Auf der vorliegenden Postkarte geht der Blick des aus Schipkau kommenden Betrachters hinein in die
(Z)SCHIPKAUER STRASSE
im Ortsteil
HÖRLITZ FLUR, wobei das obere Bild im Ortseingangsbereich (grüner Punkt), das untere an der großen Kreuzung in Richtung
SENFTENBERG II (roter Punkt) aufgenommen wurde.
Ein Photograph im kleinen Industriedorf muss vor allem für Kinder und Halbwüchsige noch eine echte "Sensation" gewesen zu sein, da sie sich, wie man sieht, parademäßig aufgestellt hatten.
Die Gemeinde
HÖRLITZ war eine der ältesten Landgemeinden der Niederlausitz.
Sie war früher eine Bauerngemeinde, die sich nicht nur mit dem Anbau landwirtschaftlicher Produkte befasste, sondern durch die günstige Lage in der Hauptsache mit dem
WEINBAU.
Durch die reichen Kohlenvorkommen wurde die Landgemeinde immer mehr verdrängt, um zur Industriegemeinde zu werden.
Der Gemeindebezirk
HÖRLITZ bestand früher aus zwei Ortsteilen, und zwar aus
HÖRLITZ-DORF(blau) und
HÖRLITZ-FLUR (rot), wobei die
WEINBERGE (grün) hin und wieder als separater Ortsteil erwähnt wurden.
Als man an der Nordgrenze der Gemarkung anfing, die schwarzen Bodenschätze zu heben, setzte ein starker Zustrom von Menschen ein, die hier Arbeit und Brot fanden.
Die Industrialisierung schritt voran.
Bald durchschnitten 2 Eisenbahnlinien Hörlitzer Gebiet. Zuerst wurde die Cottbus-Großenhainer Strecke im Jahre 1870 gebaut, 17 Jahre später die Zschipkau-Finsterwalder Bahn.
Die
WEINBERGE, die zur Zeit der Lese von fröhlichen Menschen belebt waren, mussten der neuen Zeit weichen. Die
SCHIPKAUER STRASSE, die längs der Weinberge verlief, besaß die damals in den meisten Dörfern übliche Sandaufschüttung, die erst ab 1928 mit anderen Straßen des Ortsteiles befestigt und mit Kopfsteinpflaster versehen wurde.
Damit wurden für die weitere Besiedlung der
HÖRLITZER FLUR gute Voraussetzungen geschaffen. Baugrundstücke waren eh genügend vorhanden.
Wirft man einen Blick in das Einwohnerbuch von 1941, so ist man erstaunt, wie viele
HANDWERKSBETRIEBE & UNTERNEHMEN sich in der
SCHIPKAUER STRASSE angesiedelt hatten.
Die folgende Liste (Zahl = Hausnummer) ist für die wenigen noch lebenden Hörlitzer "Ureinwohner" ganz sicher eine sehr schmerzliche Erinnerung:
Berge, Gerhard - Schneider (28)
Böttcher, Ernst - Bäckerei (59)
Buschik's - Lebensmittelhandlung (62)
Förster, Paul - "Café Förster" (59)
Haußmann, Helmut - Mineralwasserfabrikant (55)
Hentschel, Georg - Fleischermeister (34)
Höft, Franz - Apotheke (40)
Hummel, Walter - Friseur (Sportplatz)
Konzack, Richard - Lebensmittelhandlung (39)
Libisch, Ernst - Schlosser (59)
Ludwig, Helene - Milchhandlung (27)
Lukas, Alfred - Lebensmittelhandlung (34)
Matschke, Kurt - Fleischermeister (34)
Reichert, Martin - Milchgeschäft (26)
Reier, Rudolf - Bäckermeister (73)
Seidel, Emil - Malerbetrieb (55)
Starick, Willi - Lebensmittelhandlung (31)
Stumpler, Paul - Elektromeister (72)
Wernicke, Bruno - Zahnarzt (58)
Wilop, Karl - Gastwirt (7)
Zimmermann, Wilhelm - Schlosser (17)
Allein 4 Lebensmittelgeschäfte, sowie je 2 Bäcker, Fleischer und Milchläden versorgten damals die Bewohner allein in dieser durch den Ort führenden >Magistrale< - kein einziger Laden davon existiert noch.
Auch in den übrigen Straßen von
HÖRLITZ-FLUR gab es weitere Geschäfte, hatten Handwerker ihre Werkstätten. Um etwas zu kaufen, anfertigen oder reparieren zu lassen, brauchte man den Ort zu damaliger Zeit nicht unbedingt zu verlassen. Fast alles war vor Ort.
Heute sitzen vor allem die Älteren auf verlorenem Posten und sind auf den "mobilen Landhandel" angewiesen, der gottlob den Ort regelmäßig anfährt. Die noch vorhandenen Geschäfte kann man an einer Hand abzählen...
Man muss die verbliebenen Ur-Hörlitzer ob ihrer Heimattreue, die Neu-Hörlitzer ob ihres Wagemutes bewundern - Hut ab !
Die folgenden Bilder verdanken wir unserem sehr geschätzten Hörlitzer Heimatforscher
DIETMAR SEIDEL, der sie kurz vor Abbaggerung der
SCHIPKAUER STRASSE aufgenommen hatte, damit nachkommende Generationen einen Eindruck vom "versunkenen Teil des Ortes" bekommen...