03.12.2023

Man muß nehmen, was man kriegen kann...

Es ist ja so: In Zeiten, in denen der Markt für historische Ansichtskarten aus Senftenberg ausgetrocknet erscheint, der Nachschub an neuem Material so gut wie abgeschnitten ist, über Wochen und Monate nichts bei eBay & Co. "zu schießen" ist - da nimmt man als Sammler auch mal Sachen mit, die höchstens auf den dritten Blick etwas mit dem eigenen Gebiet zu tun haben.
Dinge wie das rechts abgebildete Stück, das umseitig unter anderem die Beschriftung "Senftenberger" trägt. Hmmmm... "Senftenberger"... ich behaupte mal, die beiden darauf abgebildeten Personen waren keine echten Senftenberger. Und auch keine Einwohner des österreichischen oder tschechischen Senftenbergs. (Bevor ich anfange, Ansichtskarten aus den Partnerstädten Senftenbergs zu sammeln, suche ich mir lieber ein anderes Hobby!)
Und doch hat das Ganze entfernt etwas mit "unserem" Senftenberg zu tun. Was genau, das erschließt sich aus einer verwandten Publikation, die ich mir zur Feier des Tages und vor allem zur visuellen Untermalung der heutigen Neues-Seite ebenfalls zugelegt habe. Darin: dieselbe Abbildung plus eine weitere (gut möglich, daß diese ebenfalls als Ansichtskarte verlegt wurde), sowie ein Notensatz zu einem "Senftenberger" genannten Volkstanz. Der Titel des Heftchens aus der Mitte der 1920er Jahre lautet Neue Märkische Tänze und das "märkische" darin - in Kombination mit "Senftenberger" - beweist eindeutig, daß es sich bei besagtem Tanz um etwas handelt, das mit unserem Senftenberg zu tun hat. Oder zu tun haben soll.

Senftenberg

"Senftenberger"

Aufn. von Jul. Groß
Kupfertiefdruckkarte Nr. ?????
erschienen b. Wandervogel-Lichtbildamt
Jul. Groß, Berlin, Friedenstraße 63
Aufnahme <= 1922
Sammlung Matthias Gleisner
Das Heft enthält insgesamt 4 Seiten, die sich mit diesem "Senftenberger" beschäftigen. Enthalten ist der Notensatz sowie die Anleitung wie dieser Paar-Tanz auszuführen ist.

Letzteres klingt in meinen Ohren ziemlich kompliziert...

Da das Pärchen, das auf den beiden Fotos den "Senftenberger" aufführt, auch auf anderen Aufnahmen innerhalb des Heftchens enthalten ist, die allesamt nichts mit Senftenberg zu tun haben, schlussfolgere ich, daß bei beiden kein Senftenberg-Bezug vorhanden war.

Wie das Ganze klang, davon können wir uns anhand einer Einspielung durch das US-amerikanische "Michael Herman's Folk Orchestra" einen guten Eindruck verschaffen. Veröffentlicht (angeblich) 1950... auf 78RPM-Schellack, falls das noch jemandem etwas sagt. Und so - mit Knistern und Knacksen - klingt die Aufnahme auch.

Persönlich finde ich die Melodie (Komponist: Dolf Giebel) jetzt nicht so eingängig und wahrscheinlich war das zur damaligen Zeit auch kein großer Hit. Weder in Senftenberg, noch anderswo. Wobei ich keine Ahnung davon habe, ob das Publikum in oder um Senftenberg herum, überhaupt Kenntnis von der Existenz dieses Tanzes hatte, der den Namen "ihrer" Stadt trägt. Oder ob sich der Bekanntheitsgrad nur auf die damalige "Wandervogel"-Bewegung beschränkte. In deren Dunstkreis wurden nämlich sowohl die Ansichtskarte ganz oben, als auch das Heftchen "Neue Märkische Tänze", verlegt.
Aus heutiger Sicht in jedem Fall ein ziemlich obskures Musikstück mit zugehörigem Tanz...

Ganz anders übrigens, als der Tanz der Niederlausitz - die sogenannte "Annemarie-Polka", die auf keiner privaten oder öffentlichen Tanzveranstaltung in unserer Gegend fehlen darf. Und auch zukünftig nicht fehlen wird. Ganz egal was ein paar sorbisch/wendische Hinterbänkler seit neuestem medienwirksam zum Besten geben...

Alles in allem war das Thema heute "ziemlich weit hergeholt". Aber wer sagt denn, daß ich mich immer streng auf echte Senftenberg-Themen reduzieren muß? Was die "Kippensand"-Herausgeber können, kann ich schon lange.
Zuweilen können auch derartige Randthemen ganz interessant sein. Doch ich verspreche, daß ich in der nächsten Woche wieder zu meinen "Wurzeln" zurückfinde.