14.07.2024
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Senftenberger Anzeiger (9. Mai 1922) |
- Grube Marga, 8. Mai. (Schützengilde.) Am 14. Mai d. J.
begeht die junge Schützengilde zu Grube Marga ihr Fest der
Fahnenweihe. Rastlose Sammeltätigkeit hat es ermöglicht, bei den
heutigen unerschwinglichen Preisen eine herrliche Schützenfahne
zu beschaffen, die am Sonntag des feierlichen Aktes der Weihe
harrt. Rastlos tätige Hände einzelner, eigens dazu gebildeten
Arbeits-Kommissionen der Schützenbrüder, haben die ungeheuren
Vorarbeiten zu diesem Fest zu einem erfreulichen Abschluß gebracht.
Zahlreiche Einladungen sind an all die umliegenden Schützengilden
ergangen, die insgesamt bisher mit über 600 Mann zugesagt haben.
Unsere Brudergilde zu Senftenberg hat in dankenswerter Weise es
übernommen, die auswärtigen Gilden auf dem Bahnhof Senftenberg zu
sammeln und sie mit klingendem Spiel nach Marga zu begleiten, sodaß
voraussichtlich der Zug gegen 11 Uhr bei uns eintrifft. - Ueber 50
Ehrendamen arbeiten im Verein mit einer Kommission an der Ausschmückung
unseres Ortes, um ihm an dem für unsere Gilde bedeutungsvollen Tage
ein festliches Gepräge zu verleihen. Für ausreichende Bewirtung hat
die hiesige Gasthausverwaltung in liebenswürdiger Weise Sorge getragen,
um unsern verehrten, auswärtigen Gästen den Aufenthalt so angenehm wie
möglich zu machen. Für die schon Sonnabend eintreffenden Gilden sind
Quartiere bereits sichergestellt. - Für das Preisschießen hat unsre
Gilde, die sich zu Ehren der Gäste an dem Tage nicht am Schießen
beteiligt, hervorragende Preise gestiftet, die im Kaufhaus der Ilse-
Wohlfahrtsgesellschaft Marga zur gef. Besichtigung ausgestellt sind.
Karusells, Würfel- und Schießbuden und der öffentliche Tanz im Saal
der hiesigen Kaiserkrone sorgen bestens dafür, daß die junge Welt, die
nicht am Schießen teilnehmen kann, aich auf ihre Kosten kommt. Zur
besseren Aufrechterhaltung des Verkehrs hat die Autoomnibus-Gesellschaft
"Kraftverkehr in den Marken" einen Pendelverkehr zwischen Marga und
Senftenberg eingerichtet, desgleichen nachmittags zwischen Marga und
dem Schießstand. Um das Fest zu einem Volksfest im wahrsten Sinne des
Wortes zu gestalten, ist die geehrte Einwohnerschaft von Marga und
Brieske dazu herzlichst eingeladen. Nach allem, was bis jetzt zu überblicken
ist, verspricht die Fahnenweihe unserer Schützengilde ein Fest zu
werden, wie es Marga wohl noch nicht gesehen haben dürfte.
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Bildliche Eindrücke von dem Fest "wie es Marga wohl noch nicht gesehen haben dürfte" existieren
wenige. Vor acht Jahren stellte ich hier schon ein bisschen davon vor.
Auch unter Verwendung desselben Textes rechts oben.
Heute nun etwas mehr. Unter anderem ein Blick vom Kirchturm auf die feierliche Fahnenweihe. Ich
persönlich finde die Anteilnahme der Bevölkerung jetzt nicht so großartig. Die Menschenmassen im Vordergrund
dürften sich mehrheitlich aus den oben erwähnten "600 Mann" rekrutiert haben.
Die Grafik selbst stammt aus einer der dreieinhalb Varianten des Albums "Grube Marga". Dort ist
sie mit "Marktplatz (Fahnenweihe)" betitelt. Daß es sich genau um jene Fahnenweihe vom 14. Mai 1922 handelt
lässt sich aus einer Alternativaufnahme schliessen, die Wolfgang Joswig in seinem Marga-Buch verwendete.
Dort ist der Anlaß hart in die Bildseite "eingebrannt".
Übrigens, eine gemalte (warum eigentlich gemalt?) Version der heutigen Aufnahme fand Verwendung in der Festschrift "50 Jahre
Mitteldeutscher Braunkohlenbergbau" (1935).
