Neues 500 - 2022-01-09

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Matthias
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Neues 500 - 2022-01-09

Beitragvon Matthias » Sa 8. Jan 2022, 12:35

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Frank66
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Re: Neues 500 - 2022-01-09

Beitragvon Frank66 » Mo 10. Jan 2022, 10:16

Bin sehr erstaunt über die vielen Antennen, die man auf den Dächern der Wohnblöcke. Gab es damals die Gemeinschaftsantenne noch nicht, so das jeder Mieter eine eigene Antenne haben musste?

Vielen Dank für die Bilder, die für mich schöne Erinnerungen sind. Bin 1985 in dieses Wohngebiet gezogen, was damals kaum anders ausgesehen hatte, als 1967.

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Harald
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Re: Neues 500 - 2022-01-09

Beitragvon Harald » Mo 10. Jan 2022, 19:32

Platte LOGO_resize.jpg


„Lieber Mieter! Zur Übernahme Ihrer NEUBAUWOHNUNG beglückwünschen wir Sie im Namen aller,
die das Haus gebaut haben, in dem Sie nun wohnen werden.“

So las sich im Jahre 1970 die sehnsüchtig erwartete BOTSCHAFT der Wohnungsverwaltung betr. „Zuteilung einer 2-Zimmerwohnung in der Otto-Nuschke-Straße 9“ – unweit der Erich-Weinert-Straße 30, wo wir vordem als jungverheiratetes Paar mit unserem „Stammhalter Matthias“ bei meinem Großvater „Unterschlupf“ gefunden hatten.
Doch bevor sich dieser lang gehegte TRAUM von den eigenen vier Wänden erfüllte, musste man sich in eine sehr lange WARTELISTE eintragen. An den SPRECHTAGEN des WOHNUNGSAMTES platzte das WARTEZIMMER aus allen Nähten. Stundenlang standen die jungen Muttis mit Kleinkindern mehr oder weniger geduldig in der WARTESCHLANGE.
Die KINDER dabei zu haben hatte einen guten Grund: für FAMILIEN mit Nachwuchs verbesserten sich die Aussichten auf eine WOHNUNG enorm.
ALLEINSTEHENDE wurden nicht selten mit dem Satz abgespeist: „Kommen Sie wieder, wenn Sie verheiratet sind.“
Besonders begehrt ab Anfang der 1970-er Jahre waren die
PLATTENBAUWOHNUNGEN.

Sie waren mit fließendem warmen und kalten Wasser, Zentralheizung ohne Kohlenschleppen, Badewanne und Innen-WC ausgestattet. WOHNEN war in der DDR relativ billig. Jeder MIETER galt als unkündbarer Quasi-Eigentümer, ob er nun pünktlich seine MIETE, die sich zwischen 80 Pfennig und 1,25 Mark pro qm Wohnfläche bewegte, zahlte oder nicht.
Wenn man dann endlich die langersehnten SCHLÜSSEL in der Hand hielt, hatte man die neue WOHNUNG zwar „nur gemietet“
– behandelte sie aber dennoch WIE DIE EIGENEN 4 WÄNDE:
Man investierte viel GELD & ARBEIT in das neue Zuhause: tapezierte die Wände, flieste Bad und Küche – sofern man Raufasertapete und Fliesen irgendwo auftreiben konnte –, und pflegte die Vorgärten. Jeder gelernte DDR-Bürger war dank seiner POLYTECHNISCHEN SCHULBILDUNG sein eigener Maler, Maurer, Tischler oder Klempner – nicht weil es Riesenspaß machte, sondern der alltäglichen NOT gehorchend: HANDWERKER waren knapp, und konnte man tatsächlich mal einen bekommen, blieb die alles überschattende MATERIALFRAGE. Übrigens war das Anschließen von elektrischen Leitungen die einzige Arbeit, die dem Freizeithandwerker gesetzlich untersagt war.

