"Die WASSERLEITUNG ist ein Theil der Wasserbaukunst, da man das Wasser über Thäler und niedrige Ländereyen, entweder in einem Bogen liegenden Gerinne oder in Röhren von einem Orte zum andern leitet." ...heißt es im >Handbuch der Erfindungen< von 1822 und man verweist darauf, dass die Alten schon viel Erfahrung in dieser Kunst hatten. Nun waren da mit den
ALTEN zuvorderst Ägypter, Babylonier, Israeliten, Chinesen und Römer gemeint, die das Trinkwasser aus fernen Quellen auf verschiedenartige Weise in ihre Städte führten.
Aber auch die
ALTEN Senftenberger in mittelalterlicher Zeit standen ihren
URALTEN Lehrmeistern nicht nach und leiteten das kostbare Nass durch hölzerne Röhren aus den Weinbergen in unser Städtchen.
Darüber berichtete Dr. Rudolf Lehmann in >Aus der Heimat - für die Heimat< (1932). Seinen Beitrag habe ich durch nähere Erläuterungen aus anderen literarischen Quellen ergänzt:
DIE ALTE SENFTENBERGER WASSERLEITUNG
Als man vor einigen Jahren in der inneren Stadt die Hauptleitungen der Kanalisation legte, stieß man mehrfach in größerer Tiefe auf starke HÖLZERNE RÖHREN. Es waren Reste der alten RÖHRLEITUNG, die Senftenberg Jahrhunderte hindurch mit dem nötigen TRINKWASSER versah. Angelegt worden war sie spätestens im Reformationszeitalter.
Die mittelalterlichen Rohrnetze wurden zum überwiegenden Teil aus Holzrohren hergestellt. Je nach Vorkommen wurde Fichte Tanne, Kiefer und Eiche verwendet, wobei man Eiche wegen dem schwierigen Bohren und dem hohen Gewicht nur für bestimmte Leitungen aussuchte. Nadelhölzer wurden wegen ihres Harzgehaltes bevorzugt.
In der ältesten erhaltenen Stadtrechnung von 1570 ist von der RÖHRLEITUNG
die Rede; wir hören davon, daß die Gemeinde einen RÖHRMEISTER von auswärts kommen lassen mußte, damit die Anlage nachgesehen und ausgebessert wurde,
hören weiter von einer RÖHRGELDABGABE des Amtsschössers,
weil auch das Schloß mit Wasser versorgt wurde.
1573 wurden z.B. dem Röhrmeister 60 Stämme angewiesen,
die zu Röhren verarbeitet werden sollten.
Für die hölzernen Wasserrohre wurde der Stamm in seiner gesamten Länge mittig, zunächst von Hand, mittels Löffelbohrern mit einem 4 m langen Gestänge durchbohrt. Dies war eine sehr anstrengende und zeitraubende Arbeit, deshalb dauerte es nicht lange, bis die ersten Maschinen entwickelt wurden. So konstruierte 1430 der Nürnberger Stadtbaumeister Endres Tücher die erste Horizontalbohrmaschine. Mit dieser Maschine konnten täglich fünfzehn 6 m lange Rohre gebohrt werden. Die einzelnen Teilstücke wurden durch Muffen verbunden, die man aus dem ganzen Stammdurchmesser herausgearbeitet hatte.
Das WASSER kam von den Höhen an der Sauoer Grenze und wurde durch Thamm, die frühere Vorstadt auf dem Damme, über die Elster in die Stadt geführt, wo es an einigen Stellen zu Tage trat und an RÖHRTRÖGEN geschöpft werden konnte.
Das Trinkwasser bekam Senftenberg aus dem Sauoer Quellgebiet der
SOIENZA. In einer 5211 Ellen (= 5956,173 Meter) langen Holzrohrleitung floss das Wasser bis zum Stadtbrunnen. Hier holten sich die Frauen und Dienstmädchen das Wasser für den Küchen- und Hausbedarf und verfielen in Plaudereien.
1861, heißt es, soll der erste RÖHRKASTEN auf dem Markt gebaut worden sein. Wahrscheinlich ist eine steinerne Anlage gemeint; bis dahin mag hier ein TROG aus Holz genügt haben.
Da bei der Länge der Leitung ständig RÖHREN neueingelegt werden mußten,
war der Unterhalt mit verhältnismäßig hohen Kosten verbunden,
und die Bürger zahlten natürlich in alten Zeiten wie heute einen WASSERZINS, damals RÖHRGELD genannt.
Vernachlässigte man etwa in Notzeiten wie während der Kriege einige Jahre hindurch die Instandsetzung, dann verlangte die Wiederherstellung nicht nur eine ganz erheblich Summe, sie war auch mit Materialschwierigkeiten verknüpft, weil man dann Mühe hatte, die erforderliche Anzahl Stämme zu erhalten.
Die Nutzungsdauer derartiger Holzrohrleitungen wird sehr unterschiedlich beurteilt. Während viele Leitungen nur eine Nutzungsdauer von 15 Jahren erreicht haben sollen, gab es auch Leitungen, die 100 Jahre und mehr in Betrieb waren.
1820 wurde die WASSERLEITUNG erneuert. Um die Mitte des Jahrhunderts versorgten neben der RÖHRLEITUNG mit fünf AUSFLUSSSTÄNDERN vier HAUPTPUMPEN die Stadt mit Wasser. Als später der Bergbau unter den Weinbergen einsetzte, versiegte bald das Wasser und die alte RÖHRFAHRT ging für immer ein."
Anfang des 19. Jahrhunderts wurde kritisch auf den Umstand hingewiesen,
dass die Natur ihre Gewässer wohlweislich in Steinklüften, Kies~ und Sandbetten
und nicht in hohlem Holze fließen lässt, welches faulend das Quellwasser verdirbt.
Und siehe da: bald darauf begann das Zeitalter der
STEINRÖHREN...
