"DER DEUTSCHE ERFREUT SICH EINES KRÄFTIGEN HAARWUCHSES UND LIEFERT DIE SCHÖNSTEN BLONDEN HAARE, sodass der VERKAUF der eigenen Haare, namentlich bei BAUERNMÄDCHEN, mitunter ein angenehmer NEBENERWERB ist." - las ich in einer alten
CHRONIK, konnte dem aber, angesichts meines sehr licht gewordenen
HAUPTHAARES, nur bedingt Glauben schenken.
Das Gewerbe der
BARTSCHEERER, FRISEURE & PERRÜCKENMACHER ging aus dem der
BADER hervor, das Geschäft des
HAARSCHNITTS & der HAARZURICHTUNG nach der jeweiligen
MODE, bereits im ausgehenden Mittelalter um 1518 von den gewöhnlichen
BARBIERSTUBEN an professionelle
FRISEURE über, die über die Jahrhunderte hinweg bis heute getreulich ihr Handwerk ausüben.
Im Jahre
1849 zählte man im ganzen preußischen Staate insgesamt nur
396 FRISEURE mit
208 GEHILFEN, welche sämtlich in den Städten, und zwar vorzugsweise in Großstädten wohnten.
Bei der
1882 erfolgten Berufszählung im deutschen Reiche bestanden bereits
8769 HAUPT~ & 62 NEBENBETRIEBE, davon 67 ohne Gehilfen. Insgesamt 36668 Personen waren bei diesem Beruf verzeichnet, davon
20947 SELBSTSTÄNDIGE & 15552 LEHRLINGE & GEHILFEN.
Von letzteren waren 8,7% unter 15 Jahren, 55,6% 15 – 20 Jahre, 29,9% 20 – 30 Jahre, 3,8% 30 – 40 Jahre, 334 über 40 Jahre alt.
Über deren
HARTE ARBEITSBEDINGUNGEN hat das >Kaiserliche Gesundheitsamt< im Jahre 1900 folgendes aufgelistet:
„Die ARBEITER werden meistentheils sehr frühzeitig selbstständig, da die ARBEITGEBER nur ausnahmsweise ÄLTERE GEHILFEN beschäftigen wollen, weshalb GEHILFEN über 25 Jahre selten BESCHÄFTIGUNG finden. Das Durchschnittsalter der BARBIERGEHILFEN beträgt in Deutschland 21½ Jahre. Die ARBEITGEBER bilden eine unverhältnismäßig große Anzahl LEHRLINGE aus, woraus eine beständig große ARBEITSLOSIGKEIT im Barbiergewerbe resultiert.
Deswegen sind auch die LÖHNE & ARBEITSVERHÄLTNISSE überaus ungünstige:
Die GEHILFEN haben fast ausnahmslos KOST & LOGIS beim ARBEITGEBER – beides ist äußerst mangelhaft. Die ARBEITSZEIT beträgt durchschnittlich 14 – 16 Stunden pro Tag, an den Sonnabenden 20 Stunden. Sonntags wird 6 – 10 Stunden gearbeitet. Die PREISE für die einzelnen DIENSTLEISTUNGEN sind von alters her unverändert. Nur das HAARSCHNEIDEN am Sonntag kostet, um dieses zeitraubende Geschäft möglichst auf den Alltag zu verlegen und so die etwas kürzere Arbeitszeit der Sonntage zu entlasten, 10 Pfennig mehr.
Nur wenige ARBEITGEBER gewähren ihren GEHILFEN an Stelle des Sonntags einen FREIEN Wochentag bzw. Nachmittag. Die ARBEITSZEIT beginnt morgens um 6 Uhr, in einzelnen Geschäften schon um 5 Uhr, und dauert bis abends 10, ausnahmsweise bis 9 Uhr. Bestimmte RUHEPAUSEN, auch für die Einnahme der MAHLZEITEN, gibt es nicht.
Vielfach müssen die GEHILFEN während des Essens ihre Arbeit verrichten.
An LOHN wird BEI FREIER STATION (d.h. Kost & Logis) 1 – 8 Mark pro Woche,[b] OHNE STATION höchstens 18 Mark gezahlt. Vielfach arbeiten die GEHILFEN bei HALBER KOST[/b], wobei der ARBEITGEBER den Kaffee und das Mittagessen liefert, die weiteren Nahrungsmittel sich der GEHILFE aber von seinem eigenen Lohn von 2,50 – 5 Mark beschaffen muß.