Betonwerk_resize.jpg

P 2 – die WOHNUNG NEUEN TYPS

– meist nur „PLATTE“ genannt – gab es in allen Gegenden der DDR, was sich als sehr praktisch erwies: wer sich zufällig als GAST in eine fremde WOHNUNG „verirrte“, konnte sich nicht verirren, denn die TÜREN führten zu den gleichen RÄUMEN, sogar die SCHRANKWAND stand überall links, die COUCH-GARNITUR rechts, es gab meist identische EINBAUKÜCHEN – man fühlte sich gleich heimisch. „GENORMTES WOHNEN“ bestimmte zwangsläufig auch die Entwürfe der MÖBELHERSTELLER.
Für allzu üppiges MOBILIAR war sowieso kein Platz und man sparte an der Vielfalt gleich mit.
Dennoch war das Leben im >NEUBAUVIERTEL<“ bis zu einem gewissen Grad lebenswert.
Sie waren nicht nur „Schnarchsilo“, „Wohnregal“, „Wohn-Klo mit Kochnische“ oder „Arbeiterschließfach“– wie sie der VOLKSMUND mancherorts titulierte. Hier herrschte RUNDUMBETREUUNG, konzipiert für Familien, in denen ALLE ERWACHSENEN VOLLBESCHÄFTIGT waren. Es gab eine GASTSTÄTTE, eine KAUFHALLE, den KINDERGARTEN und die SCHULE, oft auch einen JUGENDCLUB. Durch das Prinzip der ZENTRALEN WOHNUNGSVERGABE nach Familiengröße konnten die Phänomene Neid, Missgunst oder Abgrenzung von den Nachbarn kaum aufkommen. >HAUSGEMEINSCHAFTEN< kümmerten sich um Eingangsbereiche, Gemeinschaftsräume, Parkplätze und Vorgärten. Mit Balkon-Wettbewerben reagierten viele Bewohner auf das triste Beton-Grau der Gebäude. Es herrschte EIN ENGER ZUSAMMENHALT unter den Bedingungen der Knappheit in fast allen Lebensbereichen.

Bis zum Ende der DDR wurden rund 2,1 Millionen Wohnungen aus BETONFERTIGTEILEN gebaut. Millionen Menschen leben noch heute in diesen WOHNGEBIETEN, die nach 1989 zunehmend durch ABWANDERUNG leer gezogen wurden und der ABRISSBIRNE weichen mussten. Vor allem JUNGE LEUTE gingen NACH DER WENDE auf Grund fehlender AUSBILDUNGS~ & ARBEITSPLÄTZE in die alten Bundesländer und die einst beliebten NEUBAUSIEDLUNGEN verwandelten sich zunehmend in SOZIALE BRENNPUNKTE.
Die ZUKUNFT DER „PLATTE“ ist ungewiss, in SENFTENBERG aber durchaus hoffnungsvoll, denn durch UM~ & AUSBAU, sowie farbliche VERSCHÖNERUNG wird sie mit Sicherheit nicht mehr nur als ÜBERBLEIBSEL der untergegangenen DDR-Epoche ihr Dasein fristen.

Zu dem von >Frank 66< angesprochenen „ANTENNENWALD“ sei noch folgende INFORMATION nachgereicht:

>WESTANTENNE< war ab etwa 1970 die umgangssprachliche Bezeichnung für „ANTENNEN zum Empfang der Fernsehsender der BRD“. Schon Anfang der 1960er Jahre wurden die zumeist im Eigenbau gefertigten, vierstöckigen, sogenannten >OCHSENKOPF-ANTENNEN< zum Empfang des Westfernsehens genutzt. Nach dem Mauerbau sollten in der gesamten DDR die WESTANTENNEN von den Dächern verschwinden. Über die FDJ wurde deshalb die Aktion "BLITZ KONTRA NATO-SENDER“ initiiert, bei der alle „WESTANTENNEN“ als „OCHSENKOPF-ANTENNEN“ diffamiert wurden, ungeachtet dessen, ob sie zum Empfang des SENDERS >OCHSENKOPF< ausgerichtet und geeignet waren oder nicht. Viele ANTENNEN wurden daraufhin unter dem DACH versteckt, bis diese von der FDJ entdeckt, und daraufhin deren Besitzer zur Demontage aufgefordert wurden.

Westantenne_resize.jpg


Das FOTO zeigt oben eine Yagi-Hausantenne zum Empfang des UHF Band IV Kanal 33 (ZDF, Sender Berlin) und in der Mitte die 4-stöckige Ochsenkopf-Dipolantenne zum Empfang des VHF Band III, Kanal 7 (ARD, Sender Berlin).

PLATTENBAU-WOHNUNGEN waren an einer GEMEINSCHAFTSANTENNE angeschlossen
und besaßen BUCHSEN zum Empfang von UKW-Rundfunk und TV der DDR.


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