt und von deren Einweihungsfeiern berichtet haben, ist es durchaus angebracht, sich heute einmal mit einem LIED zu befassen, das unabdingbarer Bestandteil jeder MILITÄRISCHEN TRAUERFEIER,z.B. eines BEGRÄBNISSES MIT MILITÄRISCHEN EHREN, ist.
>DAS LIED VOM GUTEN KAMERAD<, besser bekannt unter der Anfangszeile
>ICH HATT‘ EINEN KAMERADEN<
ist daher oft am VOLKSTRAUERTAG an den Denkmälern für die Gefallenen zu hören, wobei die anwesenden Soldaten beim Abspielen des Liedes den militärischen Gruß erweisen, der ansonsten nur Nationalhymnen zusteht. Das LIED spielt im TRAUERZEREMONIELL der Bundeswehr eine große Rolle, erklingt aber zuweilen auch bei ZIVILEN TRAUERFEIERN, wenn der Verstorbene Mitglied der Feuerwehr, einer DRK-Bereitschaft bzw. eines Schützen~ oder Musikvereins gewesen ist. Gesungen wird das Lied dabei nur im Ausnahmefall. Die allgemein bekannte Melodie wird lediglich mit einer Blaskapelle oder einer einzelnen Trompete durch Intonation angedeutet.
Es ist allerdings nicht leicht zu vermitteln, welch tiefgehende Bedeutung dieses LIED in zahlreichen Familien bis heute hat, in die zwei grausame Weltkriege Lücken geschlagen haben. Im Haushalt auffällig positionierte „s/w Fotos“ der gefallenen Ehemänner, Brüder und Großväter wiesen stets darauf hin. TRAUER war über lange Zeit ein ständiger Begleiter der deutschen Kindheit.
Der deutsche Dichter LUDWIG UHLAND (1787–1862) schrieb das GEDICHT im Jahre 1809 unter dem Eindruck des Einsatzes badischer Truppen unter französischem Befehl gegen aufständische Tiroler. Obwohl das Gedicht schon vordem vertont war, änderte der deutsche Komponist FRIEDRICH SILCHER (1789-1860) ein Schweizer Volkslied dafür ab und schuf 1825 damit die noch heute überaus populäre Version.
Der TEXT wird allerdings unterschiedlich gedeutet: Auf der einen Seite bescheinigt man ihm hymnische Verklärung des Solidaritätsgefühls im Krieg und des Soldatentodes im Kampf gegen einen Feind. Andrerseits bleibt man neutral und meint, dass das Gedicht für alle gleichermaßen gilt, es sei egal, auf welcher Seite jemand getötet wird, und der Feind wird nicht verteufelt. Daher würde es sich auch nicht zur Propaganda, z.B. zum Anstacheln von Kampfeswillen eignen, sondern „nur“ zur Trauer über die Getöteten.
Dieses GEDICHT hat somit einen etwas zweifelhaften Ruf. Als LIED begleitete es einige Kriege – darunter zwei Weltkriege -, und wurde von vielen Soldaten gesungen, auch von den Nazis. Es wurde und wird bis heute leider von reaktionären Kreisen instrumentalisiert, und zwar zur BESCHÖNIGUNG & VERKLÄRUNG DES HELDENTODES.
Für die meisten allerdings bleibt Uhlands GEDICHT ein Ausdruck des MITLEIDS mit jenen, die es nicht geschafft haben zu überleben. Seine Popularität unter den Soldaten dürfte darin liegen, dass es auf sentimentale Weise die „blutige Realität“ der Kameradschaft zeigt:
Das "Auf einander schießen" tendiert hier in Richtung HÖHERE GEWALT, in Richtung SCHICKSAL. Der Kamerad wird von einer Kugel getroffen, fällt und akzeptiert sogleich, dass es für ihn aus ist. Der „Erzähler“ verweigert aber die LETZTE GESTE, dem Kameraden (seinem Familienersatz in Kriegszeiten) die Hand zu geben. Dieses Verweigern dürfte zu damaliger Zeit wesentlich schwerer gewogen haben als heutzutage. Als Ideal galt das Sterben zu Hause im Kreise der Familie, von welchem jedoch ein Soldat weit entfernt war - und daher galt:
Ist einer jenseits von Gut und Böse, zählt er nicht mehr. Die Kameradschaft auf Erden endet abrupt. Der Kamerad nutzt dem anderen nicht mehr beim Überleben. Jeder stirbt für sich allein. Keiner wünscht sich, von der Kugel getroffen zu werden, doch jeder weiß insgeheim, dass sich die Kameraden ebenso verhalten werden, weil auch sie nur überleben wollen.
Somit ist das GEDICHT ein >MEMENTO MORI<(lat.= Gedenke des Todes) und ehrlicher als manch einem "KRIEGSVERHERRLICHER" lieb sein kann…
Hier der Bericht eines Augenzeugen, der Zeitgenosse Uhlands war:
Preußische Freyparthie (gemeint ist Freikorps), die sich bis in die (Dresdner) Vorstädte wagte, und (österreichische) kayserliche Kroaten, welche ausser der Vestung lagen, trafen häufig aufeinander, beschossen sich als Feinde vor unsern Augen herum, ohne daß ein einziger davon gefallen wäre, und brachen hernach freundschaftlich gemeinsam in die Häuser, wo sie es vermogten, um zu plündern.