GLÜCK AUF - GLÜCK ZU
GASTWIRTE waren in der Vergangenheit auch gefragte
BÜRGERMEISTER,
deren Wahlkampf meist erst dank Freibier in den Gasthöfen von Erfolg gekrönt wurde. So natürlich auch in unserer Heimatstadt Senftenberg.
In der südlichen Häuserfront des
MARKTPLATZES standen schon Anfang des 17. Jahrhunderts zwei
GASTHÖFE,
die einst hungrige und durstige Kehlen magisch anzogen.
Der
GASTHOF AM MARKT 4 – älteren Senftenbergern noch als „Bekleidungshaus Bsdok“ in Erinnerung – gehörte einst der Familie Handt,
aus der auch der Bürgermeister Ambrosius H. (+1635) hervorging.
Besitzer des
GASTHOF AM MARKT 5 (Ecke Schmiedestraße) war seit 1626 die Familie Rademacher,
die ebenfalls einen Bürgermeister stellte.
Anfang des 19. Jahrhunderts pachtete der Fleischhauer Große die dort befindliche
GARKÜCHE und errichtete auf dem Grundstück
das
HOTEL >GOLDENE SONNE<. Nach dem Krieg wurde es weitergeführt und warb für sein
>ERSTES UND ÄLTESTES HAUS AM PLATZE< und dessen 24 Betten im >Senftenberger Anzeiger< von 1947 bis zu dessen Einstellung im Jahre 1950 mit immer der gleichen
ANNONCE.
Viel los schien im Haus nicht gewesen zu sein, denn in diesem Zeitraum wurde nur für eine einzige kulturelle
VERANSTALTUNG geworben:
Irgendwann erhielt es dann den für unsere Bergbauregion typischen Namen
>HOTEL GLÜCK AUF<.
Beim Spaziergang über unseren Senftenberger Marktplatz in Richtung Neumarkt, fallen mir jedes Mal die großen, verschieden geformten, matt glänzenden Metallblöcke vor der Sparkasse ins Auge – offensichtlich ein abstraktes Gebilde. Dessen Deutung erscheint mir als Laie wiederum recht einfach:
es handelt sich offenbar um einige „stilisierte Mauerabbruchteile“ des einstigen Hotel „Zur goldenen Sonne“ – später Hotel „Glück auf“ -,
das auf eben dieser heutigen Freifläche bis zu seinem Abriss im November 1975 stand.
Geführt wurde es bis dato vom Gastwirts-Ehepaar Fritz & Grete Wagner
Es beherbergte neben den Gästezimmern und dem sogenannten „Blauen Salon“ für geschlossene Gesellschaften auch ein gut frequentiertes Restaurant mit erschwinglichen Preisen auf der Speise- und Getränkekarte: Zur „Schwedenplatte“ für 7 Mark (eigentlich MDN = Mark der deutschen Notenbank) oder zu Bockwurst oder Spiegeleier mit Kartoffelsalat für knapp 3 Mark gab es ein Landskron-Pilsner für 51, eine Fassbrause für 16 Pfennige. Auch die beliebte, von der Köchin Frau Weigeld zubereitete Eierflockensuppe wurde täglich von Frau Kalex oder den Herren Weser und Hampel galant serviert.
Dieses preiswerte Angebot kam allerdings nicht von ungefähr, da sich alle HOG (Gaststätten der Handelsorganisation) einem Preisgefüge unterzuordnen hatten.
Je nach Ausstattung der Gasträume und ihrem Speisenangebot wurden sie den Gruppen I, II oder III zugeteilt.
Von Thüringen bis zur Ostsee waren die Preise also ziemlich stabil. Obwohl: Ostsee ? Das war wohl ein Kapitel für sich !
Der altertümlich eingerichtete Gastraum wirkte durch die Holztäfelung an den Wänden, den schwülstigen Stores an den hohen Fenstern und den schweren Leuchtern an der Decke immer etwas mondän, zugleich dunkel und bedrückend, verlieh ihm aber wiederum eine durchaus intime Atmosphäre. Für Autogrammjäger wäre es eine Fundgrube gewesen, wenn man schon damals gewusst hätte, welche Künstler des Theaters der Bergarbeiter, die sich damals noch am Anfang ihrer Schauspieler-Karriere befanden und hier für 3 Mark täglich ihr Abo-Mittagessen einnahmen, einmal durch Film und Fernsehen berühmt werden sollten, wie z.B. Eva-Maria Hagen, Doris Abesser, Annekathrin Bürger, Rolf Römer, Günter Schubert, Walter Richter-Reinick, Alfred Müller und sogar Hollywood-Star Armin Müller-Stahl.
Damals erkannte man sie nur an ihrer etwas „ausgefallenen Künstlergarderobe“,
bei der knielange Rollkragenpullover, knöchellang wehende Mäntel, Riesenschals und Baskenmützen nicht fehlen durften.
Nicht ganz so grau, wie das LR-Foto von einer Demonstration, waren die 1960er Jahre.
Zu damaliger Zeit kam nicht nur die
BEAT-MUSIK ins Rollen, sondern auch
OFFENE KRITIK über mangelhafte Zustände in allen Lebensbereichen,
u.a. auch im Hotelgewerbe, wie der folgende
TEXTBEITRAG aus der >Lausitzer Rundschau< beweist:
Zum Abschluss der heutigen Betrachtung möchte ich meinem
ADMINISTRATOR noch ein
LOB dafür zollen,
dass er seinen
BILDHORIZONT nun doch auf die Zeit nach 1945 erweitert.
Immerhin werden die Vor-1945-Geburtenjahrgänge immer rarer und die 1950/60er Nachfolge-Generationen können sich dann eventuell schon eigener
ERINNERUNG erfreuen, wie beispielsweise an "soziale Umwälzungen"
wie den
ARBEITSFREIEN SAMSTAG ALLER 2 WOCHEN,
über den auch im
HOTEL GLÜCK AUF diskutiert wurde:
Also auf ein baldiges:
"AUF WIEDERSEHEN IN DEN FIFTIES & SIXTIES !" Damals waren
JUGENDWEIHEFEIERN in Gaststätten ganz normal - und die HO erfand auf wundersame Weise das
"PUBLIC VIEWING" !