Ein
LAUSBUBE (Lausejunge, Lausebengel) ist eine scherzhafte Bezeichnung für einen frechen oder ungezogenen Buben. Ihm traut man auch ideenreiche Einfälle zu, die sogenannten Lausbubenstreiche. Diese richten sich oft gegen zu strenge Erwachsene und werden meist in einer Jungengruppe (selten sind Mädchen beteiligt) ausgeknobelt. Die Streiche sind zwar mitunter riskant, gehen aber meist gut und ohne großen Schaden aus.
Der
SPITZBUBE dagegen hat schon eine kleinkriminelle Laufbahn eingeschlagen, wobei wir Nachkriegskinder die „Beschaffung von vitaminhaltigem Obst & Gemüse für die Selbstversorgung“, also den sogenannten „Mundraub“ – kurz den „Obstklau“, noch nicht als kriminelle Handlungen ansahen, denn wie lautete damals eine beliebte & zugleich entschuldigendeRedewendung:
„Es gab ja nichts, und man musste halt sehen, wo man bleibt…“ Die Karriereleiter zu kleinen
GANOVEN hatten allerdings die
GEBRÜDER MÜHLE aus JÜTTENDORF im Jahre 1909 erklommen und wurden zu „Fortsetzungsfiguren“ im >Senftenberger Anzeiger< - allerdings mit ungewissem Ausgang, da ihr Fall nicht abgeschlossen wurde, zumindest im Lokalblatt:
Senftenberg, 8. März:
„Gestern spät abends wurde ein JUNGE durch Herrn Polizeisergeant J. aufgegriffen, der vordem einen GELDBEUTEL mit über 500 Mark gestohlen hatte, ohne daß es bisher zu ermitteln gewesen war, wo.
Der jugendliche Dieb streitet den Besitz des Geldes, will vielmehr solches teils verschenkt haben, und von einem ‚polnischen Franz’ um den Rest bestohlen worden sein.
Der den Behörden wohlbekannte ‚Franz’ ist kein anderer als ‚Gollek, der gestern nach Dresden verschwunden ist und dort von dem Raube leben wird. Beide Jungen sind in die Kaufmann D.’sche Schlafstube eingedrungen, haben dort aus einem Pulte den Beutel gestohlen und nachdem sie noch eine Blonde im Keller ausgetrunken hatten, das Haus verlassen. Hoffentlich gelingt es, den Bengel in Dresden festzunehmen.“
Senftenberg, 8. März:
„Als durchaus diebisch veranlagt zeigt sich der 8jährige Knabe M. von JÜTTENDORF, der mit seinem 13jährigen Kumpan Kollek bei dem Kaufmann D’schen großen GELDDIEBSTAHL mit in Frage kommt.
Dieser Junge ging mit selbstgeschriebenen Zetteln bei den Leuten umher und bettelte, weil die Geschwister nichts zu leben hätten.
Auf einer Stelle wurde ihm Brot angeboten, das er anzunehmen ablehnte, da sie selber welches hätten, er wolle nur Geld haben.
Die erhaltenen Groschen vernaschte er.
In einem anderen Hause machte er dasselbe Manöver.
In dem Moment, als er das Haus verlassen sollte und unbeobachtet war, schlich er in die im Stockwerk gelegene Schlafstube hinauf, zog den Schlüssel von außen ab und riegelte sich ein, um ungestört alles durchstöbern zu können. Der Besitzer wollte schnell noch mal in die Schlafstube und stutzte, als er sie verschlossen fand. Auf einer Leiter stehend, sah er den Jungen von außen in der Stube und faßte ihn beim Verlassen der Stube ab. Eine gehörige Tracht Prügel war die Belohnung für diese Dreistigkeit.
Auf einer anderen Stelle machte er es genau so.
Er hatte ein paar Schuh geschenkt bekommen, schlich hinauf in die Stube der Kindergärtnerin und stahl dort einen derselben gehörigen wertvollen Ring. Das Fräulein vermisste den Ring und tags darauf brachte die inzwischen benachrichtigte Mutter des Jungen den Ring zurück.
So mögen noch auf anderen Stellen Gegenstände vermißt werden, auch womöglich Geld, die schließlich auf das Konto diesen Bengels gehören.
Man möge deshalb dergleichen unaufgeklärte Fälle sobald als möglich der Polizei hier angeben. Alle diese Diebereien sind am hellen lichten Tage geschehen, daher gebe jeder Achtung auf seine Häuslichkeit.
Man sieht, welcher Art die Spitzbuben sind.“
Senftenberg, 22. Mai:
„Herr Fleischer T. hatte heute in der Behausung Schloßstr. 16 ein paar kleine Jungens auf der Treppe begegnet und hielt sie, nichts Gutes ahnend, an. Als er oben in die Stube kam, sah er die Kommodekästen weit herausgezogen stehen und durchwühlt, ebenso alle Schränke und Behälter einer genauen Visitation unterworfen und rief nun Herrn Polizeisergeanten T. herzu, der sich der beiden Bürschchen annahm.
Bei der Leibesvisitation wurde außer gestohlener Wurst auch ein Portemonnaie mit ca. 4 Mk. Inhalt gefunden, das ebenfalls dort gestohlen ist. Die Bürschchen sind die Gebrüder MÜHLE aus JÜTTENDORF, ca. 8 und 4 Jahre alt, welche schon früher den großen Gelddiebstahl bei Herrn Kaufmann D. hier ausgeführt hatten, sich aber immer noch nicht in geeigneter Anstaltserziehung befinden, sondern lustig weiter stehlen.
Wären die Kinder nicht zufällig abgefasst worden, sondern unbeobachtet aus dem Hause entkommen, so fiel sicherlich der Verdacht auf erwachsene Leute, wie z.B. Handwerksburschen etc., denn die Durchsuchung ist so sachkundig ausgeführt und die doch ziemlich schweren Kommodenkästen waren so leicht herausgezogen, daß so etwas am allerwenigsten Kindern zugetraut worden wäre.“
Senftenberg, 23. Mai:
„Wie uns nachträglich noch mitgeteilt wird, sind die jugendlichen Diebe Gebrüder MÜHLE aus JÜTTENDORF am Sonntag auch in die Wohnungsräume des Fleischermstr. K. hier durch ein Fenster vom Hofe aus eingestiegen, nachdem sie das Hoftor überklettert hatten.
Auch dort hatten sie bereits tüchtig alles durchgekramt, als sie durch die herabkommende Mutter des K. gestört und flüchtig wurden.
Es wären den Spitzbuben unter anderen Gegenständen auch die goldenen Damenuhren der Töchter K.’s in die Hände gefallen, wenn der Zufall nicht störend eintrat.
Also ist es Zeit, daß beschleunigte Fürsorge Platz greift.“
Wie schon eingangs erwähnt, bleibt der Ausgang dieser zweifelhaften Karriere im Dunkel der Geschichte verborgen. Wollen wir hoffen, dass aus dem Geschwisterpaar über Umwege doch noch brauchbare Untertanen des wilhelminischen Staates geworden sind…;-)