Neues 288 - 2017-08-13

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Matthias
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Neues 288 - 2017-08-13

Beitragvon Matthias » Sa 12. Aug 2017, 08:48

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Harald
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Re: Neues 288 - 2017-08-13

Beitragvon Harald » So 13. Aug 2017, 12:47

Leserbriefe_resize.jpg

Der überwiegende Teil der aktuellen TAGESZEITUNGEN legt heute großen Wert auf seine (angebliche) >ÜBERPARTEILICHKEIT<, was primär in der POLITISCHEN DISKUSSION seinen Niederschlag finden soll(te), in denen sie die Abhängigkeit von bzw. die Sympathie zu irgendwelchen Parteien ablehnen (leugnen).
Auch der auf unserer Webseite inzwischen nicht mehr wegzudenkende, im Jahre 1875 gegründete >SENFTENBERGER ANZEIGER<, machte hierin keine Ausnahme und ließ im Titelkopf verlauten, er sei ein…

>Nachrichtenblatt und Anzeiger für den Niederlausitzer Industriebezirk,
insbesondere für den Amtsgerichtsbezirk Senftenberg /
UNPARTEIISCHE Zeitung für Jedermann in Stadt und Land /
Publikations-Organ für die Reichs~, Staats~ und Kommunal-Behörden<

Ich bin trotz jahrelanger Recherche in den Jahrgängen 1875 –1945 allerdings nicht ganz sicher, ob unser LOKALBLATT neben seiner offensichtlich „gutbürgerlichen Affinität“ auch noch einer bestimmten Partei nahestand, deren Auswahl in der einstmals riesigen „Parteienlandschaft“ allerdings außerordentlich schwer war.
Das Selbstverständnis „UNPARTEIISCH“ stand aber immer in einem Spannungsfeld zur teilweise klaren politischen Ausrichtung,
dem Kaiser und dem Vaterland in allen Regierungsformen treu zu dienen.

Mir fiel allerdings auf, dass man häufig mit der 1890 in Frankfurt (Oder) gegründeten SPD-Zeitung >MÄRKISCHE VOLKSSTIMME<
im vehementen Meinungsstreit lag, was sich in Kolumnen, Kommentaren, vor allem aber in LESERBRIEFEN sehr emotionsgeladen widerspiegelte.

So auch beim 50-jährigen Jubiläum des besagten VETERANEN & KRIEGERVEREINS.
Der kritische Kommentar aus der „proletarischen Presse“ liegt mir leider nicht vor, dafür aber der unter dem Pseudonym >Me< veröffentlichte, geharnischte Protestbrief eines „alten Kriegers“:

Überschrift_resize.jpg

Senftenberg, 21. Juli 1921:
„Ich hätte diesmal nicht geglaubt,
daß die >MÄRKISCHE VOLKSSTIMME< das so schöne

VOLKSFEST DES KRIEGERVEREINS
ZU SENFTENBERG

am 17. Juli in den Schmutz zerren würde.
Aber leider ist es in der Nr. 167 vom 20. Juli trotzdem geschehen.
Um gleich vorauszusetzen, ist dies jedoch eine Anmaßung und Bevormundung einer sehr großen Anzahl Mitglieder des VEREINS, welcher sich bekanntlich mindestens zu dreiviertel aus EISENBAHNERN, POSTBEAMTEN, ANGESTELLTEN, BEAMTEN und ARBEITERN zusammensetzt; diesen Leuten ihre Gesinnung als REPUBLIKANER abzusprechen.
Pfui über diese Lüge !
Mit ihren eigenen Worten will ich Sie schlagen, Herr Winkler.
Denn es ist eine GANZ GEMEINE LÜGE,
wenn Sie unseren Mitgliedern vorwerfen, nicht REPUBLIKANER zu sein.
Hätten Sie das FEST von Anfang bis zu Ende mitgemacht und die Unterhaltung der Mitglieder angehört, so hätten Sie daraus entnehmen können, daß diese Leute REPUBLIKANER sind und unbedingt auf dem Boden der Verfassung stehen. Doch sie lassen sich auf keinen Fall absprechen, ihre FESTE wie, wann und wo sie wollen, zu feiern.

Pfingstochse_resize.jpg

Jedenfalls machten die von Ihnen angezogenen
>PFINGSTOCHSEN MIT SCHWARZ-WEISS-ROTEN EMBLEMEN<
hauptsächlich während des FESTZUGES einen vorzüglichen Eindruck und HÖRNER konnte man nirgends bemerken. Während sich Ihre OBERGENOSSEN tatsächlich von dem Feste ferngehalten und sich auch nicht an den Fenstern gezeigt haben, konnten SIE natürlich nicht Ihre Neugier überwinden und haben sich auch den
>RUMMEL MIT ALLEM DRUMRUM< angesehen.
Jawohl, Herr Winkler, DER SIEG IST UNSER.
Dazu gehören aber die schon oben angezogenen PFINGSTOCHSEN auch mit, denn sie gehören doch fast ausschließlich zu Euren oder Euch nahestehenden oder mit Euch verwandten GEWERKSCHAFTEN,
aber lieber Freund, unsere Freiheit lassen wir uns von Euch nicht beschneiden, indem wir uns vorschreiben lassen, an welchen Festen wir teilzunehmen haben.
Es muß leider gesagt werden, daß IHRE PRESSE die Bevölkerung nicht aufklärt, sondern verhetzt. Wenn dies der Fall nicht wäre, so würde Ihre >VOLKSSTIMME< als ein Blatt der werktätigen Bevölkerung viel mehr gelesen werden. Aber täglich den hetzerischen Schmutz gegen die sogenannten Bürgerlichen, unter welchen ja auch die nicht Ihrem Wahlverein angehörenden Arbeiter, Eisenbahner, Postbeamte, Angestellten und Beamten zählen, zu lesen, ist nicht jedermanns Sache.
Also nochmals, Herr Winkler, wir verbitten uns ganz energisch Ihre ANEKELEIEN, denn wir sind nicht reaktionär und stehen unbedingt auf dem Boden der Verfassung, und sind wirklich REPUBLIKANER, natürlich keine bezahlten HETZER.
Ferner waren wir nicht wie die PFINGSTOCHSEN geschmückt, sondern schlicht, aber anständig angezogen. Den KAMERADEN ihre EHRENZEICHEN, die sie sich teilweise mit ihrem Blute erkämpft haben, abzusprechen oder in den Schmutz zu zerren, sind Sie nicht fähig, trotzdem Sie es versuchen. Sie sehen ja, daß wir EHRLICHE FEINDE sind, indem wir trotz aller HETZEREIEN zu unserem KRIEGERVEREIN halten und die Mitgliederzahl sich im letzten Jahre verdoppelt hat.
Wenn SIE auch nicht mit dem SCHMUCK DER HÄUSER zufrieden gewesen sind, wir waren jedenfalls sehr zufrieden damit.
Leider haben sich eine Anzahl EINWOHNER, um sich keine Unannehmlichkeiten seitens Ihrer GENOSSEN zuzuziehen, gefürchtet, ihre Häuser zu schmücken.
Das ist FREIHEIT, wir betrachten es als TERROR.

schwarz-weiß-rot_resize.jpg

Was nun die Farben SCHWARZ-WEISS-ROT betrifft, so sind diese weder reaktionär noch gesetzlich verboten. Die Vereine sind auch nicht so schnell in der Lage, neue FAHNEN usw. anzuschaffen.
Also wer diese Farben liebt, dem läßt man sein Vergnügen, und wir Mitglieder des KRIEGERVEREINS lieben eben die Farben SCHWARZ-WEISS-ROT, da können Sie nichts daran ändern.
Sie haben Ihre Vorliebe dagegen der ROTEN FAHNE zugewandt !
– Zum Schluß noch wegen des Musikstückes
>HEIL DIR IM SIEGERKRANZ<, was Sie nun als HAUPTVERBRECHEN hinstellen, sei noch bemerkt, daß dies wohl auf den SCHERZ eines Festbesuchers, der jedenfalls gar nicht Mitglied war, zurückzuführen ist.
Da dieses LIED gesetzlich auch nicht verboten ist und die Musik ja für das Fest da war, hat sie eben das LIED AUF BESTELLUNG gespielt, da sie auch bei Ihnen alle Lieder spielen würde, die Sie verlangen würden.“

Damit war also alles geklärt und man erfuhr sogar zwischen den Zeilen auch noch einige Details der ORIGINAL-KRITIK-KOLUMNE,
auf deren Abdruck man im >SENFTENBERG ANZEIGER< "gänzlich unparteiisch" gern verzichtete…
Wie man allerdings seitens der „Märker“ vom (im Film zu sehenden) adretten GEHROCK „Stresemann“ auf eine „PFINGSTOCHSEN-UNIFORM“ kommt, ist mir nicht ganz schlüssig.
Da sind dem Kritiker wohl doch die „journalistischen Gäule durchgegangen“…
Da finde ich den >SOLDATENHUMOR< der untenstehenden Lied-Parodie aus dem 1. Weltkrieg gelungener: :)
heil dir im sk_resize.jpg

Ich erinnere mich nur noch sehr schwach daran, dass meine Großeltern, bei denen ich aufwuchs, in den Nachkriegsjahren die >MÄRKISCHE VOLKSSTIMME<* lasen – ob nur gelegentlich oder im Abo, entzieht sich meiner Kenntnis.
Nur eins weiß ich aus heutiger Sicht:
Ich hätte diese, heute historisch wertvollen Ausgaben sammeln sollen, aber…zuuuu spät ! :cry:

*Die >MÄRKISCHE VOLKSSTIMME< erschien als „sozialdemokratisches Organ“ bis 1919 in der Provinz Brandenburg, danach bis 1931 im gesamten Regierungsbezirk Frankfurt (Oder) und wurde 1933 durch das NS-Regime verboten.
Sie erschien täglich und verfügte über ungezählte BEILAGEN,
wie Arbeiter-Sport-Rundschau / Siedler und Kleingärtner / Erwerbslosentribüne / Das proletarische Kind / Jugendstimme / Nach Feierabend u.v.a.m.
Am 18. April 1946 entstand in Potsdam aus der Fusion der Parteizeitungen >VOLKSWILLE< (KPD) und >DER MÄRKER< (SPD) nochmals eine >MÄRKISCHE VOLKSSTIMME< als Organ der SED.
Am 3. Oktober 1990 benannte sie sich in >MÄRKISCHE ALLGEMEINE< um.


Jörg Frahnow
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Re: Neues 288 - 2017-08-13

Beitragvon Jörg Frahnow » Do 7. Dez 2017, 18:08

Zum Thema "Kriegerverein" kann ich auch noch ein Zeitdokument aus dem Jahre 1902 beisteuern. Allerdings handelt es sich um den KV Jüttendorf-Thamm. Ob der später im Senftenberger Verein aufging weiß ich nicht zu sagen.
KVJüttendorf.jpg


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