Wie in allen GEWERBEN, in denen LANGE ARBEITSZEIT & SCHLECHTE LÖHNE vorherrschend sind, ist auch bei den FRISEUREN die Organisation der Arbeitgeber eine gute, während die Arbeitnehmer nur mangelhaft organisiert sind.“ Die Menschheit hatte schon immer mit den stetig wechselnden
HAARMODEN zu kämpfen: die
GALLIER trugen ihre Haare ziemlich kurz, die
FRANKEN als „Überleger“ und mit Knoten im Nacken, erlauchte
KÖNIGE trugen die Haare so lang als möglich, meist bis auf die Schultern, und böhmische
RITTER bleichten ihre nassen Haare in der Sonne bzw. drehten & brannten sich mit einem heißen Eisen Löckchen ein.
BILL HALEY hatte eine Schmalzlocke in die Stirn gezogen,
ELVIS PRESLEY eine hohe Stirntolle und die
BEATLES kreierten den
PILZKOPF und
John, Paul, George & Ringo ließen dann ihre Haare „wild wachsen“.
Alle anderen zeitgenössischen
FRISUREN wechselten laufend, verschwanden & kamen wieder, wie oben
BLAU = Herren /
ROT = Damen zu sehen.
Beim Durchlesen der umseitigen
AUFZÄHLUNG stachen mir prompt die Namen zweier
FRISEURE aus SENFTENBERG II ins Auge,
denen ich in meinen Kindertagen mein
HAUPTHAAR anvertrauen durfte:
Erste
ERFAHRUNGEN sammelte ich mit herabbaumelnden Beinen auf dem hohen
DREHSTUHL bei einem „Friseurmeister der alten Garde“,
ARTHUR HANDRICH in der Fabrikstraße 4, nur wenige Schritte vom Gasthaus
"ZUR EICHE" entfernt.
Er verpasste mir einmal pro Monat mit Kamm, Schere und ewig ziepender Haarschneidemaschine für 40 Pfennige einen „gescheitelten“
KURZHAARSCHNITT, der meine abstehenden
OHREN so richtig zur Geltung kommen ließ. Meine Oma nannte diese
FRISUR, wie sie der englische König Heinrich V. und seine Diener einst trugen, liebevoll einen königlichen
„PAGENSCHNITT“. In Wirklichkeit ähnelte er eher dem sogenannten
TOPFSCHNITT, welcher dem
SOHN meist von überaus sparsamen Eltern oder Bekannten „verpasst wurde“, indem sie ihm kurzerhand einen
KOCHTOPF über den
KOPF stülpten und dann entlang der Ränder das
HAAR abschnitten – daher der Name.
Als mich die Pubertät packte, in der ich vor allem den
MÄDCHEN gefallen wollte, wechselte ich zu
FRANZ RUPRECHT, einem etwas jüngeren „Friseurmeister der neuen Schule“ in der Klettwitzer Straße 62, der mir für 65 Pfennige einen
FASSONSCHNITT – „halblang“ zauberte.
Als ich im Jahre 1966 meine Lehrtätigkeit an der
POS BRIESKE-OST aufnahm, knüpfte ich auch Kontakte zur ebenfalls am
MARKT liegenden Filiale der
PGH FIGARO, um mich, wie auch schon viele meiner KollegInnen, bei der routinierten
FRISEUSE Frau
MARIKA KOCH für eine unbefristete
HAARPFLEGE anzumelden, was, da ich auch ihren Sohn unterrichtete, gut klappte. Ich bemerkte sehr bald, dass
„DER LADEN BRUMMTE“, also die Frisierstühle ständig besetzt waren, was ganz sicher am qualifizierten
PERSONAL und der angenehm sauberen
EINRICHTUNG lag. Umso mehr empörte mich die unbedarfte
KRITIK eines Briesker Nörgelers in der >Lausitzer Rundschau<, (der übrigens nicht
LEHRER sondern nur
LESER war ! = Druckfehler)
welche sich aber durch die 2 Jahre später erfolgte
AUSZEICHNUNG der
CHEFIN erübrigte.
Die
SECHZIGER JAHRE waren überhaupt eine
>DEN FRISEUREN IN DER DDR FREUNDLICH GESINNTE ZEIT<. Die
PGH (Produktionsgenossenschaft des Handwerks)
„FIGARO“ war sehr aktiv, baute in verhältnismäßig kurzer Zeit alte Filialen aus oder richtete vollkommen neue ein, wogegen heute oft nur
RÜCKBAU oder
SCHLIESSUNG anliegt…Ich wünsche dennoch allen noch
MIT FREMDER HAARTRACHT BESCHÄFTIGTEN vor allem: