Neues 242 - 2016-09-04

Kommentare zu den
einzelnen Einträgen unter Neues
Benutzeravatar
Matthias
Administrator
Beiträge: 694
Registriert: Fr 28. Feb 2014, 18:23
Wohnort: Senftenberg

Neues 242 - 2016-09-04

Beitragvon Matthias » Sa 3. Sep 2016, 10:27

Bild

Hier klicken, um zum entsprechenden Eintrag unter "Neues" zu springen...

Benutzeravatar
Harald
Beiträge: 660
Registriert: Sa 1. Mär 2014, 10:39

Re: Neues 242 - 2016-09-04

Beitragvon Harald » Sa 3. Sep 2016, 14:03

Schmuckblatt Städtebild_resize.jpg
Camillo Ehregott Zschille (1847 - 1910) schuf eine Reihe von über 50 Stadtansichten sächsischer und preußischer Städte. Diese wiesen in der Mehrzahl historische als auch zeitgenössische Ansichten nebst Wappen und Siegeln auf. Die Vervielfältigung dieser Architekturansichten wurde durch den damals vielfach verwendeten LICHTDRUCK bewerkstelligt.
Dabei handelt es sich um ein in Frankreich erfundenes, vom Deutschen JOSEPH ALBERT Ende des 19.Jh. vervollkommnetes Flachdruckverfahren, welches im >Officiellen Bericht von der Weltausstellung 1873 in Wien< zum "König der Reproduktionsverfahren" erkoren wurde, da es ohne künstliches Raster auskommt und sich mit ihm Faksimiles von höchster Farbgenauigkeit und Brillianz erzeugen lassen:

ALBERTTYPIE (LICHTDRUCK, PRESSENDRUCK)

Lichtdruck_resize.jpg

"Nachdem es gelungen ist, durch Anwendung von Druckerschwärze, welche die Garantie vollständiger Haltbarkeit bietet, photographische Bilder schnell und billig zu vervielfältigen, lässt sich die Behauptung mit voller Berechtigung aufstellen, dass dieser Zweig des Kunstdruckes für Kunst und Wissenschaft, Handel und Gewerbe ein ganz unentbehrlicher und unersetzlicher Factor geworden ist. Es gibt kein anderweitiges Verfahren, welches Abbildungen so vollkommen darzustellen und so getreu wiederzugeben im Stande wäre.
Der erste, welcher in diesem Zweige Vollendetes in die Oeffentlichkeit brachte, war der baierische Hof-Photograph ALBERT in München..."

Sein PORTRÄT kann man hier in zweifacher Ausfertigung sehen,
links als im Jahre 1850 übliche Photographie, rechts als Lichtdruck von 1875.
Die Qualität spricht für sich, was im Fachblatt >Neue deutsche Gewerbezeitung< von 1873 wie folgt gewürdigt wurde:

Joseph Albert 1850 & 1875_resize.jpg

"Unter dem Namen LICHTDRUCK, von einigen GLASDRUCK genannt, ist ein Verfahren zu verstehen, wonach von einem Negativ, wie es in dem photographischen Apparate, also mittels der Camera, aufgenommen ist, eine druckfertige Glasplatte durch Copiren am Tageslichte hergestellt wird, von welcher letzteren auf der lithographischen Presse eine beliebige Anzahl von Abdrücken abgezogen werden kann...Der LICHTDRUCK liefert bereits Erzeugnisse, welche kaum noch einen Wunsch nach Verbesserung offen lassen. Sehr schön eignet sich das Verfahren zur Wiedergabe von Bleistift~ und Kreidezeichnungen (Cartons). Diese werden fast naturgetreu reproducirt...LICHTDRUCK ist von Bedeutung, wenn es gilt, in kurzer Zeit große Auflagen von Bildern zu liefern..."

Wer wissen möchte, wie dieses Druckverfahren genau funktioniert,
dem empfehle ich ein VIDEO auf der Webseite:

http://mediengeschichte.dnb.de/DBSMZBN/ ... ahren.html

"DER LETZTE DRUCKT DAS LICHT AUS !"

Ein Handwerk stirbt aus, denn diese Technik hat einen Nachteil:
Sie taugt nicht für die moderne Massenproduktion, die mehrere 10.000 Kopien von einem Original verlangt. Von einer Glasplatte können maximal 1000 Drucke am Tag produziert werden, realistisch sind aber nur wenige 100. Alles andere geht auf Kosten des Materials. Heute soll immer schneller, immer mehr und immer billiger produziert werden. Trotz seiner Qualität, ist für den Lichtdruck da kein Platz mehr. Deshalb werden heutzutage fast alle Zeitungen und Bücher im OFFSET-Verfahren hergestellt.

Vor hundert Jahren produzierten noch über 200 Lichtdruckereien in Deutschland. Heute ist es nur noch eine. In LEIPZIG steht die letzte Lichtdruckerei Europas. Nur noch fünf Menschen können die schweren, hundert Jahre alten Maschinen bedienen.
Lange waren es noch drei Werkstätten auf der Welt. Doch seit 1993 die Lichtdruckanstalt Arthur Kolbe in Dresden und 2012 die Gebrüder Alinari in Florenz geschlossen haben, ist der Lichtdruck in Leipzig die letzte Einrichtung in Europa. Außerhalb Europas arbeitet nur noch in Kyoto eine Werkstatt, die direkt für den japanischen Kaiser produziert.
Auch die in Leipzig benötigten Farben kommen aus Japan. Sie sind weltweit die einzigen Hersteller.
Der Lichtdruck stirbt mit denen, die ihn noch beherrschen.
In 50 Jahren wird es ihn höchstwahrscheinlich nicht mehr geben
– außer im Lichtdruck-Werkstatt-Museum in Dresden als Relikt menschlichen Erfindergeistes... :(


Zurück zu „Kommentare“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 6 Gäste

cron