Eberhard Meyer-Bruchhans,
ist ein Enkel von
Robert Engelhardt Seidensticker und dessen Gattin
Anna, geb. Greiner,
deren Todesanzeigen im >Senftenberger Anzeiger< veröffentlicht wurden.
Auffällig daran ist, welch überaus "positives Verhältnis" seinerzeit zwischen Arbeitgeber und ~nehmern herrschte. Beschrieb man doch den Firmengründer als
"überaus gewissenhaft, liebenswürdig, stets gerecht & gütig" und lobte auch seine
"freundliche" Gattin.
Kürzlich entdeckte ich einen 2002 vom o.g. Nachfahre in der Broschüre >Pressglas-Korrespondenz< veröffentlichten, und vor allem für die Hörlitzer Heimatforscher sehr aufschlussreichen Artikel zur
>GLASHÜTTE SENFTENBERG II<
speziell zur Genealogie & dem "Anfang & Ende" des Familienunternehmens
SEIDENSTICKER & GREINER. Dieses interessante Material findet in meinem heutigen Kommentar Verwendung:
Die Glasmacherfamilie
SEIDENSTICKER kam 1846 aus dem Harz in die Niederlausitz; die
GREINER's, eigentlich aus Thüringen stammend, kamen nach mehreren Zwischenstationen, wahrscheinlich 1878 aus der Provinz Posen (heute polnisch: Poznan)
in unsere Gegend.
Beide Familien führten dann gemeinschaftlich eine Glashütte in Johannistal, einem einst südlich von Bernsdorf im Kreis Hoyerswerda gelegenen, inzwischen gänzlich verschwundenen Ort.
Die Anfänge des Firmenkonsortiums
SEIDENSTICKER-GREINER lagen allerdings schon etwas weiter zurück und waren in den sogenannten
WALDGLASHÜTTEN begründet, die normalerweise nur für drei bis acht Jahre an einem Standort von der fürstlichen Kammer konzessioniert wurden – zum einen, weil der Wald rings um solche Hütten bald abgeholzt war, zum anderen, um den Glasmachern kein Heimat- oder Bürgerrecht als Bleiberecht zugestehen zu müssen.
Bereits im Jahre 1624 gründete ein gewisser Hans
GREINER eine solche Waldglashütte in Grünenplan, dem „Gläsernen Herz Niedersachsens".
1628 verheiratete er seine Tochter mit dem
Glasermeister Franz
SEIDENSTICKER (1601-1667)
und eröffnete 1630 mit seinem Schwiegersohn im Ort eine neue Waldglashütte,
die bis 1667 arbeitete.
Ende des 17. Jahrhunderts war die Zeit der Wanderglashütten vorbei.
Der Raubbau an den Wäldern, die als Feuerungsmaterial
für die Glasschmelze dienten, wurde nicht mehr hingenommen.
Die Glashüttenbetreiber zogen nun zwangsläufig nicht mehr von Ort
zu Ort, sondern stellten sich zunehmend auf ortsfeste Glashütten
um. So ist durchaus plausibel, dass insbesondere durch die Erschließung der Braunkohlevorkommen in unserer Region mit darüber hinaus günstigen Sandvorkommen die Standortwahl für den
GLASHÜTTENBETRIEB erst auf Johannistal und danach auf Senftenberg II fiel:
"Die >GLASHÜTTE Gebr. SEIDENSTICKER< ,
ehemals >Seidensticker & Greiner<, wurde am 6. Februar 1883 in Senftenberg II N/L, Klettwitzerstraße 25, gegründet und am 5. September 1883 in Betrieb genommen.
Gründer und erste Betreiber waren Robert Engelhard SEIDENSTICKER, 33 Jahre alt, Heinrich SEIDENSTICKER, Stiefbruder von Robert S., 53 Jahre alt und Josef GREINER, Schwiegervater von Robert S., 52 Jahre alt.
