DER NATIONALE TRAUERTAGzum Gedächtnis für unsere Gefallenen
Als im November 1916, im dritten Kriegsjahr, die Katholiken an
ALLERSEELEN und die Protestanten am
TOTENSONNTAG in hergebrachter Weise der Toten gedachten, wurde von verschiedenen Seiten die Anregung laut, dass sich die beiden christlichen Bekenntnisse zu einem gemeinsamen
TOTENFEST zusammenschließen.
ALLERSEELEN und
TOTENSONNTAG sollten aber ihre bisherige Bedeutung behalten, nur ein gemeinsamer
NATIONALER TRAUERTAG für die Opfer des Weltkrieges sollte eigens festgelegt werden.
Zu diesem Tage wurde der erste Sonntag im März ausersehen.
Das Vorbild für diesen Trauertag war die allgemeine
TOTENFEIER, die am 4. Juli 1816 in Preußen auf Anordnung Friedrich Wilhelms III. stattfand, um der Opfer zu gedenken, die die Befreiungskriege in den preußischen Landen gefordert hatten. Der Anklang, den sie gefunden hatte, war Anlass dafür, die einmalig gedachte Feier zu einer alljährlich wiederkehrenden zu machen. Eine königliche Anordnung vom 25. November 1816 bestimmte dazu den letzten Sonntag des scheidenden Kirchenjahres, den wir seitdem als
TOTENSONNTAG kennen.
In diesem Zusammenhang verdient der Hinweis Beachtung, dass auch der
BUßTAG ursprünglich kriegerische Vorgänge zur Voraussetzung hatte: die Türkenkriege, der Schmalkaldische und der Dreißigjährige Krieg haben die
BUß~ & BETTAGE hervorgerufen. Zur Abwendung von Not und Gefahr sollte diese Einrichtung dienen. Der noch erheblich ältere
ALLERSEELENTAG der katholischen Kirche , der im Jahre 998 gestiftet wurde, steht ebenfalls mit kriegerischen Ereignissen, nämlich den Kreuzzügen, in Verbindung. Aus dem Heiligen Lande zurückkehrende Kreuzfahrer behaupteten, dass aus dem Vulkan Ätna das Geschrei der armen Seelen zu ihnen gedrungen sei. Für deren Seelenruhe wurden Messen gelesen und der Allerseelentag wurde ihrem Andenken gewidmet, aber nicht nur jenen, die in den Kreuzzügen zugrunde gegangen waren, sondern dem Andenken aller Gestorbenen überhaupt.
Die katholische Kirche beließ es beim
ALLERSEELENTAG und die Protestanten wollten ihren
TOTENSONNTAG nicht missen.
Um jedoch allen Gefallenen an einem Tag, unabhängig von den Konfessionen, zu gedenken, wurde 1926 entschieden, den
VOLKSTRAUERTAG
regelmäßig am 5. Sonntag vor Ostern zu begehen.
Dies geschah erstmals am 28. Februar 1926.
Vom
VOLKSTRAUERTAG IN SENFTENBERG berichtete der >Senftenberger Anzeiger< (in Auszügen) wie folgt:
"IN STILLER TRAUER gedenkt das deutsche Volk am heutigen Tage seiner Brüder, die in dem größten aller Kriege ihr Leben gaben für die Verteidigung der Heimat. IN STILLER TRAUER; das bedeutet nach dem Volksempfinden, daß Tanzlustbarkeiten und andere Vergnügungen an diesem Tage ausgeschlossen sind, auch wenn sie nicht durch Anordnung von oben oder polizeiliches Verbot ausdrücklich verboten sind. Leider mußte man feststellen, daß an einigen Stellen dieser Volksstimmung zuwidergehandelt wurde. Die betreffenden Veranstaltungen konnten ebenso gut an einem anderen Sonntage stattfinden. Der VOLKSTRAUERTAG verlangt mit Recht eben solche Ruhe wie Karfreitag, Bußtag und Totensonntag, denn er ist nichts anderes als diese drei.
Der Verlauf der TRAUERVERANSTALTUNGEN war dementsprechend.
Am KRIEGERDENKMAL, an der HELDENGEDÄCHTNISSTÄTTE und an der GEDENKTAFEL der Freiwilligen Feuerwehr natürlich Kranzniederlegungen...
Die in der Arbeitsgemeinschaft der vaterländischen Verbände und Vereine zusammengeschlossenen Vereinigungen, Stahlhelm, Gardeverein, Scharnhorst, Werwolf, Jungdeutscher Orden und Wehrbund Ostmark versammelten sich um 9 Uhr im Hotel Mingau.
Inzwischen kam der Reichsbund deutscher Eisenbahner und Kriegsteilnehmer angerückt. Kurz vor ½10 Uhr nahmen die vaterländischen Verbände im geschlossenen Zuge vor der Kirche Aufstellung zum KIRCHGANG. Unter den Klängen des Eingangsspiels wurden die umflorten Fahnen in die dichtgefüllte DEUTSCHE KIRCHE rechts und links vom Altar eingebracht, wozu die vaterländischen Verbände, die inzwischen im rechten Vorderschiff Platz genommen hatten, präsentierten. Der Kirchenchor leitete zur Predigt von Pfarrer Sieg über...
Nachdem die letzte Weise verklungen war, marschierten die vaterländischen Verbände in Reih' und Glied zu einem kurzen Gedenken und zur Kranzniederlegung zum KRIEGERDENKMAL...
Eine Abordnung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen und der Turnverein >Germania< hatten bereits in den Vormittagsstunden am KRIEGERDENKMAL und an der HELDENGEDÄCHTNISSTÄTTE je einen Kranz niedergelegt. Auch die Freiwillige Feuerwehr hatte es sich nicht nehmen lassen, ihre EHRENTAFEL am Depot sinnvoll zu schmücken...
Die KRIEGERVEREINE Senftenberg, Jüttendorf-Thamm, Buchwalde, Senftenberg 2, Hörlitz und Reppist, die Freiwillige Sanitätskolonne vom Roten Kreuz, die Vereine der ehemaligen Artilleristen, Kavalleristen, der Jäger und Schützen ehrten die Gefallenen des Weltkrieges in einer besonderer FEIER, die ebenfalls ein allgemeiner KIRCHGANG, nachmittags 2 Uhr einleitete...
Nicht minder eindrucksvoll gestaltete sich die FEIER an der HELDENGEDÄCHTNISSTÄTTE. Nachdem sich die Vereine und eine große Anzahl trauernder Eltern, Geschwister und Waisen, die den Verlust eines lieben Angehörigen zu beklagen haben, um das HELDENMAL versammelt hatten, spielte die Stadtkapelle die alten Weisen, den Toten zur Ehre..."
EPILOG
Die Nationalsozialisten übernahmen den
VOLKSTRAUERTAG,
legten ihn auf den 2. Fastensonntag und benannten ihn 1934 in
HELDENGEDENKTAG um. Nicht mehr Totengedenken,
sondern "Heldenverehrung" sollte im Mittelpunkt stehen.
1939 verlegte Hitler ihn per Erlass auf den 16. März.
Nach Ende des 2. WK wurde die Tradition des VOLKSTRAUERTAGES wieder in der alten Form aufgenommen und 1952 an das Ende des Kirchenjahres verlegt
- und zwar 2 Sonntage vor dem 1. Adventssonntag.