In dem Buch >Senftenberg-See - historische Wanderung<, herausgegeben vom Kreismuseum Senftenberg, kommentiert Heinz Noack das vorgestellte Foto folgendermaßen:
"Pfingstausflug in Funkas Gasthaus
(am Treppenaufgang, beidseitig die traditionellen Birken)"
Dieser Fingerzeig ermunterte mich, obwohl
PFINGSTEN schon eine gute Woche zurückliegt, auf
DEUTSCHE PFINGSTBRÄUCHE
einzugehen. Ich halte mich dabei überwiegend an Kolumnen des >Senftenberger Anzeiger<, der in jedem Jahrgang zu allen Volks~ und Familienfesten im Jahreskreis heimatgeschichtliches Faktenmaterial lieferte.
Das
PFINGSTFEST ist seit alters her ein rechtes Mai~ und Frühlingsfest, ein Volksfest in freier Natur, um das sich uralte
BRÄUCHE schlingen.
Am bekanntesten ist wohl die Einholung und die Anpflanzung der
MAIBÄUME, eine Sitte, die wir schon im 13. Jahrhundert in Deutschland verbreitet finden.
Die Glieder einer Gemeinde oder die Bürger einer Stadt, die Genossen einer Zunft ziehen zu
PFINGSTEN hinaus in den Wald, um den
MAI zu suchen. Sie holen junge Bäume, meist Birken, tragen diese heim und pflanzen sie vor dem Hause oder Gehöft auf. Nicht selten werden diese
MAIBÄUMCHEN unter dem Absingen von Liedern von Haus zu Haus getragen. Die Träger, die sogenannten
PFINGSTKNECHTE, erbitten in den einzelnen Häusern Gaben an Wurst, Speck, Eiern und dergleichen.
In vielen Gegenden setzen die Burschen den Mädchen
MAIBÄUME.
Dabei offenbart sich der Sinn des Volkes für Ehre und Recht:
ein Mädchen, das Wankelmut in der Liebe zeigt oder zänkisch ist, erhält einen
STROHMANN oder einen
DÜRREN BAUM vor ihre Tür.
Neben den
MAIBÄUMEN, wie sie noch heute von Händlern in die Stadt gebracht werden, kennt man in vielen Gegenden Deutschlands den großen Maibaum, den
MAIBAUM des Ortes, die
MAISTANGE.
Sie wird im Mittelpunkt des Ortes oder auf dem Markte aufgepflanzt.
Durchweg wird dieser Baum seiner Äste beraubt; nur die Krone behält er. In dieser werden Bänder, Tücher, Kuchen, Würste und andere Dinge befestigt, die die Burschen durch Klettern zu erwerben suchen.
Häufig wird der
MAIBAUM durch schöne Ausschmückung der Häuser und Anbringung von
PFINGSTKRONEN oder auch von
GIRLANDEN bereichert.
Auf den Schützenfesten lebt dieser Maibaum in der Sitte des
STANGENKLETTERNS fort. Um den Baum wird manchmal ein
REIGEN aufgeführt, an dem sich aber kein Mädchen mit einem bemakeltem Ruf beteiligen darf.
Doch nicht nur ein
BAUM wird aus dem Walde in das Dorf, in die Stadt gebracht, sondern der
MAI selbst mit all seiner Kraft, der Wachstumsgeist der neu erwachten Natur soll herbeigeführt werden.
Der
MAI wird
KÖNIG genannt und als solcher feierlich begrüßt.
Am
PFINGSTFEST spielt der
MAIKÖNIG, der von den Burschen erkürt wird, eine hervorragende Rolle. Die Mädchen hatten schon vorher aus ihrer Mitte eine zur
MAI~ oder PFINGSTKÖNIGIN erkoren, zieren sie mit Blumen und führen sie unter Gesang durch die Straßen des Ortes. Vor jedem Hause hält man an, die Mädchen schließen um die Königin einen Kreis, singen alte Volkslieder und nehmen Gaben in Empfang. Der
MAIKÖNIG erwählt sich seine
MAIKÖNIGIN, der er sich ein volles Jahr zu widmen hat. Nach der Wahl werden in feierlicher Sitzung die anderen heiratslustigen Mädchen an ehrenhafte Burschen vergeben; jeder hat gleichermaßen für sein Mädchen das ganze Jahr zu sorgen, sie bei allen Festlichkeiten abzuholen und heimzubegleiten.
Andernorts werden die Mädchen angesichts des lodernden
MAIFEUERS den meistbietenden Burschen auf ein Jahr zugesprochen.
Am Abend ist
MAITANZ und die durch die Versteigerung eingebrachten Gelder werden dazu verwendet. Bei dieser Festlichkeit wird streng auf die Ehrenhaftigkeit des Burschen und des Mädchens gesehen.
Das Mädchen kann seinen Käufer beim ersten Tanz durch einen Knicks ablehnen; heftet sie ihm dagegen eine Blume an die Kopfbedeckung, so erkennt sie ihn an.
Eine gute Möglichkeit zur Kontaktaufnahme zwischen >Stadt & Land< wurde durch die
HEIRATSMÄRKTE geschaffen. Dass diese Märkte meist zu
PFINGSTEN stattfanden, mag seinen Grund darin gehabt haben, dass infolge der früher so schlechten Straßen und üblen Verkehrsverhältnisse es erst um diese Zeit speziell für die Landbevölkerung möglich wurde, auch längere Reisen ohne allzu große Beschwerden zu unternehmen. Um den Leuten nun die Gelegenheit zu geben, nach der gänzlichen, unfreiwilligen Abgeschlossenheit während der Wintermonate ihre Vorräte zu ergänzen und inzwischen notwendig gewordenen Anschaffungen zu machen, veranstaltete man in den Städten sogenannte
PFINGSTMÄRKTE, wo neben Vieh und Lebensmitteln alle nur erdenklichen Gebrauchsgegenstände feilgeboten wurden und zu denen die Käufer aus Nah und Fern herbeiströmten.
Aus praktischen Gründen hielt man die
HEIRATSMÄRKTE stets zeitgleich mit den
WARENMÄRKTEN ab, so dass jeder Heiratslustige sich nach Gefallen neben etlichen Ellen Tuch, neuen Werkzeugen oder etwa einer feisten Kuh auch gleich ein Ehegespons besorgen und mit nach Hause nehmen konnte. Bekanntschaften der Jugend untereinander wurden durch allerlei
BELUSTIGUNGEN eifrig gefördert.
Vermittler, welche die Leute und ihre Verhältnisse in weitem Umkreis genau kannten, fehlten natürlich auch nicht.
Die Heiratsmärkte waren damals hochgeschätzt und weitverbreitet.
Ich hoffe, die Leser meiner Kommentare sehen es mir nach, wenn ich neben den zusätzlichen Erläuterungen zu dem auf der Webseite veröffentlichten Bildmaterial hin und wieder unser REGIONALES BRAUCHTUM aus längst vergangener Zeit unter die Lupe nehme.
Nicht nur zahlreiche Gebäude oder sogar ganze Ortschaften sind für immer verschwunden, auch die Zahl betagter Bürger, die uns von der "guten alten Zeit" und deren Volksbräuchen erzählen könnten, nimmt naturbedingt ab.
Vielerorts bemüht man sich, althergebrachte Volksfeste neu zu beleben.
Wenn hierbei meine Rückbesinnung auf längst vergessenes Brauchtum anregend wirkt,
würde es mich sehr freuen... 