DER BÄCKER
Die Kunst des
BÄCKERS ist wohl die allernützlichste. Sie ist den Menschen zu ihrem Lebensunterhalt unentbehrlich geworden, bereitet sie doch das notwendigste Bedürfnis des Menschen, das
BROT.
In den ersten Jahrhunderten unserer Zeit hatte jede Familie noch ihre Selbstbäckerei, wie sie auch eigener Jäger, Fischer, Fleischer, Zimmermann, Schuster, Schneider war.
Erst im 10. und 11. Jahrhundert bildeten sich die einzelnen Gewerbestände heraus, untern denen wiederum die
BÄCKER mit besonderen Rechten und Privilegien belohnt wurden. Geschichtlich gewachsen sind unter den städtischen Handwerkern wohl gerade deshalb die
BÄCKER heute noch in der Überzahl.
Die
BÄCKER führen in der Regel gerade die umgekehrte Lebensweise, wie andere Menschen, indem sie des Nachts arbeiten und am Tage schlafen
- wie uns 1856 in Versform bestätigt wurde:
"Es ist die Nacht zum Schlafen dem BÄCKER nicht bestimmt.
Er muß da rüstig schaffen, das Mehl zur Hand er nimmt.
Zu Teig hat er's zu kneten, bringt Sauerteig hinein,
muß an den Ofen treten und wacker heitzen ein.
Er hat gar viel zu schieben allnächtlich aus und ein.
Man muß den BÄCKER lieben, er kann's so gut allein.
Drum Mädchen und auch Frauen zum BÄCKER kommen gern.
Der Morgen darf nur grauen, sind da sie nah und fern."
Weniger romantisch lässt Erwin Strittmatter in seinem Roman „Der Laden“ die Dorfbewohner spekulieren, wie wohl ein
BÄCKER sich fühlen musste, der nur mit Mehl, Wasser, Salz, Hefe und/oder Sauerteig arbeitete:
„Lieber beim Teufel in der Hölle, als beim BÄCKER vorm Ofen.
BÄCKER sind stets in Rage. Sie laufen mit der Gare um die Wette,
mit der Vermehrung von Hefe- und Sauerteig-Bakterien.
Die kleinen Bakterien, die biologischen Hilfsarbeiter, lassen sich’ s gut gehen, kichern, vermehren sich, leben wohl und treiben den großen Menschen mit der weißen Schürze in der Backstube umher,
dass der schweißgebadet die PANTOFFELN verliert."
Ihr Handwerk zog in früheren Zeiten natürlich auch verschiedene Krankheiten an, die in dem kleinen Büchlein >Die Krankheiten der Künstler und Handwerker< aus dem Jahre 1823 beschrieben wurden:
"Der herumfliegende Mehlstaub wird eingeatmet, vermischt sich mit dem Speichel und bildet einen Teig, der sich in Schlund, Luftröhre und Lunge festsetzt, wodurch Husten, Heiserkeit und Atembeschwerden auftreten.
Einen BÄCKER kann man gleich an seinen oft ungewöhnlich großen Händen erkennen, die z.T. vom Kneten und Formen des Brotteigs herrühren. Letzteres ist auch eine große Anstrengung, die oft zu Herzbeschwerden führt. Die Hitze, welche sie vor dem Backofen ausstehen müssen, ist sehr lästig, sie werden ausgetrocknet und haben beständig Durst. Die üble Gewohnheit, kalte Getränke zu sich zu nehmen und von der Arbeit weg, selbst im Winter, fast nackt, oft mit einem bloßen Tuche um den Leib hinaus zu laufen, zieht verschiedene Brustkrankheiten, Lungenentzündungen & rheumatische Beschwerden nach sich.
Fast alle BÄCKERBURSCHEN sehen blass aus, sind mager und von schwächlicher Gesundheit. Sie werden weit häufiger krank, als andere Handwerker..."
Trotz aller Privilegien musste der
BÄCKER einst zusehen, dass er allen Anforderungen zur Zufriedenheit der Behörden und Kunden nachkam. Schweren und oft harten
STRAFEN war er ausgesetzt, wenn ihm dies nicht gelang.
Eine der entehrenden Züchtigungen bestand darin, dass man ihn an den
PRANGER stellte; die härteste Strafe war aber die sogenannte
>BÄCKERTAUFE<:Hierzu wurde ein förmlicher Galgen an einem tiefen, schmutzigen Wasserloch aufgestellt, der
BÄCKER in einen Korb gesetzt und am Galgen mittels Flaschenzug abwechselnd hinaufgezogen & herabgelassen.
In diesem Korb konnte er nun, dem Spott & Hohn des Volkes ausgesetzt, so lange verweilen, als es ihm beliebte, denn es stand ihm jeden Augenblick frei, sich aus dem Korbe zu befreien. Doch konnte es nur mit der kleinen "Unbequemlichkeit" geschehen, dass er aus demselben in das schmutzige Wasserloch springen und sich anschließend, so gut es eben ging, durch das "rohe Volk" zu retten suchen musste. Wagte der
BÄCKER den Sprung nicht und es wurde dem Volk zu lange, stieß der Stadtknecht den Unglücklichen mit einer Stange aus dem Korb.
Man konnte sich den Jubel der Gaffer bei solch einer "Exekution" sehr gut vorstellen.
So ging es also in den
GUTEN ALTEN ZEITEN zu!
Es gab aber auch schöne Momente im
BÄCKERLEBEN,
wie der Schluss des obenstehenden
GEDICHTS in Bezug auf die Frauen & Mädchen offenbart:
"Nun höre man die Nöthen, in der sie alle sind,
aus jeder Tonart flöten hört man manch' liebes Kind:
"Herr BÄCKER, ich vor allen wünsche bedient zu sein !"
Und hat sie mir gefallen, geh' ich den Handel ein.
Drum nach der Nächte Mühen der BÄCKER nicht viel fragt;
der Freuden viel ihm blühen sobald der Morgen tagt.
So reget bis an's Lebensende er sich mit Rüstigkeit,
weiß Tag und Nacht zu nützen manch kleine Spanne Zeit."