Schon die alten Griechen bauten sich Gebäude mit kegelförmigen Dächern, um darin musikalische Wettkämpfe durchzuführen. Ihrem Beispiel nacheifernd gab es in der Neuzeit (18./19.Jh.) ähnliche musikalische "Zusammenkünfte", bei denen die Musiker allerdings in der Hauptsache um die Gunst des zahlenden Publikums kämpfen durften.
Das von
CARL DOMASCHKE geführte,
>AELTESTE KONZERTHAUS in Senftenberg<
das sich später in den 1920er Jahren, einem Trend folgend, als
>KÜNSTLERSPIELE< ausgab, konnte sich zwar nicht mit dem >Gewandhaus Leipzig< messen, bot aber seinen konzertverliebten Gästen ein sehr abwechslungsreiches, einzigartiges und zeitgemäßes Unterhaltungsprogramm und wurde somit bald fester Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens in unserer Stadt.
Angesichts der auf beiden Postkarten gezeigten räumlichen Enge der >Lokalitäten< fällt es dem Betrachter allerdings schwer, sich eine gediegene Konzertatmosphäre vorzustellen. Andrerseits war den männlichen Besuchern die Nähe zum Bierhahn und dem weiblichen Publikum die Weinlaubenromantik recht angenehm.
In gemütlicher Runde genoss man die Auftritte der verschiedensten Gesangs~ & Instrumentalsolisten sowie ~gruppen, Kapellen, Kabarettisten & Artisten.
Da Herr Domaschke wohl auch ein ausgesprochenes Faible für "internationale Folklore" hatte, trat neben einem rumänischen Zupforchester, einer böhmischen Blas~ oder ungarischen Zigeunerkapelle im Jahre 1912 auch das extra aus Wien angereiste
SCHRAMMEL-QUARTETT >Die lustigen Spatzen<
auf. Der hohe Bekanntheitsgrad lässt sich allein schon daran messen, dass Autogrammkarten auch heute noch zum Kauf angeboten werden.
Hier eine vom 26.12.1911, also kurz vor dem Gastspiel in Senftenberg.
6.02.1912
"Im Restaurant von C. Domaschke hier tritt seit dem 1.d.M. das Schrammel-Quartett >Die lustigen Spatzen< auf und weiß die Gäste, welche z.B. am Sonntag abend kaum Platz fanden, auf's Beste zu unterhalten. Es wird nicht die übliche Radaumusik geboten, sondern die Musiker sind fast alle wirkliche Künstler auf ihren Instrumenten und können auch sehr Gediegenes zu Gehör bringen.
Die Dekoration des Lokals mit Tannengrün und elektrischen Glühlampen ist sehenswert und wird ein Besuch nicht gereuen."
Dass es nur ein 4-wöchiges Gastspiel wurde, lag sicher nicht daran, dass dem Senftenberger Konzertpublikum die
SCHRAMMELMUSIK nicht zusagte. Bei der Vielzahl der im >Senftenberger Anzeiger< geschalteten Annoncen gewinnt man eher den Eindruck, dass das >Restaurant Carl Domaschke< bei Profikünstlern eine sehr gefragte Adresse war, und es nur deshalb "Schlag auf Schlag" ging.
27.02.1912"Die z.Z. in Carl Domaschkes Restaurant gastierenden >Lustigen Spatzen< veranstalten am Mittwoch und Donnerstag dieser Woche ABSCHIEDSKONZERTE, und läßt das im Inseratenteil angeführte Programm erkennen, daß diese Abende noch einen wirklichen Kunstgenuß bieten werden.
Die Sänger haben sich durch virtuose gute Musik und ihren Humor sehr viele Freunde erworben, so daß ihnen Zuspruch wohl nicht fehlen wird, zumal auch der Wirt jederzeit bemüht ist, für treffliche Erfrischungen Sorge zu tragen."
Dass auch
SAISONBETRIEB im Senftenberger Konzertwesen herrschte, geht aus der folgenden >Ankündigung< hervor.
Damen-Kapellen liefen damals "wie geschnitten Brot", d.h. DIE musste man auf jeden Fall gehört, vor allem aber gesehen haben, wobei - im Gegensatz zu heute - nicht nur das Aussehen, sondern auch die musikalische Qualität eine herausragende Rolle spielte:
19.10.1912"In CARL DOMASCHKE'S RESTAURANT hat die Saison wieder begonnen. Als Premiere ist das Schweizer Damen-Quartett >Berna< eingetroffen. Vier lustige Schweizer-Damen, welche durch ihr vorzügliches Stimmenmaterial und durch ihre reizende Vortragsweise, besonders in den Solis, wohl jeden Freund des edlen Gesanges fesseln, lassen ihre Weisen ertönen. Man wolle dieses Quartett nicht mit einem gewöhnlichen Tingel-Tangel vergleichen, sondern es ist wirklich eine Darbietung künstlerischen Gesanges. In den ersten beiden Sopranistinnen und in der Altistin sowie in dem Bassisten, welcher gleichzeitig die Klavierbegleitung der Gesänge ausführt, besitzt das Quartett nicht zu unterschätzende Kräfte. Besonders das exakte Jodeln der einen jungen Dame fand derartigen Beifall, daß sie sich zu einer Zugabe veranlaßt sah.
Gleichzeitig sei darauf hingewiesen, daß die Sängerinnen bis zum 1. November engagiert sind und von diesem Zeitpunkt ab seitens des Herrn Domaschke ein anderes Engagement festgelegt ist. Wir können schon heute verraten, daß die neue Darbietung ab 1. November ebenfalls das Publikum zufriedenstellen wird.
Besonders ist noch zu erwähnen die prachtvolle Dekoration der Lokalitäten, welche von einem Dresdener Dekorateur ausgeführt ist und einen >Abend im Zauberlande< darstellt. Wer sich also nach des Tages Arbeit einige frohe Stunden bereiten will, der gehe zu DOMASCHKE, dort findet er für das leibliche wie für das geistige Wohl alles, was sein Herz begehrt. Die Veranstaltung ist eintrittsfrei."
Im Laufe der Zeit verwandelte sich das
KONZERTHAUS, dem Zeitgeschmack Rechnung tragend, mehr und mehr in eine
VARIETÈ-BÜHNE, auf der sich Kleinkünstler aller Genres ein Stelldichein gaben:
Wie dem auch sei. Über ein solches
>HAUS DER HEITEREN MUSE< in Senftenberg würden wir uns heutzutage ganz sicher maßlos freuen, oder ?
Übrigens:
SCHRAMMELMUSIK ist die volkstümliche österreichische Unterhaltungsmusik, auch "Heurigen-Musik" genannt, weil sie vor allem in den Wiener Weinlokalen erklingt, gespielt auf Violine, Doppelhals-Gitarre & Knopf-Akkordeon.