„An keinem Tage des Jahres hat die POST so alle Hände voll zu thun, als am 1. Januar. Da häufen sich in den SCHALTERN & KÄSTEN die NEUJAHRSKARTEN allstündlich zu hohen Massen, ganze Kompanien von außerordentlichen BOTEN & AUSTRÄGERN sind in Tätigkeit, die von früh bis in die Nacht treppauf-treppab laufen, um KARTEN von der verschiedensten Art, in grober oder feiner HÜLLE, zierlich stilisiert oder schrecklich unorthographisch geschrieben, duftend nach irgendeinem auserlesenen PARFÜM, mitunter auch wohl nach KNASTER [Tabak], fein kuvertiert und in länglich vornehmen Format oder auch ungeschickt viereckig zusammengeschlagen, an die EMPFÄNGER oder die EMPFÄNGERIN im ersten Stock, in der Dachstube oder hinten im Hofe gelangen zu lassen…“ (>Nationalzeitung< 1865)
Es ist doch eigentlich sehr schade, dass der
ALTE VOLKSBRAUCH, Freunden oder Familienangehörigen zu Neujahr
„ECHTE“ GLÜCKWUNSCHKARTEN zu schicken, aus der Mode gekommen ist. Im heutigen
MULTIMEDIA - ZEITALTER beherrschen (leider auch bei mir)
E-CARDS die
GLÜCKWUNSCHSZENE. Sichtlich bedauert wird dieser Umstand mit Sicherheit von unseren
ALTVORDEREN, die sich liebend gern der mehr oder weniger fantasievollen, oft aber wunderbar kitschigen, vor allem aber quietschbunten
KARTEN erinnern, welche „anno dunnemals“, als sie selbst noch
KINDER waren, in einer hölzernen
ZIGARRENKISTE aufbewahrt wurden. Dazumal gab es in jeder Familie mindestens einen leidenschaftlichen
POSTKARTENSAMMLER und speziell bei den
NEUJAHRSKARTEN gab es ja überaus witzige, aber auch kitschige
MOTIVE. Das
SORTIMENT bei früheren Kartenverlagen war äußerst umfangreich. Bei jugendlichen Sammlern jedoch besonders begehrt waren
KARTEN MIT KINDERN & ZWERGEN in Kombination mit kleinen
SCHWEINCHEN und/oder diversen anderen
GLÜCKSSYMBOLEN.
Hier eine kleine Auswahl typischer
NEUJAHRSMOTIVE, die man häufig zu Gesicht bekam:
Kalender – Jahreszahlen – Uhren – Hufeisen – Schweine – Fliegenpilze – Glücksklee – Geld (Münzen, Scheine, Geldsäcke) – Kinder – Schornsteinfeger – Zwerge – Sekt – Feiernde Menschen (beschwipst bis volltrunken) – Feuerwerk;Um 1910 tauchten auf den
KARTEN feierlaunige
MUSIKKAPELLEN mit dem
SPRÜCHLEIN auf:
„Wir blasen hier zum NEUEN JAHR, und zwar umsonst, was wirklich rar.“Da werden bei mir sogleich persönliche
ERINNERUNGEN wach, weil ich als junger
TANZMUSIKER oft genug die Strapazen eines
SILVESTERBALLS durchleben durfte.
Zur Zeit des 1. Weltkrieges (1914 – 1918) wurde zwar das
„WITZIG“ im
ANGEBOT weggelassen, das
KARTENDESIGN veränderte sich aber nicht gravierend:
irgendwie schwankte das dargestellte
KRIEGSBILD zwischen patriotischer
NACHDENKLICH~ &
SPARWITZIGKEIT…
KLEINE NACKEDEIS standen stets für das
NEUE JAHR, während vollständig
BEKLEIDETE KINDER schlicht die
ERWACHSENEN symbolisierten, die sich an
SILVESTER amüsieren. Auf der
KARTE links oben greift ein am Boden sitzendes
MÄDCHEN versonnen nach der großen
FLASCHE, während die 3 anderen sich mit glasigem Blick um ein
GLAS ROTWEIN streiten. Die bechernden
KNIRPSE sollten allerdings weder Minderjährige zum Alkoholkonsum anstiften, noch enthielt die
KARTE den Appell
"Passt im neuen Jahr besser auf eure Kleinen auf!“ Die betrunkenen
DREIKÄSEHOCHS standen schlicht für die
ERWACHSENEN, die sich an
SILVESTER berauschen.
Darüber hinaus wurden aber zu
NEUJAHR nicht nur
KARTEN mit einem einfachen
GLÜCKWUNSCH versandt, sondern auch solche mit ganz gemeinen, verletzenden
BILDERN & VERSEN.
Wenn auch derartige
KARTEN nur von der
NIEDRIGEN GESINNUNG der Absender zeugten, beleidigten sie oft deren Empfänger. Auf die Vorstellung der gerade für derartige Zwecke von selbsternannten „Witzbolden“ bemühte Kategorie
>TRINKERHUMOR & FRAUENFEINDLICHKEIT< verzichte ich gern…
In der Folgezeit machten
MODERNE DRUCKMASCHINEN die
KARTEN nicht nur in Deutschland zu einem beliebten, günstigen
MASSENPRODUKT. Über 300 Hersteller warfen ständig neue Exemplare auf den Markt. Mit
LEINWÄNDEN, die einen fantasievollen
HINTERGRUND lieferten, und allerlei überdimensionalen
REQUISITEN inszenierten die Fotografen in ihren Ateliers immer neue
MOTIVE.
Wer im Internet ein wenig unter
>ANSICHTSKARTEN< bzw. aktuell unter
>NEUJAHRSKARTEN< googelt, kommt ob deren
VIELFALT aus dem
STAUNEN nicht mehr heraus.
VIEL SPASS DABEI – und natürlich auch von mir die BESTEN WÜNSCHE FÜR EIN GESUNDES NEUES JAHR ! Ich beschließe nunmehr das
THEMA >NEUJAHRSKARTEN< mit dem über Jahrzehnte hinweg beliebt gebliebenen
NEUJAHRSMOTIV - der variantenreichen, aber meist mit
REH(EN) angereicherten
WINTERLANDSCHAFT...