DIE DEUTSCHEN VOLKSBÜCHERDas VOLKSBUCH ist eine von Joseph Görres und Johann Gottfried Herder Ende des 18. Jahrhunderts eingeführte Bezeichnung für volkstümliche Schriften, in der Regel in Prosa verfasste und seit dem Mittelalter gelesene Historien. Darunter fallen alte Geschichten, romantische Abenteuer, volkstümliche Sagen, märchenhafte Legenden und Schwänke.
Ursprung sind zum Teil Ritterdichtungen, Minnelieder und örtliche Begebenheiten. Meist wurden ursprünglich gereimte Formen in Prosa aufgelöst, volkstümlich verfasst und verbreitet. Neben vielen anderen sind vor allem die folgenden drei Volksbücher weitläufig bekannt:
Reineke Fuchs / Dr. Johannes Faust /
Till Eulenspiegel.
Und mit letzterem kriege ich wieder mal eine „Kommentar-Kurve“:
Jener
TILL EULENSPIEGEL war ein „lustiger Vogel“, der manchen Schwank ausübte und über dessen Einfälle man auch heute noch recht herzlich lachen kann. Er verdingte sich bei den unterschiedlichsten Handwerkern und spielte ihnen diverse Streiche, wobei seine Dienstherren oft genug selbst die Schuld daran trugen, weil der gewitzte Till ihre mündlich erteilten Aufträge immer wortgetreu umsetzte…
So auch bei zwei
KÜRSCHNERN :
WIE EULENSPIEGEL EINEM KÜRSCHNER ZU BERLIN WÖLFE FÜR WOLFSPELZE MACHTE"Einstmals wohnte ein KÜRSCHNER zu Berlin, sehr kunstreich in seiner Handthierung, dazu noch reich und hielt eine gute Werkstätte. Er mußte auch den Fürsten des Landes, die Ritterschaft und viele vornehme Leute und Bürger mit seiner Arbeit versehen…Da wurden denn viele Wolfspelze bei gedachtem KÜRSCHNER bestellt.
Eulenspiegel wurde das gewahr, kam zu dem Meister und bat ihn um Arbeit. Der Meister fragte ihn, ob er auch W ö l f e machen könnte ?
Eulenspiegel sprach: ‚Ja, er wäre weit und breit und dafür bekannt.’
Der KÜRSCHNER sprach: ‚Lieber Gesell ! Du kommst mir eben recht. Komm her, wir wollen uns den Lohnes wegen schon miteinander vertragen.’ Eulenspiegel sagte: ‚Ja, Meister ! ich sehe Euch für redlich an und hoffe, Ihr werdet selbst erkennen, was ich für ein Mensch sei, wenn ihr meine Arbeit sehen werdet; ich arbeite aber nicht bei anderen Gesellen, ich muß allein sein, damit ich meine Arbeit desto ungehinderter nach meinem Willen machen kann.’
Hierauf gab ihm der KÜRSCHNER ein Stüblein, legte ihm die Wolfshäute vor, die zu den Pelzen bereit waren, und gab ihm das Maaß von etlichen Pelzen, groß und klein. Eulenspiegel nahm die Wolfspelze, schnitt zu und machte aus den Pelzen lauter W ö l f e, füllte sie mit Heu aus und machte ihnen Beine von Stecken, wie wenn sie lebten.
Als er nun die Felle alle zerschnitten und die Wölfe ausgestopft hatte, sprach er: ‚Meister ! die Wölfe sind fertig, habt Ihr noch weiter etwas zu machen ?’ Wie er nun aber in die Stube trat, sah er die Wölfe auf der Erde liegen, groß und klein, darüber erzürnte er sich und sagte:
‚Was soll das sein ? Du leichtfertiger Vogel, was hast Du mir für großen Schaden gethan ! ich will Dich einsetzen und strafen lassen.’
Eulenspiegel sprach: ‚Meister ! ist das mein Lohn ? Ich habe es doch nach Eurem Willen gemacht; Ihr hießet mich W ö l f e machen; hättet Ihr gesagt: mache W o l f s p e l z e, das hätte ich gleich verstanden, hätte es auch gern gethan. Man muß einem fremden Menschen zum Anfang die Sachen deutlich erklären. Hätte ich mir sollen einbilden, daß ich nicht größern Dank mit meiner Arbeit bei Euch verdienen sollte, so hätte ichs unterlassen.’
Hiermit schied Eulenspiegel von Berlin, nachdem er sich überall wenig Ruhm erworben, und zog nach Leipzig.“
WIE EULENSPIEGEL ZU LEIPZIG
DEN KÜRSCHNERN EINE KATZE FÜR EINEN HASEN VERKAUFTE„Eulenspiegel ist allezeit fertig gewesen, Schalkheit zu erdenken.
Solches bewies er zu Leipzig den KÜRSCHNERN, als sie an der Fastnacht ihre Zeche oder Zusammenkunft hielten.
Da begab es sich, daß sie gern Wildpret gehabt hätten; das vernahm Eulenspiegel und gedachte: der KÜRSCHNER zu Berlin hat Dir nichts für Deine Arbeit gegeben, das sollen die KÜRSCHNER zu Leipzig bezahlen.
Hierauf ging er in seine Herberge. Da hatte die Wirthin eine schöne Katze, die nahm er unter seinen Rock und bat den Koch um ein Hasenfell, denn er wollte eine Schalkheit zurichten. Der Koch gab ihm ein Fell, darein nähte Eulenspiegel die Katze, that Bauernkleider an, stellte sich vor das Rathhaus und hielt sein Wildpret so lange unter dem Rock verborgen, bis ein KÜRSCHNER daher gegangen kam; den fragte Eulenspiegel: ob er nicht Lust hätte, einen guten Hasen zu kaufen, und ließ denselben besehen. Da kamen sie überein, daß er ihm vier silberne Groschen für den Hasen gab und sechs Pfennige für den alten Sack, in dem der Hase steckte.
Der KÜRSCHNER trug den Hasen in ihre Zusammenkunft, wo sie alle bei einander waren, mit großem Geschrei. Da rühmte er sich, wie er den schönsten lebendigen Hasen gekauft hätte. Als sie nun den Fastnachtsschmaus halten wollten, ließen sie den Hasen laufen im Garten, holten Hunde und wollten kurzweilen. Die Hunde liefen dem Hasen nach. Als nun der Hase nicht entlaufen konnte, da sprang er auf einen Baum und rief miau. Als das die KÜRSCHNER sahen, sagten sie:
‚Wir sind betrogen.’ Eulenspiegel aber war hinweg.“
Wir wollen im Nachhinein hoffen, dass unser Senftenberger Kürschnermeister
ROBERT HERZ dereinst von solch schalkhaften Gesellen verschont blieb. Ich werde mich mal bei den Nachfahren erkundigen, ob da irgendetwas in der Firmenhistorie hängen geblieben ist…;-)