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Kunstverlag Reinhard Rothe, Meissen, Sa. Aufnahme = 14.05.1922 Sammlung Matthias Gleisner
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Schützengilde Grube Marga (ca. 1926)
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- Grube Marga, 22. Mai. (Egs.) Festlich geschmückt war am Sonntag, 14. d.M. unsere schöne Kolonie. Die Schützengilde
wollte ihre Fahne weihen und hatte aus diesem Grunde die Gilden von fern und nah geladen. Schon am Sonnabend fanden
sich Delegierte verschiedener Gilden ein, um das Fest mit einem Kommers einzuleiten. In liebenswürdiger Weise hatte
sich die Gilde Senftenberg bereit erklärt, bei Einholung der fremden Gäste ihren Marga-Kameraden behilflich zu sein
und führte die Gilden gegen 11 Uhr nach Marga. Es war ein herrliches Bild, das sich unseren Augen darbot. Im Zuge
befanden sich ungefähr 20 Fahnen, darunter einige, die wohl schon über 400 Jahre alt waren. In Marga wurden die Gilden
von der festgebenden Gilde in Empfang genommen und nach dem Marktplatz zum Abbringen der Fahnen geleitet. Unter den
Klängen des alten Präsentiermarsches wurden die Fahnen in ihren Stand gebracht. Jung und alt war auf den Beinen; alles
drängte sich in den Gasthausgarten, den man für diesen Tag "Schützengarten" benannte. Während der Paroleausgabe
konzertierte die Kapelle auf dem Marktplatz. Gegen 1 Uhr wurde zum Antreten geblasen und Aufstellung in der Viktoriastraße
genommen. Unter Vorantritt der Kapelle wurde die Fahne, die von den Ehrenjungfrauen getragen wurde, und die Ehrengäste
abgeholt. Nach Abholung der 29 Fahnen wurde Aufstellung auf dem Marktplatz genommen. Herr Bergwerksdirektor Fischer hielt
als Vertreter der Ilse die Begrüßungsansprache und hieß die Gilden in den Mauern der Grube Marga herzlich willkommen.
Herr Direktor Klitzing ergriff das Wort zu längerer Rede, in der er zum Schluß die Fahne weihte. Nach der Weiherede
übernahm der Kommandeur der Gilde die Fahne und übergab dieselbe mit kräftigen deutschen Begleitworten dem Fahnenträger.
Hierauf begann der Festzug durch den Ort, an dem sich 31 Gilden und Ortsvereine beteiligten; dieser imposante Anblick
wird vielen unvergessen bleiben. Am Sonntag vormittag fand auf dem Schießstand ein Preisschießen statt...
Wir rufen allen Kameraden, die uns mit ihrem Besuche beehrt haben, ein herzliches "Gut Schuß" zu.
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Ilse-Wohlfahrtsgesellschaft m.b.H., Grube Ilse, N.-L. Aufnahme <= 1920 Sammlung Detlef Krumm
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Zur Erinnerung an diesen denkwürdigen Tag wurde ein Ansichtskarte aufgelegt. Hierauf enthalten wohl ein Abbild der weiter
oben erwähnten "herrlichen Schützenfahne" (Vorder- und Rückseite). Dekoriert wurde das Ganze zusätzlich mit einer Ansicht
der "Kaiserkrone". Diese Aufnahme war zu diesem Zeitpunkt mindestens schon 2 Jahre älter (aktuell schlägt auf Basis überlieferter
Ansichtskarten ein <= 1920 zu Buche). Da besagte Schützenfahne erst kurz zuvor erworben worden war, können wir ohne Zweifel
davon ausgehen, daß die Produktion der Karte erst kurz vor dem Ereignis erfolgte. Möglicherweise wurde das Produkt an die beteiligten
Schützen aus nah und fern ausgegeben. Sehr viele davon können jedoch nicht überlebt haben denn ich habe erst zwei solcher Stücke gesehen.
Die darauf verwendete Kaiserkronen-Ansicht - bekannt von zweifarbigen und colorierten Ansichtskartenproduktionen sowie Bestandteil sämtlicher
Versionen des Albums "Grube Marga" - gelangte auf diese Karte nicht ohne Grund: Die damaligen Meldungen weisen allesamt explizit
darauf hin, daß die Festlichkeit zu großen Teilen auf dem Gelände bzw. im Inneren des Gasthauses stattfand.