Emil SEIDENSTICKER, den Bruder von Robert Engelhard SEIDENSTICKER,
hatte man schon 1884 abgefunden. Er schied aus der Firma aus und kaufte sich von der Abfindung das Grundstück & die Gebäude der TOTZIG-MÜHLE,
auf halbem Wege zwischen Senftenberg und Senftenberg II gelegen.
In den Jahren 1910/14 sollte er dieses Areal an den Großindustriellen WEHRHAHN
zur Errichtung eines Braunkohlentagebau abtreten.
Emil SEIDENSTICKER führte langwierige Prozesse, verlor sie aber und erwarb dank der erhaltenen Ablösesumme einige Immobilien in der Stadt Senftenberg.
Nach dem Tod ihres Ehemanns Robert Engelhard SEIDENSTICKER am 29.8.1902
im Alter von 52 Jahren war dann Anna Augustina SEIDENSTICKER,
geborene GREINER, bis zu ihrem Tode am 28.3.1919 die alleinige Eigentümerin.
Die Umbenennung der Firma in >GEBRÜDER SEIDENSTICKER< erfolgte bereits 1894.
Hauptsächlich entstand hier Beleuchtungs~ und Haushaltsglas.
Das Adressbuch von 1927 (Kreis Calau) weist die SEIDENSTICKERS
als Eigentümer von 9 Grundstücken aus.
In den entsprechenden Häusern lebten fast ausschließlich Glasmacher.
Die im Werk hergestellten Fischnetzkugeln wurden bis nach Skandinavien,
auch nach Polen und der Tschechoslowakei exportiert,
ebenso Glasballons (Weinballons).
Erben nach Anna Augustina SEIDENSTICKER wurden die 9 Nachkommen,
welche dann 1930 eine >Erbengemeinschaft SEIDENSTICKER< begründeten.
Diese Erbengemeinschaft besaß die ererbten 10 Grundstücke/Häuser Klettwitzerstraße
in Senftenberg II und verpachtete diese an die Firma >GEBRÜDER SEIDENSTICKER GmbH.<
Diese GmbH wiederum kaufte dann 1941 in der Wünnenbergstraße Senftenberg II zwei Grundstücke/Häuser und ein unbebautes Grundstück sowie ein unbebautes Grundstück in der Langen Straße.
Die Firma >GEBRÜDER SEIDENSTICKER< und auch die >Erbengemeinschaft SEIDENSTICKER< wurden im Januar 1947 enteignet.
Es erfolgte zunächst eine Umbenennung in
>BRANDENBURGISCHE BELEUCHTUNGSFABRIK< ,
nach Gründung der DDR in
>VVB - BELEUCHTUNGSGLASHÜTTE Senftenberg II N/L<.
Im Jahre 1960 wurde der Betrieb eingestellt."
Aus meiner Kindheit sind mir die sogenannten
HÜTTENHÄUSER ein Begriff,
die wie eh und je, zum Teil bewohnt, zum Teil ruinös, an der Klettwitzerstraße stehen. Einige meiner Mitschüler (auf dem Foto unten zu sehen) wohnten darin.
Sie waren Kinder von Glasmachern, die zu allen Zeiten bei weitem nicht so viel verdienten wie die Bergleute & Fabrikarbeiter auf "Meurostolln".
Davon war natürlich zwangsläufig auch der Lebensstandard der Glasmacherfamilien geprägt. Wohl deshalb legten "überfürsorgliche Eltern", die sich für etwas Besseres hielten,
schon immer ihren Sprösslingen ans Herz, nach Möglichkeit - warum auch immer -
nicht mit den
"HÜTTENKINDERN" zu spielen.
Dies war für uns
NACHKRIEGSKINDER überhaupt kein Thema,
waren wir doch alle durch die Bank weder "auf Rosen gebettet",
noch "in Samt und Seide gekleidet".
Wir spielten gleichberechtigt miteinander und diese angeblichen Vorbehalte gingen uns
"am A... vorbei"...