Neues 244 - 2016-09-18

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Matthias
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Neues 244 - 2016-09-18

Beitragvon Matthias » Sa 17. Sep 2016, 10:29

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Harald
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Re: Neues 244 - 2016-09-18

Beitragvon Harald » So 18. Sep 2016, 10:59

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>Ruhm und Ehre Karl Marx,
dem größten Sohne des deutschen Volkes !<

Diese LOSUNG - Nummer 4 - passte von der buchstabenmäßigen Ausdehnung exakt auf das Spruchband am Kreishaus.
Der Plakatmaler musste damals gut kalkuliert haben, denn ein Blick auf den "Losungskatalog" zum Karl-Marx-Jahr 1953 zeigt, dass die meisten Propagandasprüche um einiges länger ausfielen.
Mit großem Aufwand wurde das Gedenkjahr anlässlich seines 135. Geburtstages und 70. Todestages begangen, um "dem deutschen Volke die Augen zu öffnen über die welthistorische Bedeutung dieses größten Sohnes der deutschen Nation."
Da die erwünschte Massenwirkung scheinbar ausblieb, schob man im Jahre 1983 noch ein weiteres Karl-Marx-Jahr zu seinem 100. Todestag nach - selbstredend mit LOSUNGEN, wie gehabt.

Karl-Marx-Jahr_resize.jpg

Eines der wichtigsten Instrumente von Partei und Staatsführung, die Menschen zu politischem Denken und Handeln anzuhalten, war die Ausgabe von

LOSUNGEN.

Sie wurden vom Zentralkomitee der SED aufgestellt und jährlich zu allen möglichen politischen Anlässen in Form von Spruchbändern verkündet. Speziell zum 1. Mai, dem "Kampftag der Arbeiterklasse", wurden in der Regel alle gesellschaftlichen Gruppen mit einer bestimmten, auf sie zugeschnittenen LOSUNG bedacht.
Sie wurden von Sprechern auf Tribünen über Lautsprecher zum vorbeilaufenden Volk gesprochen. Kurioserweise trugen oftmals die Vorbeilaufenden die an sie als Volk gerichteten Mahnungen auf Transparenten selbst mit.

Alle LOSUNGEN waren öffentliche AUFRUFE, die fortwährend zu irgendetwas aufforderten. In der Regel geschah dies in Ein-Satz-Texten politischer Art, bei denen überwiegend Schlagwörter, Gedankenstriche, vor allem aber Ausrufezeichen eine ganz wichtige Rolle spielten.
Ein treffendes Beispiel hierfür sind die wohl allen "gelernten DDR-Bürgern" noch im Hinterkopf herumspukenden Mantras:

"Mein Arbeitsplatz - mein Kampfplatz für den Frieden !"
"Plane mit - arbeite mit - regiere mit!"


Das GRUNDSCHEMA VON LOSUNGEN
>Aufrufen - Feststellen - Behaupten - Versichern - Grüßen - Danken<
wurde in AUSRUFESÄTZE (Imperativ) gepresst:

Macht...! Laßt...! Erfüllt... ! Verwirklicht...! Stärkt und festigt...!
Es lebe...! Ruhm und Ehre...! Dank den... !
Vorwärts zu...! Weiter voran...!

Vor allem in den Losungen aus den schweren 1950er Anfangsjahren führte sich die offizielle Sprache in der DDR dank übereifriger, jedoch sprachlich minderbemittelter Ideologen teilweise selbst ad absurdum und schuf unfreiwillige Witze:

"Jeder Schaffende ein Schwimmer, jeder Schwimmer ein Retter!" (1949)
"Frauen und Mädchen, ran im Wettbewerb von Mann zu Mann!" (1952)
"Jeder Bauer deckt eine Sau mehr!" (1955)
"Unsere Dahlienschau - ein wuchtiger Schlag gegen die Kriegsbrandstifter!" (1955)
"Einzelschafhalter ! Schließt euch zu genossenschaftlichen Herden zusammen!" (1956)

Bald darauf entstanden im Volksmund weitere witzige KREATIONEN
mit einem dubiosen Hintersinn:

Kaserne: "Stärkt die Glieder der Nationalen Volksarmee !"
Gefängnis: "Heraus zu neuen Taten!"
Friedhofsmauer: "Alles heraus zum 1. Mai!"
Schnapsfabrik: "Alles zum Wohle des Volkes!"

Nicht selten wurden offizielle Losungen parodiert, die Form nachgeahmt, aber zugleich ein ungeschöntes Bild von der Realität gezeichnet:

Bauarbeiter: "Ruinen schaffen ohne Waffen!"
Verkehrsbetriebe: "Bei uns läuft es gut - bald laufen auch Sie!"
Textilindustrie: "Jeder dritte Genosse ist ein Spinner!"
Stasi: "Kommen Sie zu uns - bevor wir zu Ihnen kommen!"


Kreuzzug_resize.jpg

Bei der Riesenmenge LOSUNGEN, die uns in 40 Jahren DDR vor den Augen flimmerten, möchte man meinen, dass sie auch "auf unserem Mist gewachsen sind". Hier kann ich als Historiker die Gemüter beruhigen, denn LOSUNGEN sind mittlerweile schon über 1000 Jahre in Gebrauch. Die Kreuzritter schrieben sie als erste auf dem Zug ins gelobte Land auf ihre Banner. Sie bestanden allerdings selten aus mehr als drei bis vier Worten. Die gebräuchlichste LOSUNG bei den Kreuzzügen war:
>Adjuva Deus !< (Hilf Gott !)
Sie waren auch von der Losung >Deus lo vult< (Gott will es) beseelt und erhofften sich, durch die Einnahme des Heiligen Landes dem wahren Willen Gottes zu folgen, so dass Ihnen alle ihre bisherigen Sünden vergeben bzw. erlassen würden.
Im Mittelalter riefen die königliche spanischen Truppen Gott und den heiligen Jakob, die englischen und deutschen Ritter den heiligen Georg oder andere Heilige, zu denen sie besonderes Zutrauen hatten, an.
Französische Ritterorden wählten sich aufmunternde, teils merkwürdige Redensarten:
Place a la banniere - Chevaliers pleuvent!
(Platz für das Banner- es prasseln die Ritter hernieder!)
Au feut! - Au bruit! - Grand joye! (Feuer! - Lärm! - Große Freude!)

Aus gegebenem Anlass kommt mein SCHLUSSWORT heute natürlich auch als
RIESEN-LOSUNG:

>Unsterblichen Ruhm und Ehre Johann Gottlieb Paulitz,
dem großen Lehrer, Meister der Wissenschaft und Nestor der Heimatforschung!
Heimatforscher in Stadt und Land!
Erfüllt sein Vermächtnis mit Forscherdrang und weiteren glanzvollen Recherchen!
Von Paulitz lernen heißt siegen lernen!< :)


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