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Grund genug für mich, sich wieder einmal um die Räumlichkeiten der "Kaiserkrone" allgemein und den Saal im besonderen zu kümmern...
Auch das Foto, das der rechts abgebildeten Ansichtskarte zugrunde lag, kennen Experten bereits. In der opulentesten Variante (und nur dort!)
des Albums "Grube Marga" ist ein Echtfoto-Abzug hiervon enthalten. Joswig benutzte in seinem Buch eine Alternativaufnahme, die er mit "ca. 1935"
datierte. Das halte ich im Kontext jener Marga-Alben für viel zu spät. Daß meine Ansichtskarte erst im Juni 1935 postalisch gelaufen ist,
bedeutet nicht, daß sie zwangsläufig erst in jenem Jahr produziert wurde - was aber sein kann - und schon gar nicht, daß die bildliche Grundlage
aus 1935 stammt. Wie geschrieben: das Auftauchen in einem der Marga-Alben, die ich generell in die 1920er Jahre datiere, spricht dagegen. Aus diesem
Grund datiere ich die Aufnahme mal einfach so auf <=1925.
Obwohl das Originalfoto in den Details natürlich sehr viel stärker ist, erkennt man selbst auf dieser Ansichtskarte wie schön und liebevoll
gestaltet der Saal dereinst war. Und man muß konstatieren, daß bei aller Mühe, die man sich mit der Rekonstruktion des Saales gegeben hat, das
heutige Aussehen leider nur teil- bzw. ansatzweise dem Urzustand entspricht.
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Verlag: Ilse-Wohlfahrtsgesellschaft m.b.H., Grube Ilse, N.-L. R41253 Aufnahme <= 1925 Sammlung Matthias Gleisner
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Aufnahme <= 1938 Sammlung Hans-Joachim Siepelt
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Um meine Einschätzung zu verdeutlichen stelle ich nachfolgend zwei historische
Innenaufnahmen zweien aus der Jetztzeit gegenüber.
Dazu muss man sagen, daß die beiden schwarz-weiß-Aufnahmen nicht wirklich
genau zu datieren sind. Zweifellos wurden beide Fotos bei ein und derselben
Gelegenheit geschossen. Möglicherweise bereitete man gerade eine Belegschafts-
Veranstaltung der Ilse-Bergbau AG vor denn auf den Tischen sind uniforme Präsente
erkennbar.
Sicher ist, daß die zwei Fotos nach der Ansichtskarte oben aufgenommen
wurden. Es fällt ins Auge, daß mittlerweile das Ilse-Symbol über der Bühne fehlt.
Auf dem Foto, das die Gegenrichtung darstellt, ist auffällig, daß (dafür taugt die Ansichtskarte
nicht als Vergleich) links oben bereits ein Vorführraum für Filmvorstellungen
installiert worden war.
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Aufnahme <= 1938 Sammlung Hans-Joachim Siepelt
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Und nun die versprochenen Aufnahmen aus der Jetztzeit, die ich mir von der offziellen Website der Kaiserkrone ausgeliehen habe:
Ich denke, das ist eigentlich selbsterklärend. Besonders das rechte Foto zeigt sehr deutlich, wie weit man sich von dem/einem ursprünglichen
Zustand entfernt hat. Manche Entscheidungen, z.B. die angedeuteten Notausgänge (diese waren schon zu DDR-Zeiten zugemauert worden), kann ich nicht so wirklich nachvollziehen.
Die Front ist vom Boden bis zur halben Höhe eigentlich nur noch ein Schatten früherer Pracht.
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Ganz besonders schade finde ich, daß die Schnitzereien (siehe links) im wahrsten Sinne des Wortes "platt gemacht" wurden.
Die figürlichen Darstellungen auf den schrägen Streben waren wirklich etwas ganz Besonderes! Dem Anschein nach waren sämtliche Figuren unterschiedlich und
nahmen zumindest teilweise die Symbolik der Ilse Bergbau AG, nämlich Zwerge, die unter Tage nach der wertvollen Kohle schürfen, auf.
Ich habe keine Ahnung, wann die Teile verschwanden. Schon zu DDR-Zeiten (da hatte man kurzerhand eine Zwischendecke eingezogen) oder erst im Zuge der ABM-Maßnahme
um das Jahr 2000 als irgendwelche Halbgewalkten den Saal entkernten und der Erzählung nach mehr Schaden als Nutzen anrichteten?
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